Schwarzfahrer nicht mehr ins Gefängnis? Hamburgs zögerlicher Plan

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„Moin! Einmal die Fahrkarten bitte!“ 4,8 Millionen Fahrgäste des HVV wurden im Jahr 2023 in Bussen und Bahnen kontrolliert – unter ihnen jede Menge Schwarzfahrer. Wer wiederholt ohne Ticket fährt und die Strafe nicht bezahlen kann, kann sogar im Gefängnis landen. Linke und Grüne drängen jedoch schon seit Jahren darauf, das Fahren ohne Ticket zu entkriminalisieren. Ein Vorstoß aus Köln hat genau das jetzt umgesetzt – folgt die Hansestadt diesem Beispiel? Denn auch in Hamburg sitzen Menschen derzeit deswegen im Gefängnis.

Wer sein Fahrticket nur zu Hause vergessen hat, kann es später in einer der Servicestellen vorzeigen und zahlt eine Bearbeitungsgebühr. Alle anderen müssen 60 Euro blechen. Wer allerdings häufiger dabei erwischt wird und die Strafen nicht bezahlen kann, der kann fürs Schwarzfahren tatsächlich ins Gefängnis kommen.

HVV: Fahren ohne Fahrschein ist eine Straftat

Denn: Schwarzfahren ist eben keine Ordnungswidrigkeit, wie beispielsweise Falschparken, sondern laut Gesetz eine Straftat. Ein seit vielen Jahren kritisierter Umstand, denn die Gefängnisstrafen betreffen in der Praxis hauptsächlich Arme, Obdachlose und Suchtkranke. Der Stadtrat in Köln hat jetzt beschlossen, keine Strafanzeige mehr zu stellen, wenn Schwarzfahrer erwischt werden.

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Auch Lena Zagst, Justizexpertin der Hamburger Grünen, bezeichnet die sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe für Schwarzfahrer als ungerecht. „Sie trifft die sozial Schwächsten, und auch schon ein kurzer Aufenthalt im Gefängnis kann Biografien zerstören“, sagt sie der MOPO.

Das müsse aufhören. „Darüber hinaus belastet das bisherige Vorgehen nicht nur die Justiz, sondern die erheblichen Kosten für einen Gefängnisaufenthalt auch die Staatskassen.“ Aktuell sitzen vier Menschen wegen Schwarzfahrens in Hamburger Gefängnissen.

Rot-Grün will keinen Hamburger Vorstoß beim Schwarzfahren

Einen ähnlichen Vorstoß wie in Köln wird es in der Hansestadt allerdings nicht geben. „Wir sehen den Bund hier in der Pflicht, das Strafgesetzbuch anzupassen“, so Zagst. Da stimmt ihr Urs Tabbert vom Koalitionspartner SPD zu. Er bezeichnet Ersatzfreiheitsstrafen zudem als „zweischneidiges Schwert“.

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Einerseits entscheide die Zahlungsfähigkeit darüber, ob jemand ins Gefängnis müsse, andererseits dürften strafbare Handlungen nicht folgenlos bleiben, sagt er. „In diesem Spannungsfeld sind Alleingänge wenig zielführend, stattdessen benötigen wir ganzheitliche Lösungen im Bund.“

Zagst ergänzt, dass eine Hamburger Initiative zudem an dem eigentlichen Problem, nämlich dass Schwarzfahren eine Straftat ist, nichts ändern würde – und verweist ebenfalls wieder auf den Bund.

So viele Menschen wurden in Hamburg ohne Ticket erwischt

Dort treffen die Forderungen tatsächlich auf offene Ohren. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) möchte das Fahren ohne Ticket entkriminalisieren, zu einer Ordnungswidrigkeit machen und sich bei den Strafen am Falschparken orientieren. Ein Gesetzesentwurf wird aktuell vorbereitet – wie lange das noch dauert, kann ein Sprecher allerdings noch nicht absehen. Heißt übersetzt: Dauert noch.

In Hamburg wurden im vergangenen Jahr bei 4,8 Millionen Kontrollen um die 206.000 Schwarzfahrer erwischt. Im Jahr 2022 waren es „nur“ 164.000 Verstöße – das lag vor allem am damals populären 9-Euro-Ticket. Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) bezeichnete die aktuelle Quote von unter fünf Prozent aber ebenfalls als „sehr gut“.

Schwarzfahrer nicht mehr ins Gefängnis? Hamburgs zögerlicher Plan wurde gefunden bei mopo.de

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