Ausbau des Regionalbüros durch interkulturelle Kooperationen in Sicht

Ausbau des Regionalbüros durch interkulturelle Kooperationen in Sicht

Im Herbst 2023 übernahm sie die Regionalkoordination für Rumänien, Ungarn, Serbien und die Ukraine seitens des deutschen Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa). Teodora Talhoș übernahm die Stelle vom langjährigen Koordinator Florian Kerzel. Nun stellt ifa zum ersten Mal in Temeswar die Werke der hochgeschätzten Vertreterin des deutschen Expressionismus Paula Modersohn-Becker vor. Zeichnungen und Skizzen der berühmten Künstlerin und der Worpsweder Künstlerkolonie sind ab heutigem 20. März im Temeswarer Nationalen Kunstmuseum (MNArT) zu sehen. Über aktuelle Projekte aber auch zu den Langzeitplänen der ifa-Regionalkoordinatorin hat sich ADZ-Redakteurin Andreea Oance mit Teodora Talhoș unterhalten. 

Sie sind seit etwas über einem halben Jahr ifa-Regionalkoordinatorin für Rumänien, Ungarn, Serbien und die Ukraine. Davor waren Sie ifa-Kulturmanagerin beim Medienverein Funkforum in Temeswar. Wie kam dieser Übergang?

Der Wechsel in die neue Position kam ganz natürlich und doch unerwartet. Als Kulturmanagerin hatte ich im Jahr zuvor verschiedene internationale Kooperationsprojekte auf den Weg gebracht und dabei auch die Situation der deutschen Minderheit in Rumänien und den Nachbarländern durch Gespräche und Reisen kennengelernt. Generell interessiere ich mich sehr für die Balkanregion, vor allem wegen ihrer ethnischen Vielfalt und ihrer komplexen Geschichte und politischen Situation.

Auch mit den Aufgaben eines Regionalkoordinators war ich vertraut, da mein Vorgänger, Florian Kerzel, der jetzt im Auswärtigen Amt in Berlin arbeitet, mir im Laufe des letzten Jahres einen Einblick in seine Tätigkeit gegeben hat. Als seine Stelle frei wurde, habe ich mich sofort beworben, weil ich Lust hatte, mich weiterzuentwickeln, enger mit den anderen Kulturmanagern und Kulturmanagerinnen zusammenzuarbeiten und weiterhin internationale Kultur- und Bildungsprojekte zu machen.

Sie haben das Büro mitten im Kulturhauptstadtjahr Temeswar 2023 übernommen. Was hat das für eine Kuratorin bzw Kulturmanagerin bedeutet?

Das ist eine gute Frage, denn ich blicke immer wieder mit Freude und Dankbarkeit auf das Kulturhauptstadtjahr zurück. Zunächst einmal war das Kulturhauptstadtjahr eine großartige Gelegenheit, die Stadt aus künstlerischer Perspektive neu zu entdecken, einzigartige Off-Spaces wie die ehemalige Kommandantur am Freiheitsplatz oder die U-Kaserne wiederbelebt zu sehen und einfach das kulturelle Potenzial der Stadt zu spüren. Ich glaube, das Kulturhauptstadtjahr war nur ein Impuls für all das, was aus Temeswar werden kann, wenn die Verwaltung und die Kulturarbeiter sowie das Publikum weiterhin so engagiert, aktiv und neugierig bleiben. 

Als Kulturmanagerin hatte ich letztes Jahr im Mai die Chance, in Zusammenarbeit mit der lokalen ukrainischen Gemeinschaft und dem Französischen Institut in Temeswar ein ukrainisches Filmfestival mit dem Titel „Seeing Ukraine“ zu organisieren, das Flüchtlinge aus der Ukraine mit Angehörigen der deutschen Minderheit, insbesondere Jugendlichen, und der Mehrheitsgesellschaft zusammenbrachte. Der Schwerpunkt des Festivals lag auf Filmen, die die Perspektive von Frauen und Minderheiten auf den Krieg zeigten. Später wurde ich in die Cultural Management Academy aufgenommen – ein Kooperationsprojekt von EUNIC Rumänien, das im letzten Jahr vom HEI (House of European Institutes) gehostet wurde und uns Teilnehmer auch in die beiden anderen Kulturhauptstädte 2023 (Veszprém und Elefsina) geführt hat. Im Rahmen dieses Trainingsprogramms hatte ich die Möglichkeit, mehr über europäische Kulturmanagementstrategien zu lernen und die Programme und Veranstaltungen der beiden anderen Städte besser zu verstehen und zu erleben.

Wie haben Sie sich bisher in ihrer neuen Funktion eingelebt?

Da ich Temeswar bereits kannte und im vergangenen Jahr begonnen hatte, ein lokales Netzwerk aufzubauen, war die Einarbeitungsphase glücklicherweise nicht so lang und schwierig. Ich muss zugeben, dass mir meine neue Rolle noch mehr Spaß macht als die letzte, da ich mehr Verantwortung habe und die Aufgaben abwechslungsreicher sind. Gleichzeitig war es gut, dass ich seit September einige der Gastinstitutionen aus dem Entsendeprogramm besucht habe und an Orten war, die normalerweise nicht auf meiner Reiseroute liegen, die aber trotzdem interessant sind und sehr engagierte deutschsprachige Gemeinschaften haben.

Was nehmen Sie sich aus dieser Stelle für jedes Land, das sie koordinieren, vor? Welche sind Ihre Langszeitpläne? 

Mein erster Plan war, zunächst alle Gastinstitutionen aus dem Entsendeprogramm bis August 2024 zu besuchen – ich habe schon fast die Hälfte geschafft!
Die entsandten Kulturmanager haben viel Autonomie, indem sie gemeinsam mit den Gastinstitutionen vereinbaren, welche Art von Projekten sie entwickeln wollen. Ich betreue sie bei der Einreichung der Projektanträge und manch-mal unterstütze ich sie auch bei der Erstellung und Durchführung der Projekte. Da 2024 für mehrere Länder ein Superwahljahr ist, werden sich viele der anstehenden Projekte höchstwahr-scheinlich auf die Stärkung der Demokratie und pro-europäische Gefühle konzentrieren. Bei den meisten Projekten handelt es sich um Jugendprojekte, die junge Menschen befähigen und ihr kritisches Denken fördern sollen.

Meine langfristigen Pläne auf lokaler Ebene sind der Ausbau des Regionalbüros – ich werde versuchen, es sichtbarer und aktiver zu machen, insbesondere durch interkulturelle Kooperationen, die sowohl die Mehrheitsgesellschaft als auch die Minderheiten ansprechen. Ich möchte, dass das ifa in die vielfältigen kulturellen Aktivitäten der Stadt eingebettet ist und dazu beiträgt, dass Temeswar auch nach dem Kulturhauptstadtjahr strahlt.

Welche Projekte werden demnächst in der Region in die Wege geleitet?

Mein nächstes Projekt ist die so genannte „Regionalwoche“ – das ist ein jährliches internes Treffen zwischen den von mir betreuten Kulturmanagern und Kulturmanagerinnen, den Gastinstitutionen und Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der ifa-Zentrale in Stuttgart, bei dem strategische Gespräche geführt werden. Diesmal findet die Regionalwoche im März in Sombor, Serbien, statt. Die Entsandten haben offiziell nur zweimal im Jahr die Möglichkeit, sich persönlich zu treffen, einmal bei der Regionalwoche und einmal bei dem großen Mitarbeiterseminar in Berlin. Da ich meine Arbeit meist digital erledige, freue ich mich schon jetzt auf das Wiedersehen.

Kurz nach der Regionalwoche folgt nun die Eröffnung der Paula-Modersohn-Becker-Ausstellung im Nationalen Kunstmuseum Temeswar. Es handelt sich um eine ifa-Wanderausstellung, die aber schon seit 27 Jahren unterwegs ist und die wir in Temeswar neu kontextualisieren werden. Die Ausstellung befasst sich mit dieser herausragenden Künstlerin vom Anfang des 20. Jahrhunderts, die viel zu früh starb und erst nach ihrem Tod anerkannt wurde. Parallel zu ihren Werken zeigen wir auch die Werke ihrer Kollegen aus der Worpsweder Künstlerkolonie. Paula Modersohn-Becker ist in Rumänien noch viel zu wenig bekannt, aber ich hoffe, dass die Ausstellung die unglaubliche Aktualität ihrer Kunst und ihrer Lebenseinstellung dem Publikum näher bringt.

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