Erster finaler Rettungsschuss in Deutschland: Hamburger Polizist tötet Bankräuber

Erster finaler Rettungsschuss in Deutschland: Hamburger Polizist tötet Bankräuber

Commerzbank, Steindamm. Jeder Hamburger Polizeibeamte weiß bei diesen beiden Worten sofort, was gemeint ist. Auch heute noch, genau 50 Jahre danach. Zum ersten Mal wandte die Polizei den sogenannten „finalen Rettungsschuss“ an. Zwei Menschen starben an jenem Tag, ein Polizeibeamter und der Bankräuber. Die Ereignisse haben Folgen bis heute.

Es ist der 18. April 1974. Ein Banküberfall wird gemeldet. Um 12.26 Uhr schaltet der 36-jährige Polizeiobermeister Uwe Faden Blaulicht und Sirene seines Streifenwagens ein. Zwei Minuten später ist er zusammen mit einem Kollegen am Einsatzort: der Commerzbank-Filiale am Steindamm, Ecke Pulverteich in St. Georg. Die erfahrenen Polizisten sind nicht besonders aufgeregt: Im Jahr zuvor sind von 2656 ähnlichen „Alarmauslösungen“ fast 2500 Fehlalarme gewesen. 

Geiselnehmer Emilio Gonzales (28) überfällt die Commerzbank am Steindamm und ist mit einer Beretta bewaffnet.
MOPO

Geiselnehmer Emilio Gonzales (28) überfällt die Commerzbank am Steindamm und ist mit einer Beretta bewaffnet.

Im Schalterraum lauert der bewaffnete Bankräuber Gonzales

Deswegen haben die Beamten auch ihre Dienstwaffen nicht gezogen, als sie die Bankfiliale betreten. Ein tödlicher Fehler. Im Schalterraum lauert der kolumbianische Ingenieurstudent Emilio Gonzales (28), bewaffnet mit einer Pistole vom Typ Beretta. Gonzales ist für den Überfall extra aus Berlin angereist und hat sich in einer Absteige in St. Georg einquartiert. Während des Überfalls hat sich der Filialleiter in einem Nebenraum verstecken können und den „Stillen Alarm“ ausgelöst.

Der Bankräuber verlässt mit seiner Geisel die Bank. Auf dem Kopf trägt er die Mütze des Polizeibeamten, den er erschossen hat.
MOPO-Archiv

Der Bankräuber verlässt mit seiner Geisel die Bank. Auf dem Kopf trägt er die Mütze des Polizeibeamten, den er erschossen hat.

Als die Beamten die Filiale betreten, eröffnet der Täter sofort das Feuer. Uwe Faden versucht noch, hinter einem Stützpfeiler in Deckung zu gehen. Doch der Bankräuber trifft den Vater zweier Kinder in den Rücken, verletzt ihn tödlich. Fadens Kollege schießt vier Mal auf den Täter, trifft aber nicht, muss sich zurückziehen.

Ein dreistündiger Nervenkrieg beginnt

Nur Minuten nach den tödlichen Schüssen ruft der Bankräuber im Polizeipräsidium an und fordert einen Fluchtwagen. Gonzales hält zu diesem Zeitpunkt fünf Bankangestellte und zwei Kunden als Geiseln. Ein dreistündiger Nervenkrieg beginnt. Mehr als 200 Polizisten umstellen die Bank. Das 18 Monate zuvor gegründete Mobile Einsatzkommando (MEK) rückt an. Als um 15.43 Uhr der von Gonzales geforderte Fluchtwagen vor der Bank vorfährt – mit einem Fahrer, der nur Unterhose trägt – , hat die Polizeiführung sich längst entschieden: Die Geiselnahme soll vor Ort durch das MEK beendet werden. Der Täter darf nicht mit dem Geld entkommen.

Der Bankangestellte, den der Täter als Geisel genommen hat, wird beim Schusswechsel verletzt. Er überlebt.
MOPO-Archiv

Der Bankangestellte, den der Täter als Geisel genommen hat, wird beim Schusswechsel verletzt. Er überlebt.

Um 15.56 Uhr öffnet sich die Tür der Bank. Hunderte Schaulustige hinter Absperrungen und in den Fenstern umliegender Häuser halten den Atem an. Der mit einer Wollmaske maskierte Täter hält einen Bankangestellten umklammert. Auf dem Kopf trägt der Täter die Dienstmütze des von ihm ermordeten Uwe Faden. In der rechten Hand hat er seine Pistole, in der Linken ein Messer, das er der Geisel an die Kehle hält. Dann reißt sich Gonzales mit einem Mal die Mütze vom Kopf und schleudert sie fort.

Als Beamte die Bank betreten, finden sie die Leiche des Kollegen

Der Bankräuber erschießt den Polizeibeamten Uwe Faden.
MOPO-Archiv

Der Bankräuber erschießt den Polizeibeamten Uwe Faden.

In diesem Moment hat er den Finger nicht am Abzug seiner Beretta und die drei MEK-Beamten im Eingang der benachbarten Bücherei bekommen über Funk den Befehl: „Zugriff.“ Der MEK-Mann F. (Spitzname „Bonzo“) springt aus seinem Versteck und feuert. Die erste Kugel verfehlt sein Ziel. Daraufhin schießt der Bankräuber und trifft seine Geisel an der Brust.

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Anschließend feuert der MEK-Mann erneut: Das zweite Geschoss aus dem schweren Dienstrevolver trifft Gonzales in den Kopf. Bevor er zusammen mit der Geisel zu Boden stürzt, kann der Bankräuber noch einen weiteren Schuss abgeben, der aber ins Leere geht. Der Täter, von fünf schweren Geschossen getroffen, kommt ins Krankenaus St.Georg und stirbt dort wenig später. 

Es ist der erste von der Polizei ausgeführte finale Rettungsschuss in Deutschland. Die Geisel überlebt.

Der Tod des Polizisten Uwe Faden hat Folgen bis heute

Als die Polizisten die Bank betreten, entdecken sie die Leiche ihres Kollegen Uwe Faden. Sie waren laut eigenen Aussagen die ganze Zeit davon ausgegangen, dass der Täter auch ihn als Geisel genommen hat und dass er lebt.

Beisetzung des getöten Polizeibeamten Uwe Faden: Er hinterlässt eine Frau und zwei Kinder.
MOPO-Archiv

Beisetzung des getöten Polizeibeamten Uwe Faden: Er hinterlässt eine Frau und zwei Kinder.

Der Tod des Beamten führt zu einem bis heute gültigen „Bankenkonzept“ der Polizei: Kein Polizist rennt bei einem Alarm einfach in eine Bankfiliale, sondern erstmal versucht die Funkzentrale zu klären, ob es sich um einen „Fehlalarm“ handelt oder um den gefürchteten „Ernstfall“.

Erster finaler Rettungsschuss in Deutschland: Hamburger Polizist tötet Bankräuber wurde gefunden bei mopo.de

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