Filmstar Romy Schneider: „Sissi“ und das tragische Ende einer großen Liebe

Filmstar Romy Schneider: „Sissi“ und das tragische Ende einer großen Liebe

Filmstar Romy Schneider und Schauspieler Harry Meyen sind in den 60er Jahren das deutsche Traumpaar schlechthin. Sie haben einen gemeinsamen Sohn, leben in Hamburg, sind glücklich miteinander. Wenigstens eine Zeit lang. Dann zerbricht die Beziehung. Romy Schneider lässt sich scheiden. Ihr Mann verkraftet das nicht. Vor 45 Jahren, am 15. April 1979, kommt es in Harvestehude zum Drama.

Schauplatz ist das Haus am Harvestehuder Weg 27. In der fraglichen Nacht ist Meyen nicht allein. Seine neue Lebensgefährtin, die damals 26-jährige Schauspielerin Anita Lochner, übernachtet bei ihm. Als sie gegen 9 Uhr morgens aufwacht, ist das Bett neben ihr leer.

Wenig später macht sie die grauenvolle Entdeckung: Harry Meyen hat sich, während sie schlief, an der Rückfront des Hauses an einer Feuerleiter erhängt. Das dramatische Ende eines wechselvollen Lebens.

Die deutsch-österreichische Schauspielerin Romy Schneider mit ihrem Mann Harry Meyen.
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Die deutsch-österreichische Schauspielerin Romy Schneider mit ihrem Mann Harry Meyen.

Harry Meyen wird als Harald Haubenstock am 31. August 1924 in Hamburg geboren. Sein Vater ist ein jüdischer Kaufmann. Weil er für die  Nazis ein „Halbjude“ ist, wird Harry Meyen mit 18 Jahren ins KZ gesperrt und überlebt die Nazi-Zeit mit viel Glück.

Harry Meyen hat einen jüdischen Vater, deshalb sperren ihn die Nazis ins KZ

Nach dem Krieg beginnt er als Schauspieler am Thalia-Theater, steigt an den Boulevardbühnen des Berliner Ku’damms zum umjubelten Schauspieler und Regisseur auf. Auch der Film entdeckt ihn. 1955 ist er in Helmut Käutners „Des Teufels General“ an der Seite von Curd Jürgens zu sehen, 1956 in Falk Harnacks „Nacht der Entscheidung“.

Ausgerechnet er, der NS-Verfolgte, muss im Film laufend Nazis spielen. Meyens Karriere läuft blendend – bis zu dem Tag, an dem er auf Romy Schneider trifft. Eine schicksalhafte Begegnung.

Ausgerechnet Harry Meyen bekommt im Film immer wieder Nazi-Rollen – dabei saß er als „Halbjude“ im KZ. Hier eine Szene aus dem britisch-französischen Film „Spion zwischen zwei Fronten“. Auf dem Foto v.l.: Gert Fröbe, Yul Brynner, Harry Meyen, Christopher Plummer.
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Ausgerechnet Harry Meyen bekommt im Film immer wieder Nazi-Rollen – dabei saß er als „Halbjude“ im KZ. Hier eine Szene aus dem britisch-französischen Film „Spion zwischen zwei Fronten“. Auf dem Foto v.l.: Gert Fröbe, Yul Brynner, Harry Meyen, Christopher Plummer.

Sie ist damals Deutschlands berühmteste Schauspielerin. Unvergessen ihre Rolle als Kaiserin Elisabeth von Österreich in „Sissi“ 1955. Ein Riesenerfolg. Aber ihr mädchenhaftes Image will sie danach so schnell wie möglich abschütteln, möchte als Charakterschauspielerin ernst genommen werden. Deshalb verlässt sie Ende der 50er Jahre Deutschland und geht nach Frankreich. Die deutsche Presse ist außer sich vor Zorn. 

Als „Sissi“ wird Romy Schneider berühmt: „Sissi, die junge Kaiserin“, ein österreichischer Film aus dem Jahre 1956. Romy Schneider spielt Kaiserin Elisabeth von Österreich. An ihrer Seite in der Rolle von Kaiser Franz Josef von Österreich: Karlheinz Böhm.
dpa

Als „Sissi“ wird Romy Schneider berühmt: „Sissi, die junge Kaiserin“, ein österreichischer Film aus dem Jahre 1956. Romy Schneider spielt Kaiserin Elisabeth von Österreich. An ihrer Seite in der Rolle von Kaiser Franz Josef von Österreich: Karlheinz Böhm.

In Frankreich wird Romy Schneider zum Star. Während der Dreharbeiten zu „Christine“ verliebt sie sich 1958 in ihren Filmpartner Alain Delon. Vier Jahre sind die beiden miteinander liiert, verloben sich. Aber 1963 ist mit einem Mal Schluss. Ohne nähere Erklärung verschwindet Delon von heute auf morgen. Romy Schneider findet nur einen Strauß Rosen vor, daneben eine kurze Notiz: „Ich bin mit Nathalie nach Mexiko, alles Gute, Alain.“

Romy Schneider trifft Harry Meyen 1965

Romy Schneider ist über diese Trennung noch nicht hinweg, als sie im April 1965 zum ersten Mal Harry Meyen begegnet. In Berlin wird die Eröffnung des Europa-Centers gefeiert. Romy Schneider, gekleidet im eleganten Chanel-Kostüm, ist als internationaler Stargast geladen. 

Romy Schneider und Alain Delon: Die beiden waren verlobt, doch die Beziehung ging in die Brüche. Danach lernte sie Harry Meyen kennen und heiratete ihn.
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Romy Schneider und Alain Delon: Die beiden waren verlobt, doch die Beziehung ging in die Brüche. Danach lernte sie Harry Meyen kennen und heiratete ihn.

Den Werbetermin will sie eigentlich so schnell wie möglich hinter sich bringen und nach Paris zurückkehren. Doch der Mann, der neben ihr platziert wird, erregt ihre Aufmerksamkeit: Harry Meyen, 14 Jahre älter als sie, ein Gentleman in den besten Jahren, gebildet, geistreich, ein Frauenschwarm. 

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Meyens Freund Harald Juhnke wird später berichten, er habe Harry so noch nie erlebt. „Sonst so blasiert und obercool und auf einmal verknallt. Er brannte förmlich, er sagte immer nur: ,Daraus muss was werden …‘“ 

Und es wird was draus. Für die 26-jährige Romy Schneider, die nie ein richtiges Zuhause hatte, ist der 40-Jährige Familienersatz, die heile Welt, die sie sich immer so sehr gewünscht hat. Romy Schneider findet es gut, einen Mann zu haben, der ihr sagt, wo es langgeht. Er füllt die dominante Rolle gerne aus. Am 3. Dezember 1966 kommt der gemeinsame Sohn David Christopher zur Welt.

Romy Schneider und Harry Meyen heiraten: 1966 kommt ihr Sohn zur Welt

Es sind solche Fotos, an denen sich die deutschen Medien jetzt erfreuen: Romy, wie sie ihren Sohn David im Kinderwagen durch den Grunewald schiebt. Harry Meyen im modischen Rollkragenpullover vor dem heimischen Kamin. Am liebsten verbringt das Paar die Abende mit Königsberger Klopsen und Kartoffelsalat vorm Fernseher.

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Eine Zeit lang genießt Romy Schneider das bürgerliche Leben mit Mann und Kind. Sie verändert sich. „Romy Schneider wurde von Meyen domestiziert zu einer aufblickenden, wunderschönen Hausfrau“, so Michael Jürgs, ein befreundeter Hamburger Journalist. „Er schmückte sich mit ihr und gab gleichzeitig zum Ausdruck, dass sie ohne ihn nichts wäre.“

Romy Schneider, ihr Ehemann Harry Meyen und der gemeinsame Sohn David Christopher.
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Romy Schneider, ihr Ehemann Harry Meyen und der gemeinsame Sohn David Christopher.

Nach zwei Jahren bekommt die Beziehung Risse. Als eines Tages das Telefon klingelt, ist das wohl der Anfang vom Ende der Ehe: Alain Delon ist dran und fragt Romy Schneider, ob sie nicht wieder mit ihm vor der Kamera stehen will – für den Film „Der Swimmingpool“. Sie sagt sofort zu und stürzt sich ausgehungert in die Arbeit.   

Während sie so erfolgreich ist wie nie zuvor, schlittert Meyen beruflich von einem Misserfolg zum nächsten. Seit Beginn der Ehe hat er seine Karriere völlig vernachlässigt. Jetzt zieht das Paar nach Hamburg. Dort  hofft Meyen auf neue Erfolge. Vergeblich. Er erleidet Schiffbruch.

Harry Meyens Karriere gerät ins Stocken, er leidet an Depressionen

Die Inszenierung eines Stücks von Thomas Bernhard bei den Salzburger Festspielen wird zum Reinfall. Auch bei zwei Operninszenierungen – Wagners „Tannhäuser“ und Rossinis „Barbier von Sevilla“ – erfüllt er die in ihn gesetzten Erwartungen nicht: Das Hamburger Publikum buht ihn aus.

Es gelingt Romy Schneider, ihm ein paar kleine Rollen zu vermitteln. Er tritt in TV-Krimis auf, arbeitet als Synchronsprecher, ist die Stimme von Dirk Bogarde, Peter Sellers, Robert Mitchum. Nichts wirklich Befriedigendes.

Eins der schönsten Fotos der berühmten MOPO-Fotografin Erika Krauß (1917-2013): Romy Schneider unter Zimmerleuten. Keck pustet sie in die Schaumkrone ihres Bieres.
Erika Krauß/hfr

Eins der schönsten Fotos der berühmten MOPO-Fotografin Erika Krauß (1917-2013): Romy Schneider unter Zimmerleuten. Keck pustet sie in die Schaumkrone ihres Bieres.

Mit den Misserfolgen wird Meyen nicht fertig. Die Depression, unter der er sowieso schon sein ganzes Leben leidet, wird jetzt schlimmer. Er ertränkt seinen Frust im Alkohol, nimmt Tabletten. Freunde wenden sich ab, weil er schon morgens blau ist.

1975 verlässt Romy Schneider ihn. Es folgt ein furchtbarer Scheidungskrieg um Sorgerecht und Geld. Am Ende nimmt Romy ihren Sohn mit nach Frankreich, und Meyen erhält als Abfindung die Summe von einer Million Mark. „Was schlimmer ist, als Sissi zu sein?“, so Meyen nach der Scheidung. „Ex-Mann von Sissi.“

„Was schlimmer ist, als Sissi zu sein? Ex-Mann von Sissi“

Vier Jahre später: Harry Meyen macht am UKE eine achtwöchige Entziehungskur, kehrt Gründonnerstag, 12. April 1979, wieder nach Hause zurück. Am Ostermontag will er gemeinsam mit seiner Freundin, der Schauspielerin Anita Lochner, nach München fahren, um sich dort in ein Sanatorium zu begeben. So ist es geplant.

Die neue Frau an seiner Seite scheint ihm gutzutun. Alle glauben, er sei auf dem richtigen Weg. Umso überraschender der Suizid. In der Nacht auf Ostersonntag nimmt er sich das Leben, hinterlässt keinen Abschiedsbrief. Anita Lochner wird erst viele Jahre später enthüllen, dass Meyen sehr schwer krank gewesen sei damals. Er habe einen Hirntumor gehabt. Außerdem habe er die Trennung von seinem Sohn nie verkraftet.

Romy Schneider ist schockiert, als sie vom Tod Meyens hört, macht sich Vorwürfe. In ihr Tagebuch „Ich, Romy“ schreibt sie: „Ich hätte mich mehr um ihn kümmern müssen.“

Romy Schneider heiratet Daniel Biasini – wird aber nicht glücklich mit ihm

Auch Romy Schneider sucht vergeblich nach ihrem Glück. Ihre Ehe mit Daniel Biasini, ihrem fast zehn Jahre jüngeren Privatsekretär, scheitert. Die beiden lassen sich 1981 nach sechs Jahren scheiden. Im gleichen Jahr verunglückt Romy Schneiders inzwischen 14-jähriger Sohn David Christopher tödlich. Beim Versuch, über einen Zaun auf das Grundstück seiner Großeltern zu klettern, verliert der Junge das Gleichgewicht und eine Metallspitze durchtrennt die Schlagader seines Oberschenkels. Der Junge überlebt seinen Vater gerade mal um zwei Jahre.

Romy Schneider mit ihrem zweiten Ehemann, Daniel Biasini. Anfangs war er ihr Sekretär, 1975 heirateten sie.
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Romy Schneider mit ihrem zweiten Ehemann, Daniel Biasini. Anfangs war er ihr Sekretär, 1975 heirateten sie.

Über diesen Verlust kommt Romy Schneider nicht hinweg. Kurz nachdem sie ihren letzten Film „Die Spaziergängerin von Sans-Souci“ abgedreht hat, stirbt sie am 29. Mai 1982 in ihrer Pariser Wohnung an Herzstillstand. Ihr immenser Konsum von Alkohol und Tabletten trägt sicherlich zu ihrem frühen Tod bei. Sie wird 43 Jahre alt.

In ihrer letzten Lebensphase hat Romy damit begonnen, überall, wo sie sich aufhält, ein Bild von Harry Meyen, David Christopher und sich aufzustellen. In einem Interview sagt sie, die beiden ersten Jahre ihrer Ehe mit Harry Meyen seien die glücklichsten ihres Lebens gewesen.

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