„Ist mir wichtig“: So denkt HSV-Durchstarter Oliveira über neue Konkurrenz

„Ist mir wichtig“: So denkt HSV-Durchstarter Oliveira über neue Konkurrenz

Das Trainingslager war für Nicolas Oliveira ein Trip weg vom eigenen Elternhaus. Der 20-Jährige wohnt noch bei Mama und Papa – die einst nur eine Bedingung hatten, als ihr Sohn das Ziel in Angriff nahm, Profi zu werden. Oliveira hat es geschafft, ist Startelf-Kandidat, obwohl er nie das größte Talent war. Jetzt könnte er das erste sein, das sich seit Längerem beim HSV durchsetzt. Der Rechtsverteidiger erklärt, warum A-Klasse besser ist als SUV. Er verrät, welche Perspektive ihm aufgezeigt wurde, wie er über eine Leihe denkt – und welches besondere Bild im Schlafzimmer seiner Eltern hängt.

MOPO: Herr Oliveira, hat Steffen Baumgart das EM-Viertelfinale zwischen Deutschland und Spanien wirklich im DFB-Trikot geschaut? 

Nicolas Oliveira: (lacht) Das stimmt wirklich, ja. 

Und welches Trikot hatten Sie selbst an?

Ich musste neutral an die Sache herangehen, hatte deshalb meine HSV-Sachen an. Ich supporte Deutschland und Spanien, bei mir ist es 50:50.

HSV-Talent Oliveira: Spanische Mutter, deutscher Vater

Denn Ihre Mutter ist Spanierin, Ihr Vater Deutscher und Ihr voller Name Nicolas-Bernd Oliveira Kisilowski. Identifizieren Sie sich eher mit dem spanischen Teil Ihres Nachnamens?

Nein, Oliveira klingt nur ein bisschen schöner als Kisilowski (lacht). Mein Vater findet Oliveira auch schöner, deshalb hat er gesagt, dass ich den Namen auf dem Trikot stehen haben kann. Ich konnte aber frei entscheiden.

Sind Spaniens Außenverteidiger Dani Carvajal und Marc Cucurella Ihre Vorbilder? Oder doch Joshua Kimmich?

Wenn man sich den Spielstil anschaut, passen die spanischen Außenverteidiger mit ihrem Tempo und dem Drang nach vorne etwas mehr zu mir. Carvajal ähnelt mir am ehesten. 

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Ihr Trainer Steffen Baumgart schätzt Ihre Flexibilität und sagte kürzlich: „Ich bin mir sehr sicher, dass Nico nicht lange aufzuhalten ist.“ Ist es das größte und wichtigste Lob, dass Sie als Fußballer bisher erhalten haben?

So eine Aussage ist besonders, vor allem für junge Spieler wie mich. Ich weiß aber, dass ich mir mit dem Kompliment nicht viel kaufen kann. Ich weiß, dass ich Vertrauen vom Trainer bekomme. Aber ich weiß auch, dass ich weiter hart arbeiten muss.

HSV-Trainer Baumgart lobte Oliveira – so reagiert er nun

Ist es als 20-Jähriger schwierig, mit so einem Lob umzugehen?

Nein. Denn darauf arbeitet man hin. Mein Traum war immer, Fußball-Profi zu werden. Und wenn man so ein Lob bekommt, weiß man, dass man einiges richtig gemacht hat. Für mich ist es eine Bestätigung – aber mit dem Lob hört es nicht auf. Ich will mehr.

Apropos 20: Fahren Sie noch immer mit der mehr als 20 Jahre alten A-Klasse Ihrer Mutter zum Training?

Ja, immer noch (lacht). Solange das Auto noch fährt, fahre ich es. Es ist nur ein Auto. Mich interessiert es nicht, ob ich mit einem großen SUV oder einer A-Klasse fahre.

In welchen Lebensbereichen sind Sie noch ein „normaler“ junger Erwachsener – und kein Profi?

Ich wohne noch zu Hause, sitze jeden Morgen und Abend mit meinen Eltern zusammen. Und ich fahre mit einem alten, vielleicht nicht so schönen Auto zum Training. Ansonsten ist mein Alltag durch den Profi-Fußball bestimmt.

Wieso Eigengewächs Oliveira nie ein Ausnahme-Talent war

Sie kamen schon mit 14 Jahren zum HSV, dennoch waren Sie kein Überflieger, Ihr Talent blieb lange unerkannt. Warum?

Mein Spielstil war nie so auffällig wie der von anderen. Aber über die Jahre wurde klar, dass ich immer mithalten konnte. Ich habe nie den einen krassen Sprung gemacht oder war der Beste, meine Leistungen sind aber immer konstant geblieben.

Sie kamen als Jugendlicher zur Erkenntnis: „Harte Arbeit schlägt Talent.“ Das klingt, als wären Sie nicht immer von Ihrem Talent überzeugt gewesen.

Doch, war ich, aber ich wusste, dass ich nicht das große Ausnahme-Talent bin. Es gab Zeiten, in denen ich auf der Bank saß und erkannt habe, dass ich meine Schwächen nur durch zusätzliches Training verkleinern kann. Ich bleibe dabei: Harte Arbeit schlägt Talent – nur mit harter Arbeit und ohne Talent funktioniert es aber auch nicht. Die Mischung macht’s. 

Oliveira: „Ich habe mir nie einen Riesen-Druck gemacht“

Wie schafft man es, als junger Mensch im Fußball-Geschäft, in dem nur wenige Talente zu Profis werden, nicht aufzugeben?

Ich habe mir nie einen Riesen-Druck gemacht oder gesagt: „Ich muss Profi werden.“ Ich wusste, dass ich einen Plan B haben muss. Ich habe mein Abitur durchgezogen und Eltern, die mich immer unterstützt haben. Sie haben gesagt: „Versuch es, dann helfen wir dir immer – solange du die Schule abschließt.“ So kam es. Als ich mein Abi fertig hatte, habe ich ein Jahr Pause gemacht, kein Studium oder eine Ausbildung angefangen. Ich habe mich zwölf Monate voll auf den Fußball fokussiert – und diese Zeit hat sich gelohnt, weil ich erstmals bei den Profis mittrainieren durfte.

Nicolas Oliveira im Testspiel gegen Aris Limassol. Der 20-Jährige hinterließ im Trainingslager einen guten Eindruck.
WITTERS

Nicolas Oliveira im Testspiel gegen Aris Limassol. Der 20-Jährige hinterließ im Trainingslager einen guten Eindruck.

Am vergangenen Sonntag vor einem Jahr, am 21. Juli 2023, unterschrieben Sie dann Ihren ersten Profi-Vertrag. Haben Sie ein Andenken an diesen Tag?

Es gibt ein Foto, das sogar mein Hintergrundbild auf dem Handy ist. Meine Eltern und mein Bruder waren bei der Unterschrift dabei und wir standen alle vor einer HSV-Raute im Stadion. Dieses Bild hängt seitdem bei meinen Eltern im Schlafzimmer.

Wie oft stoßen Sie auf dem Profi-Niveau heute noch an Grenzen?

Ich habe mich körperlich dran gewöhnt. Wenn wie im Trainingslager die Intensität sehr hoch ist und die Kräfte schwinden, passieren auch bei mir kleinere Fehler, die normalerweise nicht passieren. Aber ich habe mich physisch gut angepasst. Ich merke, dass ich immer besser mithalten kann. Und ich habe meine Szenen im Training oder in Spielen, in denen ich herausstechen kann.

Sie sagten einst: „Um aufzufallen und Eindruck bei Trainern und Scouts zu hinterlassen, brauchst du etwas Besonderes.“ Was ist besonders an Ihnen?

Mein Vater hat da eine andere Meinung als ich (lacht). Er war kein Fußballer, versucht mir aber ab und zu noch Tipps zu geben. Ich glaube, dass ich mit meiner Schnelligkeit auffalle, aber auch mit meiner Ausdauer. Egal, welche Minute läuft: Ich kann die Linie rauf und runter laufen. Das finde ich besonders.

Wird Oliveira jetzt Stammrechtsverteidiger beim HSV?

Es ist kein Geheimnis, dass der HSV einen neuen Rechtsverteidiger sucht. Hoffen Sie auf einen starken neuen Konkurrenten, an dem Sie sich orientieren können – oder auf einen, gegen den Sie sich sogar durchsetzen können?

Am Ende muss ich mich sowieso gegen einen oder mehrere Mitspieler durchsetzen. Mir ist wichtig, dass ich dem Trainer zeige, dass ich mich durchsetzen und spielen will. Wer da nun noch kommt oder nicht, ist dann erst mal zweitrangig.

MOPO-Reporter Tim Meinke traf Nicolas Oliveira in Bramberg.
WITTERS

MOPO-Reporter Tim Meinke traf Nicolas Oliveira im Trainingslager in Bramberg.

Sie dürfen noch in der HSV-U21 spielen, für Talente mit Profi-Perspektive wie Sie ist manchmal aber auch eine Leihe eine Option. Welcher Weg wurde Ihnen im Sommer vom HSV aufgezeigt?

Mir wurde das Gefühl gegeben, dass ich ein Teil der Profi-Mannschaft bin – und dass ich die Chance habe, mich hier durchzusetzen. Deshalb kam eine Leihe nicht in Frage. Ich habe ein gutes Gefühl bekommen und will es beim HSV durchziehen. 

Beim HSV sind in den vergangenen Jahren nicht viele Talente zu Stammspielern geworden. Macht Sie das nachdenklich?

Nein, das motiviert mich sogar noch mehr. Ich weiß, dass es wenige geschafft haben – aber vielleicht bin ich das Talent, das es wieder schafft. Ich habe nie gedacht: „Wenn der es nicht schafft, schaffe ich es auch nicht.“ So denke ich als Typ nicht. Ich sehe es als Motivation.

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Im Dezember 2023, nach Ihrem vierten Profispiel beim 2:0 in Nürnberg, sagten Sie: „Ich weiß, wo ich hin will.“ Sind Sie bereits angekommen? 

(überlegt kurz) Nein. Ich bin noch nicht da, wo ich hin will. Aber im Vergleich zum Dezember bin ich einen Schritt näher dran. Und ich bin zuversichtlich, dass ich mein Ziel erreiche. Der nächste Schritt ist jetzt, möglichst viel Spielzeit zu sammeln.

„Ist mir wichtig“: So denkt HSV-Durchstarter Oliveira über neue Konkurrenz wurde gefunden bei mopo.de

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