Diskriminierung bei Fahrprüfungen? Hamburger Fahrlehrer erheben schwere Vorwürfe

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Die Zahl ist ernüchternd: 45 Prozent der Hamburger Führerscheinbewerber sind im vergangenen Jahr durch die praktische Fahrprüfung gefallen, so viele wie in keinem anderen Bundesland. Hamburg ist damit im Ranking auf dem letzten Platz. Und das schon seit mehreren Jahren. Doch woran liegt das? Fahrlehrer aus Hamburg haben dafür Erklärungen – und erheben schwere Vorwürfe gegen den TÜV.

Das Hauptproblem seien die langen Wartezeiten auf praktische Prüfungen, heißt es von Fahrlehrern in Hamburg. „Aktuell warten Fahrschüler nachweislich 15 Wochen auf eine praktische Prüfung“, sagt ein Fahrlehrer aus dem Bereich Süderelbe. „Ein gut ausgebildeter Fahrschüler verlernt in dieser langen Wartezeit einen Großteil des Erlernten.“

Weitere Fahrstunden könnten viele Fahrschüler sich nicht leisten, dennoch würden die Fahrschulen raten, wöchentlich mindestens 90 Minuten zu üben, um im Hamburger Stadtverkehr zu bestehen. Auf die durchschnittlichen Führerscheinkosten von 3250 Euro kämen so noch etwa 2000 Euro drauf. Wie Abzocke sehe das aus, so die Fahrlehrer, doch sie könnten nichts für diese Situation. „So entsteht ein schlechter Ruf unserer Branche“.

Hamburg: Fahrschüler warten Wochen auf praktische Prüfung

Das sei jedoch nicht das einzige Problem: Die Fahrlehrer nehmen die Fahrprüfer vom TÜV in die Verantwortung. „Die Prüfer sind pädagogisch nicht gut geschult, sind ruppig, unfreundlich und voreingenommen. Es fehlt das gewisse Fingerspitzengefühl“, sagen drei Fahrlehrer aus dem Bereich Hamburg-West, Hamburg-Mitte und dem Bereich Süderelbe zur MOPO.

Die Voreingenommenheit richte sich insbesondere gegen Migranten, heißt es. Es gebe Sprachbarrieren zwischen den Prüfern und den Fahrschülern, wobei sich letztere durch die ruppigen Anweisungen zusätzlich unter Druck gesetzt fühlten. Und: „Man sieht schon an der Streckenwahl des Prüfers, ob dieser dem Schüler eine Chance gibt oder nicht“, so der Fahrlehrer aus dem Bereich Süderelbe. „Es kommt darauf an, ob der Schüler erstmal langsam in die Prüfung reinkommen darf oder ob er von Beginn an in extrem schwierige Situationen manövrieren muss.“ Seine Kollegen bestätigen das gegenüber der MOPO.

Die Theorie-Prüfung würde hingegen durch ein elektronisches System kontrolliert, „Schubladendenken“ und „Rassismus“ fielen so raus, heißt es von den Fahrlehrern. Mit dem eigenen Namen oder dem der Fahrschule möchte niemand von ihnen an die Öffentlichkeit: „Der TÜV hat das Monopol und keiner will sich mit ihm anlegen. Kritik oder Forderungen nach Besserung werden eiskalt ausgesessen. Fahrschulen, die sich auflehnen, spüren Konsequenzen.“

Fahrlehrer werfen Prüfern Voreingenommenheit vor

Fahrschüler mit Migrationshintergrund, die auf voreingenommene Prüfer treffen und deshalb durch die Prüfung rasseln? „Das kann ich nicht bewerten“, sagt Vincenzo Lucà, Sprecher vom TÜV, der MOPO. „Aber ein Fehler ist ein Fehler. Es gibt keine Gefälligkeiten, der Bewerber muss auf der Straße wissen, was er tut.“

Theoretische Prüfungen könne man bundesweit mittlerweile in zwölf Landessprachen ablegen – sogar in Hocharabisch. „Aber bei der praktischen Prüfung muss die deutsche Sprache soweit beherrscht werden, dass die Anweisung des Prüfers verstanden und umgesetzt werden können. Wenn die Prüfer aufgrund von Sprachbarrieren kulanter wären als bei anderen, wäre das ein Problem.“

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Woran Hamburgs Fahrschüler stattdessen scheitern, kann er auch nicht genau erklären. „Wir vermuten, dass es viel mit der Verkehrssituation in Hamburg zu tun hat. In den vergangenen Jahren ist das Verkehrsaufkommen weiter gestiegen. E-Bikes, E-Scooter, Busse, der Wechsel der Tempo-Zonen, all das erschwert das Fahren und bringt viele Fahrschüler an ihre Grenzen.“ In anderen Großstädten gäbe es ähnliche Phänomene, so der Sprecher.

Tatsachlich hat die Quote der Durchrassler bundesweit einen neuen Negativrekord erreicht: 42 Prozent der Fahrschüler scheiterten 2023 an der Theorie, ein Anstieg von zehn Prozentpunkten seit 2014. Bei der praktischen Prüfung liegt die Zahl bei 30 Prozent. Hamburg führt mit 45 Prozent Durchfallern, zeigt sich jedoch bei der Theorie mit der besten Quote von 35 Prozent als Spitzenreiter.

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