Fortuna-Boss Allofs sagt trotz Tabellenführung: „Der HSV ist der Riese der Liga“

Fortuna-Boss Allofs sagt trotz Tabellenführung: „Der HSV ist der Riese der Liga“

Der HSV ist sein ständiger Wegbegleiter. Fast 49 Jahre sind vergangen, seit Klaus Allofs die Rothosen erstmals traf, im Dezember 1975 feierte Düsseldorfs damaliger Stürmer einen 1:0-Sieg. Am Sonntag steigt das nächste Duell, bereits zum 73. Mal bekommt es der HSV dann mit Allofs zu tun. Der ist zwar längst nur noch Tribünengast, lässt im MOPO-Interview vor dem Topspiel allerdings durchblicken, dass sein Hunger auf Erfolge noch lange nicht gestillt ist. Der Fortuna-Boss spricht über das Highlight-Spiel, Trainer Daniel Thioune und seine persönliche Werder-Vergangenheit.

MOPO: Herr Allofs, mehr als 135.000 Zuschauer wollten am Sonntag im Stadion dabei sein und fragten nach Karten. Die Partie ist für die Fans kostenlos, es stehen aber nur knapp 55.000 Plätze zur Verfügung. Erstaunt Sie das enorme Interesse?

Klaus Allofs (67): Ehrlich gesagt: nein! Wir hatten ja schon im Vorjahr drei Freispiele, da lagen die Anfragen auch jeweils bei circa 100.000. Von daher war zu erwarten, dass das Topspiel gegen den HSV sogar noch mehr ziehen würde.

Düsseldorf verspielte den Bundesliga-Aufstieg nur knapp

Dass der HSV zu diesem Zeitpunkt der Saison oben dabei sein würde, wurde erwartet. Mit der Fortuna aber rechneten nicht alle Experten. Wie haben Sie den auf hochdramatische Weise verspielten Aufstieg in die Bundesliga so schnell verdauen können?

Auch wenn die Umstände damals unglaublich schmerzhaft waren, habe ich nicht gedacht, dass wir zwingend darunter leiden müssen. Es ist ja durchaus so, dass man in zwei Spielen gegen Bochum den Kürzeren ziehen kann. Bei uns kam natürlich die Fallhöhe dazu (Düsseldorf gewann zunächst 3:0 beim VfL und verlor das Rückspiel nach einem 0:3 schließlich im Elfmeterschießen; d. Red.). Nüchtern betrachtet waren wir einfach noch nicht so weit, den Weg in Richtung Bundesliga zu Ende zu gehen.

Waren Sie als Psychologe gefragt?

Ich denke, man muss sich nicht Probleme einreden, die nicht da sind. Wir haben am entscheidenden Tag nicht gut Fußball gespielt, fertig. Wir sind in einer Entwicklung, die noch nicht abgeschlossen ist. Das haben wir schnell in kleineren Gruppen und im großen Kreis besprochen. Damit konnte man da zügig einen Haken dranmachen.

Allerdings verloren Sie im Sommer mit Christos Tzolis, Yannik Engelhardt und Ao Tanaka drei Ihrer wichtigsten Spieler. Im Rheinland gab es Schlagzeilen, Sie als Sportvorstand stünden nach den Verkäufen in der Pflicht, liefern zu müssen.

Wir haben in den vergangenen Jahren sicherlich gelernt, ein wenig mehr Ruhe auszustrahlen und uns nicht treiben zu lassen. Das verbindet uns vielleicht sogar etwas mit Hamburg (schmunzelt). Und ich sehe es schon als meinen Vorteil an, dass ich im fortgeschrittenen Arbeitsalter etwas anders reagieren kann, als man es vielleicht in jungen Jahren macht.

Resultat der Düsseldorfer Ruhe ist nun die Tabellenführung. Wie sehen Sie die Vorzeichen vor dem Spitzenspiel?

Nach dem guten Start und wenn man die Entwicklung unseres Kaders sieht, ist es berechtigt, dass wir sagen, wir gehören da oben mit rein. Das nehme ich für den HSV genauso an.

Klaus Allofs war mit Werder der Dauerrivale des HSV

Mit den Hamburgern verbindet Sie eine lange, sehr intensiv gelebte Rivalität. Dreizehn Jahre lang (Ende 1999 bis Ende 2012) waren Sie Manager von Werder Bremen – und Dauerrivale des HSV. Was ist aus der Zeit noch hängen geblieben?

Viele Erinnerungen. Die Rivalität war groß, aber es gab auch enge persönliche Verbindungen, etwa zu Dietmar Beiersdorfer, mit dem ich selbst zusammenspielte und der dann HSV-Vorstand war. Aber man wusste jederzeit um die Rivalität, sie war immer präsent.

Krönung waren die in Hamburg so genannten „Werder-Wochen“ im April 2009. Beide Klubs trafen binnen 19 Tagen viermal aufeinander, im UEFA-Cup- und DFB-Pokal-Halbfinale sowie in der Meisterschaft.

Das waren verrückte Tage. So was habe ich davor und danach nie wieder erlebt. Als sich ankündigte, dass wir im Europacup und DFB-Pokal aufeinandertreffen würden, ging es dem HSV wohl wie uns in Bremen. Wir dachten: Oh je, das kann ja was werden. Es wurde gerechnet und überlegt. Unser Ziel war es, zumindest ein Finale zu erreichen. Damit hätten wir gut leben können.

Treue Begleiter: Die HSV-Fans reisen am Sonntag abermals in Massen nach Düsseldorf.
WITTERS

Treue Begleiter: Die HSV-Fans reisen am Sonntag abermals in Massen nach Düsseldorf.

Dann raubte Werder dem HSV alles …

Für uns war das damals natürlich wunderbar, für den HSV extrem bitter. Ins Europacup-Finale einzuziehen, den Pokal zu gewinnen und dann auch noch durch Halbfinalsiege gegen den HSV – das war schon etwas Großartiges und ist zu Recht in die Geschichte eingegangen. Unterm Strich würde ich sagen: Sowohl Werder als auch der HSV haben eine Menge für den deutschen Fußball geleistet.

Spüren Sie noch eine Rivalität zum HSV?

Eigentlich nicht. Wir haben die Erfolge mit Werder damals natürlich ausgekostet. Aber diese Berührungspunkte gibt es mit der Fortuna jetzt nicht. Man kann ja schwer vergleichen, wer den besseren Karneval oder das bessere Altbier hat (schmunzelt).

Klaus Allofs: HSV ist „der Riese der 2. Bundesliga“

Mittlerweile spielt der HSV sein siebtes Jahr in der Zweiten Liga. Wie nehmen Sie den Verein heute wahr?

Für mich ist der HSV der Riese der Liga. So nehme ich ihn wahr. Das hängt auf der einen Seite natürlich an den wirtschaftlichen Voraussetzungen, das Stadion ist eigentlich immer ausverkauft. Die Einnahmesituation, die sich daraus ergibt, ist für die Zweite Liga außergewöhnlich. Und der Zusammenhalt beim HSV scheint groß zu sein. Wenn man dort im Stadion erlebt, wie sehr die Mannschaft unterstützt wird, auch wenn es nicht immer glatt läuft, finde ich das außergewöhnlich.

Bewegt sich die Fortuna auf einem ähnlichen Level?

Der Zusammenhalt ist auch hier riesig. Dadurch, dass wir im Vorjahr Dritter waren und jetzt Spitzenreiter sind, gehören wir mit zum Favoritenkreis. Aber wir sind aufgrund der Rahmenbedingungen kein logischer Favorit auf den Aufstieg.

Der HSV setzt in dieser Saison auf einen sehr breiten und ausgewogenen Kader. Spielen wir mal „Wünsch dir was“: Hätten Sie gern einen HSV-Profi bei sich im Kader?

Würde ich meinen Trainer fragen, kann ich mir gut vorstellen, dass er da den einen oder anderen auf seiner Wunschliste hätte (lacht). Der HSV hat ja fraglos Qualität im Kader. Aber Sie werden verstehen, dass ich keine Namen nenne.

Daniel Thioune kehrt zu seinem Ex-Klub HSV zurück

Daniel Thioune musste den HSV in der Endphase der Saison 2020/21 verlassen und war darüber maßlos enttäuscht. Denken Sie, dass die Partie gegen den HSV für ihn weiterhin etwas Besonderes ist?

Er ist ja mittlerweile dreimal länger in Düsseldorf als in Hamburg. Aber natürlich wird es ihm nicht völlig egal sein. Für mich wäre es an seiner Stelle auch etwas Besonderes und dennoch muss man die nötige Nüchternheit und Klarheit bewahren und vermitteln können. Das schafft Daniel sehr gut.

Daniel Thioune ist mittlerweile seit zweieinhalb Jahren bei der Fortuna. Wie beurteilen Sie seine Entwicklung?

Wir sind sehr froh, ihn damals geholt zu haben. Trainer sollen Spieler verbessern, das macht Daniel auf eine exzellente Art und Weise. Er kreiert ein Klima in der Gruppe, das total leistungsfördernd ist. Ich denke, dass er aus seiner Zeit beim HSV, auch wenn sie vorzeitig beendet wurde, Rückschlüsse gezogen und daraus gelernt hat. Wir sind wirklich ohne jede Einschränkung sehr zufrieden mit seiner Arbeit.

Fortuna Düsseldorfs Sportvorstand Klaus Allofs ist sehr zufrieden mit der Arbeit von Trainer Daniel Thioune.
imago/Kirchner-Media

Fortuna Düsseldorfs Sportvorstand Klaus Allofs ist sehr zufrieden mit der Arbeit von Trainer Daniel Thioune.

Sie selbst sind mittlerweile seit fast 50 Jahren im Fußball-Geschäft und werden im Dezember 68 Jahre alt. Hand aufs Herz: Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, wann Schluss sein soll?

Ich will ich jetzt keine Drohungen aussprechen – aber ich habe noch Lust (schmunzelt). Das mit der Fortuna war ja 2020 gar nicht geplant. Dennoch war es dann ein logischer Schritt: Es ist meine Stadt, hier bin ich geboren und hier begann alles. Die Aufgabe hat mich gereizt und das tut sie weiterhin. Es gibt noch jede Menge Themen.

Klaus Allofs, verraten Sie uns mit all Ihrer Erfahrung eines: Was braucht man, um am Ende aufzusteigen?

Einen langen Atem. Gerade für die, die oben dabei sind, ist die Saison sehr lang. Gegen den HSV, die Fortuna oder den 1. FC Köln sind alle Mannschaften motiviert und machen häufig die besten Spiele ihrer Saison. Damit umzugehen, das ist die ganz große Herausforderung. Damit muss man klarkommen.

Fortuna-Boss Allofs sagt trotz Tabellenführung: „Der HSV ist der Riese der Liga“ wurde gefunden bei mopo.de

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