In Deutschland wird nicht nur Deutsch gesprochen

In Deutschland wird nicht nur Deutsch gesprochen

In der Bundesrepublik Deutschland wird nicht nur Hochdeutsch gesprochen. Es gibt landesweit zahlreiche und vielfältige Dialekte und Regionalsprachen. Insgesamt sieben dieser Regional- und Minderheitensprachen stehen in Deutschland unter besonderem Schutz. Hierzu gehören Dänisch, Nordfriesisch, Saterfriesisch, Niederdeutsch, Obersorbisch, Niedersorbisch sowie Romanes, das von den deutschen Sinti und Roma in ganz Deutschland gesprochen wird. Die deutschen Sinti und Roma, die dänische Minderheit, die friesische Volksgruppe und das sorbische Volk gehören zu den vier anerkannten Minderheiten in der Bundesrepublik.

Durch Printmedien, Radio, eigene Fernsehsendungen sowie im Rahmen eines eigenen Schul- und Bildungswesens bemühen sich die anerkannten Minderheiten in Deutschland, ihre Sprachen und Kultur zu bewahren. Sie sprechen insgesamt sechs Minderheitensprachen. Darüber hinaus schützt die Bundesrepublik Deutschland auch die Regionalsprache Niederdeutsch, die umgangssprachlich auch als „Plattdeutsch“ bezeichnet wird.

Sprachencharta als gesetzliche Grundlage

Der Schutz und die Förderung von Regional- und Minderheitensprachen gründet auf der sogenannten „Sprachencharta“. Sie ist ein multilaterales Abkommen, welches am 24. Juni 1992 beschlossen wurde und am 1. März 1998 letztlich in Kraft trat. Das Abkommen gilt in insgesamt 25 Ländern. In Deutschland stehen auf Grundlage der Konvention seit Anfang 1999 die Sprachen der anerkannten Minderheiten unter besonderem Schutz. Grundgedanke der Charta war die Überlegung, wie man das Überleben von Minderheitensprachen am besten gewährleisten kann. Sie haben dann eine Überlebenschance, wenn sie nicht nur zuhause in der Familie, sondern vor allem auch im öffentlichen Leben gesprochen und gefördert werden. Hierzu gehört auch der Unterricht der Sprachen in Schulen sowie spezielle Medienangebote. Ob und inwieweit die Vorgabe eingehalten wird, überprüft regelmäßig ein Gremium des Europarats.

Dänisch – Auf den Spuren der Wikinger

Um die 50.000 Angehörige der dänischen Minderheit leben heute hauptsächlich im nördlichen Teil des Bundeslandes Schleswig-Holstein entlang der Grenze zu Dänemark. Sie sprechen neben Deutsch als Muttersprache auch Dänisch. Im Rahmen eines eigenen Bildungssystems, eigener Kirchengemeinschaften sowie sozialer Einrichtungen versucht die dänische Minderheit, ihre Sprache zu bewahren. Die Sprache und Traditionen gehören zu den Haupt-Identifikationsfaktoren der dänisch sprechenden Minderheit. Die Minderheit entstand 1864, als das damalige unabhängige Herzogtum Schleswig im Dänisch-Preußischen Krieg an das Königreich Preußen fiel. Dadurch wurde die dänische Bevölkerungsgruppe zur Minderheit in der Region. Preußen wurde letztlich später auch Teil des neugegründeten deutschen Reiches. Die dänische Sprache entstand etwa vor 1000 Jahren und geht auf die Wikingerzeit zurück.

Friesisch – Dänische und englische Wurzeln

Schätzungsweise 60.000 Menschen deklarieren sich selbst als Friesen. In Deutschland leben sie an der schleswig-holsteinischen Westküste und im Nordwesten des Bundeslandes Niedersachsen sowie auch im Kreis Cloppenburg. Sie unterteilen sich in die drei friesischen Gruppen Nordfriesen, Ostfriesen und Saterfriesen.

Für die Friesen ist neben ihrer gemeinsamen Kultur und Geschichte in erster Linie auch die Sprache ein essenzieller Bestandteil ihrer Identität. Friesisch wird über Radiosender, Lokalzeitungen sowie eine Wörterbuch-App gepflegt und bewahrt. Es gibt somit die Möglichkeit, die Sprache von der Schule bis zur Universität zu lernen. Die Nordfriesen sprechen noch Nordfriesisch und die Saterfriesen eben Saterfriesisch. Die Ostfriesen sprechen heute kein Friesisch mehr, sondern Niederdeutsch (Plattdeutsch). Friesisch gehört wie Englisch, Niederländisch und Deutsch zur westgermanischen Sprachgruppe. Englische und dänische Einflüsse sind noch heute im Friesischen verankert.

Niederdeutsch – einst Verhandlungssprache der Hansekaufleute

Niederdeutsch etablierte sich einst als Sprache der Seeleute. Sie wurde sogar zur Verhandlungssprache der Hanse. Vom 13. bis zum Ende des 15. Jahrhunderts sprachen Kaufleute in Norddeutschland, an den Küsten der Ost- und Nordsee, zwischen London, Bergen und Nowgorod mit ihren Handelspartnern Niederdeutsch. Heute wird die Sprache hauptsächlich in der Familie oder im sozialen Umfeld gesprochen. Etwa 16 Prozent der Menschen, die im niederdeutschen Sprachgebiet leben, nutzen die Sprache noch aktiv. Niederdeutsch wird teils auch an Schulen und in Kindergärten vermittelt.

Romanes – Die 2000 Jahre alte Sprache

Die Sinti und Roma sind zahlenmäßig die größte anerkannte Minderheit in Deutschland. Schät-zungsweise 70.000 bis 180.000 deutsche Sinti und Roma leben in der Bundesrepublik. Sie sprechen neben Deutsch auch Romanes (umgangssprachlich auch Romani genannt). Die Sprache ist etwa 2000 Jahre alt. Ihr Ursprung lässt sich auf das indische Sanskrit zurückführen. Sinti und Roma haben ihre Sprache vorwiegend mündlich über Generationen hinweg tradiert. Es gibt zahlreiche Dialekte, die regional geprägt sind. Organisationen der Sinti und Roma kämpfen heute mit romanessprachiger Literatur, Musik, Lyrik und Unterricht, um ihre Sprache aufrechtzuerhalten.

Sorbisch – Westslawischer Ursprung

Die Sorben können ihre Abstammung auf die slawischen Stämme aus dem Gebiet nordöstlich der Karpaten zurückverfolgen. Vor rund 1500 Jahren kamen sie in das Gebiet zwischen Ostsee und Erzgebirge. Heute leben sie als Obersorben in der Oberlausitz im Freistaat Sachsen sowie als Niedersorben/Wenden in der Niederlausitz im Bundesland Brandenburg. Insgesamt gehören heute noch ungefähr 60.000 Menschen zur Minderheit der Sorben/Wenden.

Durch ihren westslawischen Charakter ist Sorbisch mit Polnisch, Tschechisch und Slowakisch verwandt. Sorbisch unterteilt sich in Obersorbisch und Niedersorbisch. Die Sprache wird heute immer mehr durch Deutsch verdrängt. Durch zweisprachige Kindergärten und Schulen, sorbischsprachige Gottesdienste, Bibeln, Fernseh- und Radiosendungen, Sorbischunterricht und zweisprachige Beschilderungen versucht die Minderheit, die Sprache und ihren Gebrauch zu bewahren.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *