„Feuer frei, Zündung!“ Hamburgs Kiffer feiern die Freigabe von Cannabis

„Feuer frei, Zündung!“ Hamburgs Kiffer feiern die Freigabe von Cannabis

„Feuer frei, Zündung!“ Um 16.20 Uhr erschallte der Ruf über den Hang gegenüber der St. Pauli-Landungsbrücken – und rund 200 Kiffer unter Kapuzen und Schirmen zückten die Feuerzeuge und zündeten ihre Joints an. In strömendem Regen hatte der „Cannabis Social Club Hamburg“ an den „Astra-Brunnen“ geladen, um die lang erkämpfte Cannabis-Freigabe zu feiern. Zu erleben gab es skurrile Szenen, die mit Nacktmullen und einer sehr entspannten Polizei zu tun hatten.

Just in dem Moment, als alle synchron ihre Tüten anzünden, bahnt sich eine Polizeibeamtin ihren Weg durch die schweren Haschischschwaden, schnellen Schrittes, ohne eine Miene zu verziehen. Sind alle erwachsen, sollen sie doch, ist nicht mehr ihre Baustelle. Seit Ostermontag, den 1. April, ist das Kiffen legal, sofern man einen geeigneten Ort findet: Also nicht in Sichtweite von Spielplätzen, Kitas, Jugendzentren, Schulen, Sportstätten, also auch Fußballstadien. Fußgängerzonen sind zwischen 7 und 20 Uhr kifffreie Zonen. 25 Gramm Cannabis darf man bei sich tragen, das reicht für 70, 80 Joints. Zuhause darf man drei Pflanzen besitzen und 50 Gramm.

Justin (28) ist Vorstand im Anbauverein „Cannapingu“
Marius Röer

Justin (28) ist Vorstand im Anbauverein „Cannapingu“

Die Promenade „Bei der Erholung“ mit dem Astra-Brunnen und dem Blick auf die Landungsbrücken ist der perfekte Ort für die Feier, keine Schule, keine Kita weit und breit: „Heute ist ein schöner Tag“, ruft Andreas Gerhold (61) mit ausgebreiteten Armen in die Menge unter den Schirmen. „Die Last der Kriminalisierung wird von uns abfallen!“ Die Polizei, sagt er noch, sei nicht mehr da: „Die wünschen uns nur viel Erfolg für die Veranstaltung.“ Die Menge jubelt. „Das ist echt ein großer Schritt“, sagt eine junge Frau. „Ich kann das noch gar nicht glauben, man hat sich ja so daran gewöhnt, sich kriminell zu fühlen.“

„Es liegt noch viel Arbeit vor uns“

Dennoch, schränkt Gerhold ein: „Es liegt noch viel Arbeit vor uns!“ Er ist der Vorsitzende des Cannabis Social Club Hamburg e.V. und hat seit Jahren als Lobbyist bei der Politik für die Legalisierung gekämpft. Nun erklärt er, dass die Frage der Anbauvereine noch ungeklärt ist. Erst im Juli steht fest, welche Behörde die genehmigen darf – und dann dauert es ja noch drei Monate, bis das erste legale Cannabis für die maximal 500 Mitglieder pro Club geerntet werden kann: „Bis dahin sind wir also weiter auf den Schwarzmarkt angewiesen.“

In strömendem Rege feierten rund 200 Kiffer am Astra-Brunnen die Freigabe von Cannabis.
Marius Röer

In strömendem Rege feierten rund 200 Kiffer am Astrabrunnen die Freigabe von Cannabis

Dominik und sein Kumpel Justin (beide 28) sind im Vorstand des Anbauvereins Cannapingu („der Pinguin steht für Professionalität und Entspanntheit“) und feiern den Durchbruch: „Wir waren ja schon immer ein Teil der Gesellschaft“, sagt Dominik. „Aber jetzt sind wir kein kriminalisierter Teil mehr. Das fühlt sich für viele noch ganz surreal an.“ Laut „Präventionsnetzwerks Sucht.Hamburg“ kiffen 10,5 Prozent der Hamburger im Alter zwischen 18 und 64 Jahren. Justin verweist auf die gefährlichen Zutaten, mit denen auf dem Schwarzmarkt das Cannabis gestreckt wird: „Das ist Sand drin, Stahlwolle, Haarspray, das hat einige unserer Mitglieder schon ins Krankenhaus gebracht.“

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Am Rand der Menge steht Bela (48), Nasenpiercing, Schiebermütze, zwischen den Lippen einen nassgeregneten Joint. Im Arm hält er ein Schild: „Mehr Liebe für Nacktmulle.“ Auf der Rückseite steht: „Nacktmulle aus Somalia schenken euch Cannabis.“

Bela (48) mit Plüschnacktmull und einem Schild. Die Idee mit dem Nacktmull, der uns Cannabis schenkt, sei ihm beim Kiffen gekommen.
Marius Röer

Bela (48) mit Plüschnacktmull und einem Schild. Die Idee mit dem Nacktmull, der uns Cannabis schenkt, sei ihm beim Kiffen gekommen.

War so’ne Idee, die ihm beim Kiffen gekommen ist, sagt er und seine Begleiterin zieht einen Plüsch-Nacktmull aus dem Rucksack: „Das ist die Nacktmull-Königin.“ Total gaga sei das aber nicht, betont Bela, schließlich seien Nacktmulle sehr interessante Tiere. Die werden zehnmal so alt wie andere Nagetiere und kriegen keinen Krebs: „Die sind für die medizinische Forschung wichtig“, sagt Bela. „Ist Cannabis ja auch.“

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