„Strafkolonne“ bei der Stadtreinigung: Jetzt werden personelle Konsequenzen gefordert

„Strafkolonne“ bei der Stadtreinigung: Jetzt werden personelle Konsequenzen gefordert

Der Wirbel um die neue „Strafkolonne“ bei der Hamburger Stadtreinigung zieht immer weitere Kreise. Jetzt hat sich auch die Politik eingeschaltet. Die Opposition fordert dringend Aufklärung, die Gewerkschaft will Köpfe rollen sehen. Die zuständige Umweltbehörde gerät immer mehr unter Druck.

Dem CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Sandro Kappe ist der ab Mai geplante Springer-Pool „ZBE Flex“, der in der Belegschaft als „Strafkolonne“ wahrgenommen wird, weil dort Mitarbeiter mit hohen Krankentagen oder vielen Abmahnungen arbeiten sollen, schon länger ein Dorn im Auge. Bereits im Februar stellte Kappe eine Senatsanfrage, welche auf die Arbeitsbedingungen bei der Stadtreinigung abzielte.

Stadtreinigung Hamburg: CDU mahnt Vorbildfunktion an

Nach den MOPO-Berichten zum Aufruhr innerhalb der Belegschaft erklärte Kappe nun: „Es ist unerlässlich, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Stadtreinigung Hamburg ordentlich und fair behandelt werden, da die Stadt als Vorreiter für faire Arbeitspraktiken agieren sollte“, so der CDU-Politiker. Er erwarte vom Senat, „dass er sicherstellt, dass kein Beschäftigter der Stadt Hamburg und ihrer Unternehmen ungerecht behandelt wird“. 

Rund 300 Mitarbeiter der Stadtreinigung sind von der Maßnahme betroffen. Sie verlieren ihre Arbeitsplätze in angestammten, festen Teams und sollen zukünftig maximal flexibel im Hinblick auf Arbeitszeit und Arbeitsort eingesetzt werden. Heißt: Ihre Lebensqualität wird sich wegen längerer Fahrtwege und wenig familienfreundlicher Arbeitszeiten deutlich verändern.

Linke spricht von einem „Skandal“ bei der Stadtreinigung

Auch die Linksfraktion in der Bürgerschaft meint deshalb: „Die Einrichtung einer ,Strafkolonne‘ bei der Stadtreinigung ist ein Skandal“, so der gewerkschaftspolitische Sprecher David Stoop. Ein Springerpool möge zwar zur Abfederung von Engpässen sinnvoll sein, er dürfe aber nicht dazu missbraucht werden, um missliebige Mitarbeiter abzustrafen.


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„Besonders besorgniserregend ist, dass die Personalzuständigen bei der Stadtreinigung offenbar auch Krankheitszeiten als einen zu ahndenden Verstoß werten“, erklärte Stoop. Von Beschäftigten höre man, dass es gerade die körperlich harten Arbeitsbedingungen in unterbesetzten Teams seien, die die Gesundheit der Beschäftigten belasten. Stoop: „Auf diese anschließend noch Druck auszuüben und sie zu mobben, macht unnötigen Stress und gefährdet ihre Genesung. Das ist weder im Interesse der Beschäftigten noch ist es wirtschaftlich sinnvoll.“ Und: „Der Senat steht in der Pflicht, diesem Treiben bei der Stadtreinigung ein Ende zu setzen.“

Gewerkschaft Komba fordert Rauswurf der Personalleitung bei der Stadtreinigung Hamburg

Noch weiter ging die Gewerkschaft Komba. Deren Geschäftsführer Andy Metzlaff fordert personelle Konsequenzen: „Die Personalleitung muss ausgetauscht werden, damit frischer Wind reinkommt.“ Gerade als öffentliches Unternehmen habe die Stadtreinigung eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitern. „Die sehe ich mehr als verletzt“, so Metzlaff. Es gebe sogar Mitarbeiter, denen ihre gesetzlich zugestandene Elternzeit als Abwesenheitszeit vorgehalten worden sei.

Es könne nicht sein, dass ein Arbeitgeber von seinen Mitarbeitern einen Beweis für eine Krankschreibung erwartet. „Öffentliche Unternehmen haben die Möglichkeit, ihre Mitarbeiter im Zweifel zum Amtsarzt zu schicken, wo dann ein Gutachten erstellt wird. Das ist hier nicht geschehen.“ Aus Sicht der Gewerkschaft ein Gesetzesverstoß.

Stadtreinigung: Umweltbehörde und SPD-Fraktion verteidigen Springer-Pool

Die für die Stadtreinigung zuständige Umweltbehörde verteidigte die Maßnahme. Die Geschäftsführung der Stadtreinigung habe das Konzept des Springer-Pools „unter Beachtung der Mitbestimmungsregeln gemeinsam mit dem Personalrat“ erarbeitet, „um dem hohen Abwesenheits- und Krankenstand entgegenzuwirken und einem bestehenden Flexibilisierungsbedarf zu entsprechen“, so die knappe Antwort auf eine MOPO-Anfrage. Und: „Selbstverständlich handelt es sich hierbei nicht um eine Abstrafung für Abwesenheitszeiten oder Fehlverhalten.“

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Auch die SPD-Bürgerschaftsfraktion kann in der Maßnahme nichts Verwerfliches erkennen. „Bei der Stadtreinigung haben die Mitbestimmungspartner von Personalrat und Geschäftsführung eine gemeinsame Vereinbarung gefunden, die flexible Einsätze ermöglicht, ohne bestimmte Teile der Belegschaft in den Fokus zu nehmen“, erklärte der gewerkschaftspolitische Sprecher Jan Koltze.

Den Unmut der Belegschaft bei der Personalversammlung am Wochenende findet Koltze „bedauerlich“, sieht das Ganze aber als Missverständnis. „Die Mitbestimmungspartner sind jetzt gefordert, das Handeln der Verantwortlichen zu erklären und die fraglichen Einzelfälle zu prüfen.“ Er habe die Erwartung, dass sich auch die dem Aufsichtsrat vorsitzende Umweltbehörde „für eine Klärung des Sachverhalts einsetzt“.

„Strafkolonne“ bei der Stadtreinigung: Jetzt werden personelle Konsequenzen gefordert wurde gefunden bei mopo.de

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