Abendland und Orient im Kreuz vereint

Abendland und Orient im Kreuz vereint

Hermannstadt – Seine ausführliche Ansprache im ziegelroten Kellergeschoss des Pilgerfahrten-Reisebüros, das den Orthodoxen Kirchenbezirk Hermannstadt/Sibiu bedient, eröffnete Erzbischof Laurențiu Streza als Metropolit Siebenbürgens mit der väterlichen Zusage, „keine Rede“ halten zu wollen. Ein Auftreten des regional ranghöchsten Klerikers der mit Abstand größten Kirche Rumäniens jedoch ist bekanntlich die Mutter aller Not zu geduldigem Zuhören, und Mittwochvormittag, am 10. April, war natürlich nicht mit einer Ausnahme hiervon zu rechnen. Priester Vasile Davidoiu jedenfalls dürfte genau gewusst haben, dass sein kanonisch Vorgesetzter den diskursiven Löwenanteil der Vernissage beanspruchen würde, und ließ ihn anstandslos gewähren. Nach der Eröffnungs-Erklärung der Ausstellung zig kleiner Stehkreuze aber entschied Vasile Davidoiu als exponierender Holzschnitzer das Beliebtheits-Rennen sofort für sich: der Priester der kleinen orthodoxen Gemeinde im weniger als 20 Einwohner zählenden Dorf Poienița nahe Kerz/Cârța wurde von etlichen Damen und Herren mit Aufforderungen zur Gruppenfoto-Aufstellung schier überrannt und blickte jedes neue Mal freundlicherweise in die auf ihn gerichtete Kamera. Es waren genau dreieinhalb von sieben Wochen der Fastenzeit vor dem orthodoxen Termin des Osterfests vergangen.
„Crux Christiana“ heißt die Ausstellung von Vasile Davidoiu, und sie zeigt auf wenigen Quadratmetern Boden- und Wandfläche das Kreuz in all seinen erdenklichen Ausgestaltungen von Ägypten bis nach Skandinavien und vom Byzantinischen Reich bis zum Abend Europas. Für Hermannstadt und nicht nur bedeutet es vermutlich das erste künstlerische Besuchsangebot, bei dem das Malteser, das Päpstliche, das slawische, das deutsche, das Anker- und noch viele andere Kreuze eng zusammenrücken. Metropolit Laurențiu Streza, der betont hatte, das Kreuz sei bereits zu vorchristlichen Zeiten als eine besonders demütigende Hinrichtungs-Vorrichtung gebraucht worden, beschloss seine erfreulich ökumenischen Auslegungen mit der kritischen Bemerkung, dass ihm die westeuropäisch Fahrtwind gewinnende Art und Weise, einschließlich aus schief gewachsenen Hölzern ohne jegliche Begradigung Kreuze zu bauen, widerstrebe. „Uns gefallen das Harmonische, die Ordnung.“ Dem schnitzenden Priester Vasile Davidoiu, in dessen Holz-Werkstatt abendländische und Rumänien fremde Traditionen nicht außen vor bleiben, glaubte er öffentlich nahelegen zu können, vor der Planung und dem Druck eines Katalogs „zu urteilen, welche Kreuze darin abgebildet werden sollen.“ Was der Ausstellende kulturbeflissen von Hand gearbeitet und auf befristete Zeit nach Hermannstadt gebracht hat, steht dort mindestens noch bis Ende der ersten Woche nach dem orthodoxen Osterfest zu unbegrenzter Besichtigung bereit: Montag bis Freitag von 10 bis 15 Uhr. Orthodox Künstler und Ort, christlich der Inhalt.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *