„Man motiviert Jugendliche, wenn man gemeinsam Spaß hat“

„Man motiviert Jugendliche, wenn man gemeinsam Spaß hat“

Wie kommt man zur Jugendarbeit? Seit April 2023 arbeitet Johanna Kézdi als Jugendreferentin der Arbeitsgemeinschaft deutscher Jugendorganisationen (ADJ). Seit 2019 war sie bereits in der Tanzgruppe des Forums und in der Jugendarbeit der Evangelischen Kirche aktiv; ein Jahr lang war sie Juniorbotschafterin des Demokratischen Forums der Deutschen in Hermannstadt/Sibiu. Als Jugendreferentin kümmert sie sich jetzt um Projekte wie das Kindertanzgruppentreffen, die Kindersprachferienlager, die Jugendkonferenz, das Tanzgruppentreffen, die Jugendschulung, aber auch um die Social-Media-Kanäle der Organisation. Über ihre Arbeit, ihren Antrieb und ihre Ideen sprach ADZ-Redakteurin Aurelia Brecht mit Johanna Kézdi.Was begeistert dich?

Mich begeistert das Arbeiten mit Menschen, insbesondere mit jungen Menschen, und zu sehen, dass man selbst auch andere Leute einspannen und motivieren kann. Mich begeistert auch Kultur und Tradition, insbesondere die siebenbürgisch-sächsische. Ich liebe es, diese weiterzuführen.

Wie steht es um die Jugendarbeit der deutschen Minderheit in Rumänien?

Es steht gut. In den letzten 30 Jahren sind viele Jugendforen im ganzen Land gegründet worden: Die Verbände und die ADJ, die landesweit agiert. Jugendliche machen immer noch begeistert mit – wir haben Veranstaltungen mit 250 Teilnehmern, und die Plätze sind begrenzt, sonst wären es noch mehr. Es kommen immer Generationen nach. Die Zukunft sieht gut aus.

Was macht eigentlich die ADJ und wie ist sie aufgebaut?

Die ADJ ist die Arbeitsgemeinschaft deutscher Jugendorganisationen und der Dachverband der Organisationen aus den verschiedenen Regionen Rumäniens: mit den Banater Schwaben, den Zipsern, den Sathmarer Schwaben, den Siebenbürger Sachsen, usw. Wir bieten Veranstaltungen für all diese Verbände an, auch gemeinsame. Aber wir finanzieren auch einzelne regionale Veranstaltungen.

Was hat dich dazu motiviert, in die Jugendarbeit zu gehen?

Ich war selber lange auf der Teilnehmerseite der Jugendarbeit. Als dann die Stelle des Jugendreferenten ausgeschrieben wurde, dachte ich mir, dass es mir sehr viel Spaß machen würde, aktiver eingebunden zu sein und selber zu organisieren, selber neue Leute zu motivieren. Nicht mehr nur passiv teilzunehmen, sondern das aktiv zurückzugeben, was man in den letzten Jahren bekommen hat.

Wo siehst du Probleme und Herausforderungen in der Jugendarbeit?

Eine Herausforderung ist es, weiterhin deutschsprachige Jugendliche zu finden. Aber wenn man an deutschen Schulen genug Werbung macht, ist das immer lösbar. Ein weiteres Problem, das mir zugetragen wurde, ist, dass es schwierig ist, als Erwachsener im Forum weiterzumachen. Man macht lange Zeit in der Jugendarbeit mit – bis man dann aus dem Alter herauskommt. Im Forum mitzumachen, ist dann für viele nicht mehr so motivierend. Für viele ist es schwierig, sich als Forumsmitglied einzuschreiben, da sie keine deutsche Abstammung haben, obwohl sie an der deutschen Schule waren. Deshalb gehen viele Personen nach der Jugendarbeit verloren und finden andere Interessen. Es gibt Jugendarbeit für Jugendliche, aber für junge Erwachsene von 22 bis 30 gibt es nicht mehr so viele Aktivitäten. Es wäre interessant, auch für sie etwas anzubieten – vielleicht eine Zwischenstufe.

Was stellst du dir da vor?

Dass man speziell etwas für sie organisiert. Es gibt das Tanzgruppentreffen für die Jugendlichen – für die Älteren könnte man Seminare anbieten, in denen sie etwas lernen können, was sie interessiert: Zum Beispiel politische Bildung ist etwas Interessanteres in diesem Alter. Sie könnten selber Themen auswählen, an den Wochenenden irgendwo hinfahren und diskutieren – eben unter Gleichaltrigen. Damit es nicht mehr diese Diskrepanz gibt, in Gruppen mit 14- bis 24-Jährigen: Dort gibt es natürlich wenig „common ground“. Diese Zielgruppe geht irgendwo entlang des Weges verloren. Sie äußert dann keine Wünsche, bevor sie weggeht, sondern verschwindet aus unserem Blick. Deshalb müsste man ein bisschen mit der kommenden Generation reden und fragen: Was würde euch interessieren, was würde euch „catchen“, um zu bleiben?

Würde es helfen, wenn es zwischen den Forumsvertretern und dieser Generation einen direkten Dialog gäbe?

Definitiv. Denn Jugendliche und junge Erwachsene möchten gehört werden, werden aber von älteren Erwachsenen oft nicht so ernst genommen. Ein direkter Dialog würde dazu führen, dass man auch wirklich etwas für sie organisiert, das sie interessiert.

Wie begeistert man Jugendliche für die Jugendarbeit?

Indem man ihnen zeigt, dass man Spaß hat, wenn man mit der ADJ verreist. Dass man ihnen dieses Gleichgewicht zeigt zwischen der Arbeit, vielleicht einem Seminar oder dem Tanzen und gemeinsam verbrachter Freizeit. Wir können spielen oder uns einfach unterhalten. Wer basteln möchte, kann basteln, wenn es um Kinder geht. Man motiviert Jugendliche, wenn man gemeinsam Spaß hat. Interessant ist auch das Zusammentreffen mit Personen aus anderen Städten, damit interstädtische Freundschaften entstehen. Dieses Verreisen, dabei neue Leute treffen und gemeinsam Spaß haben ist für alle immer der motivierende Teil.

Ist die deutsche Sprache für Euch etwas Verbindendes?

Ja. Das ist die Basis unserer Gruppendynamik. Dort beginnt alles. Man lernt jemanden neues kennen und du weißt direkt, die Person kann auch Deutsch. Auch wenn wir nicht immer auf Deutsch kommunizieren, weiß man trotzdem, dass man dieses gemeinsam hat. Es ist dann immer ein Austausch zum Beispiel über den Deutschunterricht, die Tanzgruppe, über einen Ausflug nach Deutschland. Das fühlt sich verbindend an. Wenn man mit irgendwelchen Personen auf eine Party geht, hat man nicht dieses Zusammengehörigkeitsgefühl, wie man es hier hat, wo man wirklich weiß: Wir stecken alle im gleichen Topf. Wir kennen uns und wir kennen irgendwie die Probleme des anderen. Es fühlt sich immer sehr wie eine Familie an. Eben eine Minderheit. Das ist immer das Zusammengehörigkeitsgefühl einer Minderheit.

Denkst du, es entstehen auch andere Ideen durch die deutsche Sprache?

Auf jeden Fall. Eine der Veranstaltungen der ADJ ist das Kindersprachferienlager für Kinder bis 13, wo man die ganze Woche Deutsch spricht. Dort werden die Kinder dazu motiviert, ihre Angst vor dem Sprechen zu verlieren. Wir haben jetzt eine große Gruppe in Hermannstadt gehabt, die dort ab nächstem Jahr nicht mehr mitmachen kann. Wir haben sie jetzt nicht nur in unsere Tanzgruppe mit aufgenommen, sondern haben im Oktober einen Sonntagsclub für sie gegründet: Hier treffen wir uns alle zwei Wochen und sprechen Deutsch. Jemand stellt ein Thema vor, danach gibt es eine Diskussion. Damit wollen wir das Denken und den Ausdruck auf Deutsch fördern. Diese Idee ist entstanden, weil die Kinder aus dem Kindersprachferienlager herauswachsen und dann nur noch in der Schule Deutsch sprechen würden. Also ja, Deutsch bringt immer neue Ideen.

Was bedeutet die deutsche Minderheit für dich?

Es ist für mich die Gruppe, in der ich aufgewachsen bin. Es ist der Teil von mir, der sich nicht ändern wird. Für mich bedeutet es auch Gemeinschaft, die man mit anderen Personen hat, wenn man miteinander auf der Straße Deutsch spricht oder jemand anderen auf der Straße Deutsch reden hört. Es ist eben wieder dieses Gemeinschaftsgefühl. Die deutsche Minderheit – wir sind eine kleine Gruppe, die aber auch viel bewegt. Astrid Fodor, Klaus Johannis, usw. Wenige Personen – viele Ideen. Das ist für mich deutsche Minderheit.

Wie hast du die erste Zeit als Jugendreferentin erlebt?

Für mich war es das Ende der 12. Klasse; ich lernte für mein Abitur. Es hat mir von Anfang an Spaß gemacht, obwohl ich mit Abrechnungen und Finanzen vorher nichts am Hut hatte und nicht wusste, dass so viel Arbeit hinter der Tätigkeit als Jugendreferentin steckt. Es hat mir aber Spaß gemacht und ich war sehr motiviert, alles schnell zu lernen. Die erste Zeit war ziemlich stressig, aber es war trotzdem cool und sehr intensiv.

Gibt es ein Projekt, das dir besonders wichtig ist?

Das Tanzgruppentreffen. Dort haben wir immer die meisten Teilnehmer, die beste Motivation, den größten Spaß. Dieses Jahr hatten wir das Thema „Tänze aus verschiedenen Ländern“: Eine Gruppe hat Tänze aus Bulgarien, eine andere aus Serbien, die nächste aus Rumänien aufgeführt. Das war sehr spannend. Man sieht zum Beispiel, wie die Banater Schwaben und die Siebenbürgen Sachsen in einem Hotel wohnen, jeder in seiner Tracht, alle komplett verschieden. Sie tanzen denselben Tanz und verstehen sich auf Anhieb gut. Ich liebe diese riesige Diversität, die wir beim Tanzgruppentreffen haben.

Was macht dir besonders Spaß?

Ich liebe das Tanzen, Freunde zu treffen, mich mit Menschen auszutauschen, etwas zu unternehmen, zu verreisen. Mit der ADJ verreisen wir mit der Jugend europäischer Volksgruppen (YEN/JEV). Alles was irgendwie eine soziale Komponente hat – das ist mein Ding.

Im Jahr 2023 war die ADJ zu Besuch bei Staatspräsident Klaus Johannis.

Das fand im Rahmen eines ADJ-Projekts statt. Es war uns wichtig, uns vom Werdegang einer bekannten Person inspirieren zu lassen, die so viel bewegt hat. Im Rahmen des Treffens gab es auch ein persönliches Gespräch. Er meinte: Jetzt reden wir unter uns, alles auf Deutsch, von Anfang bis Ende. Er uns gefragt, was uns interessiert, und wir haben ihn gefragt, was ihn motiviert hat. Er hat uns gefragt was wir gerne machen würden: Ob uns eine politische oder eine kulturelle Karriere interessiert. Er hat uns dazu ermutigt, dass wir etwas unternehmen, wenn wir uns etwas wünschen. Es gibt kein „Nein“, und kein „Ich kann nicht“. Man muss es probieren und eben auch selber umsetzten. Ihn hat motiviert, eine Änderung erreichen zu wollen – er wünschte sich Änderungen im politischen System in Rumänien und wollte sich dafür einsetzen.

Was möchtest du als Jugendreferentin bewegen?

Ich möchte dieses Gemeinschaftsgefühl, das schon existiert, weiter stärken. Gerne würde ich eine neue Veranstaltung ins Leben rufen, die das fördern soll. Ich möchte, dass noch mehr Jugendliche einen Platz in dieser großen Minderheitenfamilie finden. Dass sie nicht aus dieser Familie herausfallen, wie schon am Anfang erwähnt, sondern dass man ihnen eine Brücke zu den Erwachsenen baut.

 

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