Der letzte seiner Art: Dieser besondere Bahnhof in Hamburg wird abgerissen

Der letzte seiner Art: Dieser besondere Bahnhof in Hamburg wird abgerissen

Ganz im Westen Hamburgs können S-Bahn-Pendler regelmäßig einen kleinen Ausflug in die Vergangenheit machen: Am Bahnhof Sülldorf, so scheint es, ist die Zeit an einigen Ecken stehen geblieben. Unter anderem ist dort noch immer eines der ältesten Stellwerke Hamburgs in Betrieb. Doch damit ist bald Schluss: Schon bald will die Deutsche Bahn der Haltestelle ein gänzlich neues Gesicht geben.

In dem ebenerdigen Bahnhofsgebäude aus dunklem Backstein ist neben einigen Diensträumen der Bahn auch das mechanische Stellwerk untergebracht. Seit Juni 1927, also seit fast 100 Jahren, ist es in Betrieb und in Hamburg das letzte seiner Art. Von dort aus werden Weichen und Signale mithilfe von beweglichen Hebeln und viel Muskelkraft bedient, ein historisches Schmuckstück für Eisenbahnliebhaber.

Das mechanische Stellwerk im Bahnhof Sülldorf ist seit fast 100 Jahren in Betrieb.
S-Bahn Hamburg/Ann-Kathrin Nippel

Das mechanische Stellwerk im Bahnhof Sülldorf ist seit fast 100 Jahren in Betrieb.

Gearbeitet wird hier in drei Schichten, die S-Bahnen kommen zu Hauptverkehrszeiten inzwischen im Fünf-Minuten-Takt – hier muss jeder Handgriff sitzen. Mit dem Stellwerk verknüpft sind auch die rot-weißen sogenannten Formsignale, die entlang der Strecke bis zur Haltestelle Klein Flottbek stehen und durch ein Aufrichten oder Absenken signalisieren, ob die S-Bahn weiterfahren darf.

Eine S-Bahn fährt in den Bahnhof Sülldorf ein. Rechts und links im Bild: Die rot-weißen „Formsignale“
Florian Quandt

Eine S-Bahn fährt in den Bahnhof Sülldorf ein. Rechts und links im Bild: Die rot-weißen „Formsignale“

All das soll künftig endgültig der Vergangenheit angehören, wie zuerst „Nahverkehr Hamburg“ berichtete. Die Deutsche Bahn plant, die S1-Strecke zwischen den Haltestellen Klein Flottbek und Sülldorf komplett zu modernisieren. Laut „Nahverkehr Hamburg“ gehört dieser Abschnitt zu den ältesten Strecken im Hamburger S-Bahn-Netz. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts fuhr dort die Eisenbahn von der damals noch eigenständigen Stadt Altona bis nach Wedel.

S1-Strecke zwischen Klein Flottbek und Sülldorf wird modernisiert

Zukünftig, so kündigt es eine Bahnsprecherin auf MOPO-Nachfrage an, sollen zwei elektronische Stellwerke in Blankenese und Wedel die Arbeit des mechanischen Stellwerks übernehmen. Auch die rot-weißen „Formsignale“ werden dann nicht mehr gebraucht und durch Lichtsignale ersetzt.

Mithilfe der Gewichte werden die Schnüre zwischen den Formsignalen und dem Stellwerk auf Spannung gehalten.
Florian Quandt

Mithilfe der Gewichte werden die Schnüre zwischen den Formsignalen und dem Stellwerk auf Spannung gehalten.

Los gehen soll es mit den Arbeiten für die neue Stellwerks- und Signaltechnik am Bahnhof Sülldorf laut der Sprecherin voraussichtlich Anfang 2026. Abschied nehmen müssen Fahrgäste dann auch von dem charakteristischen Bahn-Übergang zum Bahnsteig. Dessen Schranke wird aktuell noch manuell vom Fahrdienstleiter im Stellwerk gesteuert. Der Nachteil: Wenn die Schranke unten ist, müssen Fahrgäste warten, bis sie überhaupt zum Gleis kommen.

Der Übergang zum Bahnsteig wird derzeit noch manuell per Schranke geöffnet oder geschlossen.
Florian Quandt

Der Übergang zum Bahnsteig wird derzeit noch manuell per Schranke geöffnet oder geschlossen.

Anstelle des Übergangs mit Schranke wird künftig eine Personenbrücke zum Bahnsteig führen. Aktuell plant die Bahn, bis zum Jahr 2030 sowohl die neue Signaltechnik als auch die Brücke in Betrieb zu nehmen. Anschließend wird das Bahnhofsgebäude inklusive des historischen Stellwerks abgerissen. Der Bahn-Übergang am Sülldorfer Kirchweg bleibt hingegen bestehen, hier müssen Auto- und Radfahrer auch in Zukunft warten, bis die S-Bahnen vorbeigerauscht sind.

Bahnhof Sülldorf: Historisches Gebäude wird abgerissen

Geduld müssen allerdings auch (mal wieder) die S-Bahn-Pendler mitbringen: Für die Arbeiten am Bahnhof Sülldorf wird der Abschnitt laut der Bahn-Sprecherin „punktuell für jeweils mehrere Wochen für den S-Bahn-Verkehr gesperrt“. Die Sperrpausen inklusive der Ersatzverkehre werden aktuell erarbeitet.

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Anwohner zeigten sich in einer Stadtteil-Facebook-Gruppe jedenfalls größtenteils bestürzt über die Abriss-Pläne der Bahn: „Und wieder geht ein großes Stück Tradition von Sülldorf verloren“, schreibt eine Nutzerin. „Schade drum. Stecken so viele schöne Erinnerungen drin“, eine andere.

Der letzte seiner Art: Dieser besondere Bahnhof in Hamburg wird abgerissen wurde gefunden bei mopo.de

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