Er lebte unerkannt in Deutschland: Assads Folterknecht in Hamburg vor Gericht

Er lebte unerkannt in Deutschland: Assads Folterknecht in Hamburg vor Gericht

Sieben Jahre lebte er heimlich und unbehelligt in Deutschland: der mutmaßliche syrische Kriegsverbrecher Ahmad H. Jetzt wird dem 47-Jährigen in Hamburg der Prozess gemacht. Am Freitag beginnt das Verfahren vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht.

Ahmad H. war im August vergangenen Jahres in Bremen festgenommen worden. Dort lebte er offenbar seit 2016 ein unauffälliges Leben. Bis Landsleute ihn in einer Beratungsstelle der Caritas erkannten.

Syrischer Menschenrechtsaktivist erkannte den Kriegsverbrecher in Bremen

„Ich habe Ahmad H. 2016 in Bremen bei der Caritas kennengelernt“, berichtet der syrische Menschenrechtsaktivist Marwan Al Esh der MOPO. Der 68-Jährige hat jahrelang in den Gefängnissen von Diktator Assad gesessen. Er wurde gefoltert, ihm wurden die Zähne ausgeschlagen. Die deutsche Regierung setzte sich für seine Freilassung ein. 2016 kam er nach Deutschland.

Er floh vor den Schergen: Der syrische Menschenrechtsaktivist Marwan Al Esh (68)
privat/hfr

Er floh vor den Schergen: Der syrische Menschenrechtsaktivist Marwan Al Esh (68)

Marwan Al Esh weiß, wie die Milizen in Syrien funktionieren. Bei Ahmad H. kam ihm bald eine Ahnung. Er kannte Bilder des Schergen und meldete seinen Verdacht der Polizei in Bremen. Bald darauf klickten die Handschellen.

Nun beginnt der Prozess vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht (OLG). Die Staatsanwaltschaft wirft Ahmad H. vor, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen begangen zu haben. Er soll zwischen 2012 und 2015 lokaler Anführer einer regimetreuen Miliz in Syrien gewesen, die im Auftrag der Regierung gezielt die Bevölkerung einschüchtern sollte, um die damalige Protestbewegung zu unterdrücken.

Schläge mit Plastikrohren: Die Staatsanwaltschaft wirft Ahmad H. Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor

Dazu gehörte unter anderem die Kontrolle von Checkpoints im Stadtteil At-Tadamon von Damaskus. Laut Anklage des Generalbundesanwalts hat die „Shabiha-Miliz“ unter Führung von Ahmad H. zahlreiche Menschen willkürlich festgenommen, um diese zu versklaven oder zu foltern. Dabei soll der heute 47-Jährige auch selbst Gewalt angewandt haben.

Syriens Diktator Baschar al-Assad führte das Land in einen Bürgerkrieg. Tausende Menschen wurden grausam gefoltert und getötet. Viele Menschen flohen – auch nach Deutschland.
Imago

Syriens Diktator Baschar al-Assad führte das Land in einen Bürgerkrieg. Tausende Menschen wurden grausam gefoltert und getötet. Viele Menschen flohen – auch nach Deutschland.

Beweismittel legen nahe, dass Ahmad H. bei einem Vorfall 2013 einem von der Miliz festgenommenen Mann ins Gesicht schlug und seine Milizionäre anwies, den Gefangenen brutal mit Plastikrohren zu traktieren. Im Herbst 2014 soll er einen weiteren Zivilisten schwer misshandelt haben, indem er ihn gemeinsam mit anderen Milizionären sowie mit Mitarbeitern des syrischen Militärischen Geheimdienstes zusammenschlug, ihn an den Haaren packte und den Kopf auf den Bürgersteig stieß. Anschließend soll er das Opfer gefesselt haben, bevor die Miliz ihn abtransportierte. Wohin ist unklar.

Half der Angeklagte dem syrischen Geheimdienst bei Massenexekutionen?

Sicher ist jedoch, dass die Abteilung des syrischen Geheimdienstes, mit der Ahmad H. in Verbindung stand, Massenexekutionen durchführte, bei der beispielsweise am 16. April und 16. Oktober 2013 mindestens 47 Zivilisten getötet wurden. Wusste Ahmad H. davon? Das soll in dem Verfahren unter anderem geklärt werden.

Laut einem Gerichtssprecher soll der Angeklagte im Dezember 2012 und Sommer 2014 darüber hinaus bei insgesamt neun Gelegenheiten an verschiedenen Checkpoints Zivilisten verhaftet und diese gezwungen haben, Sandsäcke an die Front zu transportieren. Dort seien die Gefangenen, die ohne Versorgung mit Nahrung und Wasser arbeiten mussten, wiederholt unter Beschuss geraten und zum Teil misshandelt worden.

Bremen hat keinen Staatsschutzsenat. Deshalb findet das Verfahren vor dem OLG in Hamburg statt

Zeugenaussagen zufolge soll der Angeklagte den Opfern Bargeld und Mobiltelefone abgenommen haben, um die Beute für sich zu behalten. Außerdem soll Ahmad H. sich an Plünderungen beteiligt haben und sie in Einzelfällen auch veranlasst haben. 

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Das Verfahren findet in Hamburg statt, weil das Bundesland Bremen keinen eigenen Staatsschutzsenat eingerichtet hat. Wie ein Gerichtssprecher mitteilte, gibt es mit Bremen einen Staatsvertrag, wonach das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg für Staatschutzverfahren aus der Weser-Metropole zuständig ist. Ähnliche Regelungen gibt es auch mit Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.

Marwan Al Esh hofft, dass Ahmad H. seine gerechte Strafe bekommt. Er würde auch als Zeuge vor Gericht über die Gräueltaten aussagen.  

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