„Wir müssen einen anderen Umgang finden“: DFB-Boss Rettig will Frieden mit den Bayern

„Wir müssen einen anderen Umgang finden“: DFB-Boss Rettig will Frieden mit den Bayern

Am Samstag wird Bundesliga-Prominenz gemeinsam auf der Tribüne mitfiebern und dem DFB-Team die Daumen drücken. Bayern und Dortmunder, Leverkusener, Leipziger oder Mainzer, Seite an Seite mit der Verbands-Spitze. Eine Einigkeit, die beflügeln und die Nationalmannschaft dem großen Ziel EM-Finale ein weiteres Stück näher bringen soll. Mittendrin sitzt dann auch wieder Andreas Rettig. Der Geschäftsführer Sport, der vor neuneinhalb Monaten seinen Job beim DFB antrat, freut sich über den großen Rückhalt der Vereine – und hat mittlerweile sogar sein lange Zeit problematisches Verhältnis zum FC Bayern aufpoliert.

Beste Freunde waren sie nie, entsprechend verhalten fiel der Beifall aus München aus, als Rettig im September vergangenen Jahres beim DFB begann. Zu oft hatte sich der 61-Jährige in den Jahren zuvor mit den Entscheidungsträgern des Branchenprimus angelegt. Das lag in der Natur der Sache. Als Funktionär in Freiburg, Köln, Augsburg oder auch beim FC St. Pauli vertrat Rettig die Interessen der im Vergleich kleineren Vereine und machte sich unter anderem für eine gerechtere Verteilung der Fernsehgelder stark. Die Bayern sahen in Rettig einen Gegner, keinen Mitstreiter.

Andreas Rettig und der FC Bayern waren nie beste Freunde

„Ich wusste ja, dass ich nicht unbedingt der Wunschkandidat der Bayern war“, sagt Rettig rückblickend. „Auch nicht von Leipzig, weil ich sehr unterschiedliche Interessen vertreten habe.“ Stichwort: 50+1. Seinen Segen aber holte er sich von Hans-Joachim Watzke, dem Mann, der die Geschicke des deutschen Fußballs als Dortmunds Vorstands-Boss, DFL-Aufsichtsratsvorsitzender und DFB-Vizepräsident wie kein Zweiter leiten kann. Zu DFB-Präsident Bernd Neuendorf sagte Rettig: „Wenn Aki (Watzkes Spitzname, Anm. d. Red.) mich als entscheidender Mann der Liga nicht unterstützt, dann kann ich nicht an Bord kommen. Weil ich diese Kraft und Energie dann nicht aufbringen könnte. Du kannst so eine Position nicht gegen den Liga-Willen ausüben.“


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Das Ende des Liedes ist bekannt. Watzke hob den Daumen, Rettig – zuvor Vorsitzender der Geschäftsführung beim Drittligisten Viktoria Köln – wechselte in die Verbandszentrale nach Frankfurt. Ein intaktes Verhältnis zu den Bayern wurde für ihn damit allerdings umso wichtiger. Daran arbeiteten sowohl Rettig als auch die Münchner in den vergangenen Monaten mit Erfolg.

Was dem DFB-Boss zugutekommt: Zoff hatte er in München zumeist mit den Bayern-Legenden Uli Hoeneß (72) und Karl-Heinz Rummenigge (68), die über Jahrzehnte hinweg die Geschicke des Vereins leiteten. Zuletzt betitelte Hoeneß Rettig Ende 2022 als „König der Scheinheiligen“. Rummenigge bezeichnete die Installation Rettigs beim DFB als „durchaus sensible Personalie und diskussionswürdige Entscheidung“. Aber: Beide mischen bei den Münchnern nur noch im Hintergrund mit. Mit dem operativen Geschäft haben sie nichts mehr zu tun.

Zu Bayern-Boss Eberl hat Rettig nun einen guten Draht

Insbesondere zu Max Eberl, seit März Sportvorstand der Bayern, hat Rettig einen guten Draht. Auch zu den Fußball-Frauen des Vereins und den Jugendabteilungen. Um die Situation zusätzlich zu entschärfen, stattete Rettig den Bayern vor wenigen Wochen einen Besuch ab, ließ sich dabei unter anderem von Campus-Leiter Jochen Sauer das Nachwuchsleistungszentrum des Vereins zeigen. Eine Geste, die auch bei den Bayern gut ankam. „Ich hatte nicht den Eindruck, dass mich dort irgendjemand als Persona non grata sieht“, sagt der DFB-Geschäftsführer der MOPO.

So soll es bleiben, im Sinne des deutschen Fußballs. „Natürlich bin ich bemüht, auch mit dem FC Bayern ein gutes Verhältnis zu haben“, stellt Rettig fest. „Es wird sicher auch mal unterschiedliche Sichtweisen geben. Aber meine Rolle ist jetzt eine andere.“ Das mache es etwas einfacher.

Was ihm wichtig ist: „Wir sollten ein anderes Selbstverständnis von Streitkultur haben. Ich teile aus, aber ich stecke auch ein. Wie eine beleidigte Leberwurst zu denken, das hat mir noch nie gefallen. Da müssen wir einen anderen Umgang finden. Deshalb müssen wir es auch mal aushalten, wenn der FC Bayern Andreas Rettig kritisiert – und umgekehrt genauso.“

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Rettigs Frieden mit den Bayern soll einer von Dauer sein. Derzeit rudern ohnehin alle in eine Richtung. „Uns eint das beidseitige Bestreben nach sportlichem Erfolg der Nationalmannschaft“, weiß der gebürtige Leverkusener. Ganz besonders in diesen Wochen und speziell am Samstag in Dortmund, beim nächsten Klassentreffen der Bosse.

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