Schweinebauer sattelt um: „Jetzt züchte ich lieber kleine Aliens“

Schweinebauer sattelt um: „Jetzt züchte ich lieber kleine Aliens“

Vom Schweinebauern zum Pilzzüchter: Diesen Schritt hat Peter Wolters (56) aus Midlum bei Cuxhaven gewagt – und es nicht bereut. Der MOPO erzählte er, was ihn dazu bewogen hat, wieso ihm der Spargel dabei wie Knüppel zwischen die Beine geriet und warum man für eine gute Ernte am Pilz „kratzen“ muss – und das auch noch mit einem Holzprügel.

Pilze züchten, das klingt nach Dunkelheit, Ruhe und Abwarten. Aber es gibt Momente in der Zucht von Kräutersaitlingen, die sind richtig schweißtreibend. Denn einmal im Leben muss jede dieser Pilzkulturen mit einem Holzprügel ähnlich einem kleinen Baseball-Schläger mächtig durchgeprügelt werden, damit sie Lust zum Wachsen bekommt.

„Insgesamt dauert es sechs bis acht Wochen, bis unsere Kräutersaitlinge geerntet werden können“, erzählt Peter Wolters, der die Pilze seine „kleinen Aliens“ nennt, weil sie ja weder zu den Tieren noch zu den Pflanzen zählen.

Kräutersaitlinge wachsen aus einem Myzel (Symbolfoto).
imago/Cord

Kräutersaitlinge wachsen aus einem Myzel (Symbolfoto).

Auf Wolters‘ Hof werden vor allem Kräutersaitlinge und Shiitake angebaut und das in zwei alten Schweineställen, die dafür entkernt und völlig neu mit Klimatisierung und Co. ausgestattet wurden. Weil auch in der Landwirtschaft schon lange das kapitalistische Motto „wachsen oder weichen“ eingezogen ist, musste Wolters wegen ständig steigender Kosten überlegen, wo er ausbauen will.

Und er entschied sich gegen die Intensivierung seiner bestehenden Schweineaufzucht. „Bei denen haben wir zwar schon die Lebensbedingungen durch mehr Platz und Beschäftigungsmöglichkeiten deutlich verbessert, aber ich sehe die Schweinehaltung mittlerweile selbst viel kritischer als früher.“ Dann lieber Edelpilze, dachte sich der Landwirt, „da sind auch die Investitionskosten überschaubar“.

Kräutersaitlinge aus Midlum für die Gastronomie

Seit einem Jahr landen seine Pilze nun in der Obst- und Gemüseabteilung einiger Edeka-Märkte in der Umgebung und bei etlichen Restaurants auf der Speisekarte. Da immer mehr Menschen auf Fleisch verzichten wollen, dürfte das eine gute Marktlücke sein, dachte er sich. „Überraschend ist das aber gar nicht so“, hat Wolters feststellen müssen. Die meisten Gastronomen bieten seine Pilze zu einem Stück Fleisch an.

Anders als bei Getreide und den Schweinen liefert Wolters nun nicht mehr an einen großen Abnehmer, sondern muss seine Pilze aktiv vermarkten. „Ich bin mit einem Schälchen meiner Kräutersaitlinge in die Märkte gegangen und in die Küchen“, erzählt er. Das sei neu für ihn gewesen und auch gar nicht so einfach. „Aber wenn die Köche dann von der Ware begeistert sind, macht das richtig Spaß.“ Und es sei auch ein gutes Gefühl, jetzt der „Pilzonkel“ zu sein und nicht mehr „der olle Schweinebauer“.

Peter Wolters – von Schweinen zu Pilzen gewechselt

Lehrgeld mussten er und seine Frau am Anfang auch zahlen. „Als wir loslegen wollten, war gerade Spargelzeit und die Gastronomen hatten ihre Karten voll auf Spargel ausgerichtet.“ Da war es nicht so leicht, den Kräutersaitling anzupreisen. „Und danach war auch schon ganz schnell Pfifferling-Saison“, schildert er lachend. „Aber da konnte ich für meine Pilze argumentieren, denn die lassen sich viel leichter sauber machen und kosten weniger Zeit und damit auch weniger Geld.“

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Schwarze Zahlen schreiben die Pilze jetzt nach fast genau einem Jahr noch immer nicht, aber damit hat Wolters auch nicht gerechnet. „Ein weiteres Jahr brauchen wir noch, dann können wir die Schweineaufzucht ganz aufgeben und machen nur noch in Pilzen.“ Aber der Hof ist ohnehin breit aufgestellt, hat noch Ackerbau, Feriengäste und eine Pferdepension.

Mittlerweile probieren Wolters und sein Mitarbeiter Karsten Marjenhoff auch schon den Anbau neuer Pilze aus. Mal Austernpilze und auch optisch exotischere Exemplare. „Zu Feierlichkeiten haben meine Mitarbeiter jetzt auch schon statt Blumen einen bunten Strauß Pilze bekommen. Mit gelben Limonen- und rosa Flamingo-Saitlingen.“ Wolters hat seine Entscheidung nicht bereut, auf Pilze umzusatteln.

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