Klagewelle angekündigt: Flottbek wehrt sich gegen Flüchtlinge am Botanischen Garten

Klagewelle angekündigt: Flottbek wehrt sich gegen Flüchtlinge am Botanischen Garten

Flottbek soll für fünf Jahre eine vergleichsweise kleine Zahl von Flüchtlingen aufnehmen, es wäre die erste Unterkunft überhaupt in dem vornehmen Stadtteil im Hamburger Westen. Die Emotionen schlagen hoch: Die Nachbarn bringen umgehend ihre Anwälte in Stellung und die örtliche FDP schlägt einen Alternativstandort im benachbarten Iserbrook vor.

144 Menschen sollen von 2025 bis 2030 auf dem Parkplatz des Loki-Schmidt-Gartens an der Ohnhorststraße untergebracht werden, die Besucher können dann gratis in dem nahen Parkhaus parken. Die Unterkunft läge direkt an der S-Bahn-Station „Klein Flottbek – Botanischer Garten“ (auch wenn die Ohnhorststraße offiziell zu Osdorf gehört). Hier wohnt man gediegen in großen Häusern und ebensolchen Gärten, es gibt drei Grundschulen.

Nachbarn gründen Bürgerinitiative

Die Bewohner werden als Familien oder WGs in abgeschlossenen Einheiten mit Küche und Dusche leben, immer zwei Betten pro Schlafzimmer, teilt die Sozialbehörde mit. Täglich von 7.30 Uhr bis 16 Uhr werden Mitarbeiter des Betreibers Fördern&Wohnen vor Ort sein. Erst- und Zweitklässler aus den Flüchtlingsfamilien könnten in die umliegenden Grundschulen Schulkamp und Windmühlenweg gehen, ältere Kinder würden zunächst in Vorbereitungsklassen Deutsch lernen.

Der Widerstand der Anwohner gegen die unerwünschten armen Nachbarn formierte sich sofort und mit Wucht: „Wir werden mit rund aktuell 36 Klägern und Klägerinnen anwaltlich vertreten und haben bereits weitere 60 Unterstützer. Diese Gruppe soll auf mindestens 1000 bis 2000 innerhalb der nächsten Wochen erweitert werden“, heißt es in einem Schreiben der „Bürgerinitiative Flottbek für adäquate Flüchtlingsunterkünfte“. Die Initiatoren stellen sich darin so vor: „Wir sind Hamburger Mädels & Jungs, zum Beispiel Architekten, Ärzte, Journalisten, Kaufleute, Künstler, Logistiker, Mediatoren, Musiker, Philosophen, Rechtsanwälte, Sänger, Schauspieler, Soziologen, Völkerrechtler, Wirtschaftswissenschaftler.“

Emotionale Bürgerversammlung

Die lokalen Politiker von SPD, Grünen, Linken und CDU hingegen sehen alle die Notwendigkeit, man hätte die Flottbeker nur nicht so überfahren dürfen, kritisiert Sven Hielscher, Chef der CDU-Fraktion Altona. Auf einer Bürgerversammlung mit Bezirksabgeordneten wurde es emotional: Gegen die Flüchtlinge wollte keiner etwas haben, die Flottbeker sorgten sich stattdessen etwa um die Diskriminierung älterer Parkbesucher, die nun nicht mehr direkt vom Parkplatz aus mit ihrem Rollator in den Loki-Schmidt-Garten gelangen. Außerdem sei die Fläche für 144 Flüchtlinge zu klein und liege an einem lauten Bus-Wendehammer, das sei für die Menschen in der Unterkunft nicht zumutbar. Dazu käme die Parksituation: Viele der Flüchtlinge seien bereits so lange in Deutschland, dass sie Jobs haben, etwa bei Kurierdiensten, wo sollen die ihre Sprinter parken? Wenn dann noch das Flottbeker Derby käme, gehe gar nichts mehr, da sei der Stadtteil ohnehin immer total zugeparkt.

Klaus Wicher, Hamburger Vorsitzender des Sozialverbands SoVD, ist fassungslos: „Hier wollen sich die Bewohner und Bewohnerinnen eines gut betuchten Elbvorortes nicht solidarisch zeigen, sondern beharren auf ihren Privilegien, zu denen offensichtlich gehört, dass Flüchtlinge außen vor bleiben.“

Sozialbehörde: Beteiligung der Bürger nicht möglich

Wolfgang Arnhold, Sprecher der Sozialbehörde, korrigiert einen verbreiteten Irrtum: „Verständlicherweise wünschen die Bürger sich Beteiligung, aber das ist nicht möglich. Wir richten diese Standorte zur Gefahrenabwehr ein, es geht darum, Menschen vor Obdachlosigkeit zu bewahren.“ Die Stadt prüfe so viele mögliche Standorte, von denen auch viele wieder verworfen werden: „Wenn wir da jedesmal die Anwohner bereits über die Prüfung informieren würden, hätten wir unendlich viele Standortdebatten.“ Regulär werde immer als erstes die Bezirksversammlung informiert, wenn eine Planung konkret wird. Im Mai werde die Behörde zu einer Info-Veranstaltung in Flottbek laden und alle Fragen beantworten.

Die Altonaer FDP-Abgeordnete Katarina Blume schlägt als Alternativstandort diese Fläche im benachbarten Iserbrook vor, die derzeit an den Kinderzirkus „Mignon“ verpachtet ist.
Marius Roeer

Die Altonaer FDP-Abgeordnete Katarina Blume schlägt als Alternativstandort diese Fläche im benachbarten Iserbrook vor, die derzeit an den Kinderzirkus „Mignon“ verpachtet ist.

Oftmals gelingt es Bürgerinitiativen bei solchen Gelegenheiten, die Stadt zu Zugeständnissen zu bewegen. So wird etwa die geplante Unterkunft an der Wichmannstraße in Bahrenfeld nur noch aus 107 statt der ursprünglich einmal angedachten 127 Wohneinheiten bestehen, damit finden 370 statt 400 Flüchtlinge dort Platz. 

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Einzig die Altonaer FDP stellt sich gegen den Standort am Loki-Schmidt-Garten. Der Parkplatz sei zu klein: „Es gibt dort keine Außenflächen für einen Spielplatz und zur Begegnung mit den Nachbarn“, sagt die Abgeordnete Katarina Blume, die selbst in der Nähe wohnt. Die Stadt besäße im benachbarten Iserbrook ein geeigneteres Grundstück: „Dort gibt es keine direkten Anwohner, aber eine angrenzende Kirchengemeinde, die möglicherweise ehrenamtlich unterstützen könnte, ein fußläufiges Jugendzentrum und ein kleines Nahversorgungszentrum mit einem Discounter gleich auf der anderen Straßenseite.“

Das Problem: Derzeit ist die Fläche an den Kinderzirkus „Mignon“ verpachtet. Der betreibe keine Jugendarbeit mehr, es stehe kein Zirkuszelt mehr, man könne den Vertrag kündigen, so Blume. Ursula Steinbach vom „Mignon“-Zirkus weist das zurück: „Es erschließt sich uns nicht, wie Frau Blume zu ihrer Einschätzung kommt.“ Die Sozialbehörde will die Zirkusfläche nun prüfen – als möglichen zusätzlichen Standort zur Flüchtlingsunterbringung.

Klagewelle angekündigt: Flottbek wehrt sich gegen Flüchtlinge am Botanischen Garten wurde gefunden bei mopo.de

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