Änderungen auf dem Arbeitsmarkt

Änderungen auf dem Arbeitsmarkt

Das Jahr 2024 wird ein Jahr sein, in dem bei den Unternehmen Vorsicht vorherrschen wird. Steueränderungen und globale Instabilität haben bereits zu einem Rückgang der Anstellungen geführt. Unternehmen in Westrumänien, die in den Bereichen IT&C und Automotive tätig sind, haben bereits seit der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres Anstellungen und Investitionen reduziert. Dieser Trend wird sich 2024 noch verschärfen, vor allem da neue Steueränderungen in Kraft getreten sind. Welche die Aussichten im IT&C-Sektor demnächst sind – darüber äußern sich Universitätsrektor und IT-Gewerkschaftsvorsitzender in Temeswar/Timișoara. 

Der Bereich IT&C (Informationstechnologie und Kommunikation) ist seit vergangenem Jahr von den Steueränderungen betroffen, da ein Teil der Steuererleichterungen für Arbeitgeber und -nehmer weggefallen ist. Im Grunde geht es um Lohnkürzungen, da viele Arbeitgeber diese Differenz an Geld, die der Arbeitnehmer nicht mehr erhält, nicht ausgeglichen haben. Dies sei, laut Angaben des Rektors der Technischen Universität „Politehnica“ Temeswar ein erstes Anzeichen dafür, dass große Unternehmen vorsichtiger geworden sind. „Darüber hinaus wurden die Budgets für nicht unbedingt notwendige Ausgaben erheblich gekürzt und auch Arbeitstreffen mit Auslandsaufenthalten wurden reduziert. All dies geschah in den letzten sechs Monaten von 2023 – und auch 2024 wird es ähnlich weitergehen, zumal viele große Unternehmen die neue Umsatzsteuer zahlen werden“, so der Rektor, Florin Drăgan, der die Trends auf dem Arbeitsmarkt analysiert, vor allem auch, weil die „Politehnica“ eng mit dem privaten Sektor zusammenarbeitet. 

In Westrumänien haben die Unternehmen in den letzten Jahren Investitionen von insgesamt über eine Milliarde Euro in neue Fabriken, die Modernisierung und den Ausbau der lokalen Teams angekündigt. Einige dieser Investitionen wurden bereits durchgeführt, andere sind noch im Gange. Zahlreiche Steueränderungen haben jedoch auf dem rumänischen Markt für Misstrauen gesorgt, auch in den Zentralen der multinationalen Unternehmen. „Aus Gesprächen mit Topmanagern von Unternehmen im Westen des Landes geht hervor, dass die steuerliche Instabilität eine der Herausforderungen im Vorjahr war. In den letzten Monaten haben die Personalabteilungen ihre Einstellungen zurückgefahren, die Unternehmen erweitern ihre Teams nicht mehr so stark wie früher und stellen nur noch erfahrene Mitarbeiter für Schlüsselpositionen ein, an denen sie einen großen Bedarf haben. Es gibt immer noch einige Unternehmen, die angekündigt haben, eine große Zahl von Mitarbeitern einzustellen, aber es bleibt abzuwarten, ob sie diese Pläne in die Tat umsetzen werden. Problematisch ist auch die Änderung der Besteuerung von zugelassenen selbstständigen Personen (PFA). Seit diesem Jahr wird es nicht mehr kosteneffizient sein, in dieser Form zu arbeiten, und es ist zu erwarten, dass viele Arbeitnehmer direkt für Unternehmen im Ausland arbeiten werden. Auf diese Weise gehen dem Staat Steuern aus gesetzlichen Rentenversicherungsbeiträgen (CAS) und die Bezahlung der Krankenversicherung (CASS) verloren“, sagt Rektor Florin Drăgan.

Weltweite Probleme mit lokaleen Auswirkungen

Viele IT&C- und Automobilunternehmen sehen sich weltweit mit Problemen konfrontiert, die sich auch auf den rumänischen Markt auswirken könnten. Große Konzerne haben 2023 weltweit Entlassungen vorgenommen. „Diese Kündigungen haben uns noch nicht erreicht, aber wir sehen eine Zurückhaltung bei der Anstellung von Personal. Das war schon Ende des Jahres zu spüren, aber es wird sich 2024 noch verstärken. Hinzu kommt, dass andere multinationale Unternehmen des Sektors, die auch in Rumänien vertreten sind, in letzter Zeit weltweit mit finanziellen Problemen zu kämpfen haben, was nicht unbedingt zu Entlassungen hier führt, aber zu einem Einstellungsstopp. Selbst wenn es zu Entlassungen kommt, werden erfahrene Leute ihren Platz auf dem Markt finden, denn die Situation hat sich geändert: Dank der Digitalisierungskomponente des Nationalen Resilienz- und Wiederaufbauplans (PNRR) wird es auch im staatlichen Sektor mehr und mehr gut bezahlte Arbeitsplätze geben. Das Hauptproblem bei der Anwerbung von Fachkräften wird hier das mangelnde Vertrauen sein, das IT-Spezialisten in öffentliche Einrichtungen haben“, so der Rektor der TU „Politehnica“ Temeswar.

Bausektor: trotz Steueränderungen der stabilste

In den letzten Jahren hat die Technische Universität Temeswar einen stetigen Anstieg der Zahl junger Menschen verzeichnet, die an der Fakultät für Bauwesen studieren wollen. Die sehr hohe Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt sowie die steigenden Gehälter in diesem Bereich haben zu diesem erhöhten Interesse geführt. Dennoch besteht nach wie vor ein Bedarf an Bauingenieuren, sowohl bei privaten als auch bei staatlichen Unternehmen. Dies ist ebenfalls den großen Infrastrukturprojekten, die im Rahmen des Nationalen Resilienz- und Wiederaufbauplans (PNRR) durchgeführt werden, zu verdanken. „Auch wenn der Wohnungsmarkt im letzten Jahr in Mitleidenschaft gezogen wurde, werden im Baugewerbe auf nationaler Ebene viele öffentliche Investitionen getätigt und es besteht nach wie vor ein Bedarf an Arbeitskräften. Viele Unternehmen holen Arbeitskräfte aus Asien, aber wir sprechen hier nur von Arbeitern, Bauingenieure, die hierher kommen wollen, haben es in diesen Gebieten schwerer. Sie werden sich also weiterhin an unsere Absolventen wenden. Gegenwärtig übersteigt der Bedarf an Ingenieuren in diesem Bereich eindeutig die Kapazität der technischen Universitäten, Absolventen auszubilden, und der Trend setzt sich fort, diesen Bedarf zu erhöhen“, schließt der Universitätsprofessor und Ingenieur Florin Drăgan.

Die Arbeit von zu Hause wird eingeschränkt

Auch Florentin Iancu weiß, dass die fiskalen Änderungen und globalen Herausfoderungen in der Industrie auch vor Ort Auswirkungen hatten. Neben Entlassungen und Gehaltsminderung kommen Änderungen für rumänische Arbeitnehmer im IT&C-Bereich dazu, darunter neue Strategien, um Mitarbeiter aus diesem Bereich zurück ins Büro zu bringen.

Iancu ist Vorsitzender der IT-Gewerkschaft Temeswar (Sindicatul IT Timișoara – SITT), die eine professionelle Vertretung in den Beziehungen zum Arbeitgeber bietet. Gewerkschaftsmitglieder werden am Arbeitsplatz durch jeweilige Verhandlungen und einen sozialen Dialog geschützt. Die Gewerkschaft ist 2009 von einer Gruppe von Beschäftigten von Alcatel-Lucent Rumänien in der Bega-Stadt gegründet worden. Die Notwendigkeit einer gewerkschaftlichen Organisierung ergab sich aus einer Reihe von umfassenden Umstrukturierungsplänen, die das Unternehmen lange zuvor ohne jegliche Konsultation der Beschäftigten begonnen hatte. Die Gründung wurde im August offiziell bekannt gegeben, und unmittelbar danach begannen die Verhandlungen für den ersten von einer Gewerkschaft ausgehandelten kollektiven Arbeitsvertrag in einem IT-Unternehmen in Rumänien. Dieser Vertrag dient noch heute als Referenz für die von SITT geführten Verhandlungen, aber auch auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere in Temeswar. Mittlerweile sind rund 7000 Beschäftigte aus verschiedenen IT-, Support-Dienstleistungs- und Outsourcing-Unternehmen in Rumänien Mitglieder der SITT. Im Laufe der Jahre hat sich die Organisation in Temeswar beträchtlich vergrößert, sodass sie nun Mitarbeiter aus elf multinationalen Unternehmen vertritt, die in den Bereichen IT, Support Services und BPO, Telekommunikation und sogar Elektronik und Elektrotechnik in Temeswar sowie in Bukarest, Klausenburg/Cluj-Napoca, Jassy/Iași und Kronstadt/Brașov tätig sind.

Die Aufhebung der fiskalen Vorteile für Homeoffice ist ebenfalls seit Beginn des Jahres in Kraft getreten und führt zu einem der heißesten Diskussionsthemen in Rumänien schlechthin: Die Rückkehr der Arbeiter aus dem IT-Sektor ins Büro. Die Arbeitgeber wünschen sich, dass ihre Mitarbeiter wieder physisch aktiv sind. „Der Trend ist, die Mitarbeiter wenigstens in einem Hybridmodus wieder im Büro zu haben – das heißt, sie werden einige Tage von zu Hause, einige im Büro arbeiten. Auch die Kunden der jeweiligen Unternehmen drängen aus Gründen der digitalen Sicherheit und des Datenschutzes auf eine Rückkehr zum physischen Bürosystem. Die meisten Mitarbeiter wollen aber zuhause bleiben –und für viele liegt dieses Zuhause außerhalb der Ortschaft, in der sich ihr Arbeitgeber befinden, ein Trend, der in der Pandemie gängig war. Die Rückkehr wird in nächster Zeit zumindest teilweise passieren“, sagt Florentin Iancu, der Vorsitzender der IT-Gewerkschaft SITT.  

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