Nach HSV und St. Pauli: Wie sich Altona 93 als Nummer drei in Hamburg etablieren will

Nach HSV und St. Pauli: Wie sich Altona 93 als Nummer drei in Hamburg etablieren will

Im Heimspiel gegen HEBC kann Altona 93 einen großen Schritt zur Hamburger Meisterschaft tun. Dass der AFC Ende Mai an der Aufstiegsrunde zur Regionalliga Nord teilnimmt, ist bereits sicher, da Titel-Rivale TuS Dassendorf nicht gemeldet hat. Ist der Traditionsverein reif für die Regionalliga? Die MOPO traf Trainer Andreas Bergmann und Vizepräsident Ragnar Törber an der Adolf-Jäger-Kampfbahn zum Gespräch über Entwicklung, Zukunft und den Plan, eine langfristige Nummer drei in Hamburg zu werden.

MOPO: Wie groß ist die Vorfreude auf Derbys gegen den Stadtteilnachbarn Teutonia 05?

Törber: So groß wie die Vorfreude auf alle anderen Gegner in der Regionalliga.

Bergmann: So weit bin ich noch gar nicht, erst mal müssen wir dafür ja die Qualifikationsspiele bestehen. Ich sehe die Geschichte nachhaltiger. Die Jungs haben eine tolle Saison gespielt. Dass wir jetzt schon an diesem Punkt sind, ist klasse. Man sieht aber auch, dass wir noch eine Menge lernen müssen. Ich will in Sachen Aufstieg auch gar keinen Druck aufbauen. Wenn es nicht klappt, gehen wir unseren Weg auch weiter: engagierten und attraktiven Fußball zu spielen mit einer Mannschaft, die Lust hat und hungrig ist.

Törber: Wir haben überhaupt keine Ziele gesetzt, die ein schnelles Vorankommen als Basis haben. In ein paar Jahren möchten wir gesichert in der Regionalliga sein. Wenn wir relativ früh eine Chance haben, etwas zu reißen – umso besser. Das können wir uns auch erlauben.

Unabhängig vom Stadion: Altona 93 will langfristig planen

Käme der Aufstieg nicht zu früh? 2027 soll das neue Stadion am Diebsteich gebaut sein – wäre das nicht der ideale Moment?

Törber: Nur, wenn man davon ausgehen würde, wir würden nicht solide wirtschaften. Wir planen langfristig, aber es wäre ja töricht zu sagen, wir machen jetzt vier Jahre Dassendorf und gehen erst dann hoch. Warum sollten wir warten, wenn die Jungs das hinbekommen?

Bergmann: Ich würde niemals eine Entwicklung bremsen. Die beiden Aufstiegsspiele werden eine tolle Erfahrung, an die wir mit Freude herangehen.


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Wie gut wäre Altona 93 Stand heute denn für die Regionalliga aufgestellt?

Bergmann: Wir sehen uns als Ausbildungsverein und sind dabei, ein paar Dinge neu aufzubauen. Ich habe ein Kompetenzteam mit Trainern aus dem Herren- und Nachwuchsbereich gebildet, in dem wir Wissen bündeln und eine bessere Verzahnung erreichen wollen. Wir möchten junge Spieler aus dem eigenen Stall und aus Hamburg, die sich entwickeln und eine gewisse Intensität und Professionalität erleben wollen. Fertige Spieler in einer großen Anzahl können wir uns nicht holen, wir wollen unsere Spieler auf ein höheres Level entwickeln. Diesen Weg finde ich spannend.

Was müsste abseits des Platzes noch geschehen, damit der AFC sich in der Regionalliga etablieren kann?

Törber: Meine romantische Vorstellung war: Wenn Eltern mit ihren Buttjes zu uns kommen, dann können die irgendwann auch auf dem Rasen der Adolf-Jäger-Kampfbahn stehen. Als ich anfing, war der Jugendbereich heillos zerstritten. Da ist viel liegen geblieben. Dass es jetzt diese Verbindung zur Jugend gibt, ist schon mal toll. Generell sehen wir uns eher als Hamburger Kaufleute: Wir machen nur das, was wir können, aber dafür sind wir darin gut. Tradition ist schön, aber oftmals auch mit Spinnweben verbunden. Wir sind immer noch kein Krösus, aber auch keine arme Kirchenmaus mehr. Für viele Werbepartner ist es wichtig zu sehen, dass hier etwas langfristig aufgebaut wird.

Altona 93 will mit HSV und St. Pauli eng zusammenarbeiten

Wie schwierig ist es in einer Stadt mit zwei Profiklubs, in dem bei allen Erfolgen mehr als Platz drei in Hamburg nicht drin ist?

Bergmann: Ich finde es spannend, dass wir in Hamburg zwei Profivereine haben, durch die unsere Jungs indirekt auch noch ein Ziel haben, wenn sie besonders stark sind. Wir können quasi ein zweiter Bildungsweg sein. Grundsätzlich ist es ja so: Wenn der eine oder andere Spieler wechselt, weil er hier gut performt hat, müssen wir damit leben. Solchen Spielern wollen wir die Entwicklung auch nicht nehmen. Insofern möchte ich mit dem HSV und dem FC St. Pauli eher enger zusammenarbeiten.

Und bei der Akquise von Sponsoren?

Törber: Dritter Verein in Hamburg zu sein, ist keine Schande. Wir sind eine Riesenstadt mit ganz tollen Amateurklubs. Wenn wir in den nächsten Jahren die dritte Kraft werden, wäre das toll. Der HSV sowieso, aber auch St. Pauli ist inzwischen ja ein ganz großes Schiff. Bei uns kommen 1000, 1500 Zuschauer, die sind direkt beim Fußball und können die Spieler anfassen. Dafür sind auch viele Jungs hier, sie werden gesehen. Anderswo hat man vielleicht eine bessere Dusche, aber dafür steht dann vielleicht nur der eigene Bruder am Spielfeldrand. Amateurfußball ist toll und wir glauben, dass das sehr gut angenommen wird und eine Zukunft hat.

Bergmann: Wir werden niemals HSV oder St. Pauli werden. Bei uns wird mit Leidenschaft Fußball gespielt und auf den Rängen geht es hin und her. Viele Fans von HSV und St. Pauli kommen ja auch nach den Spielen ihrer Vereine hierher.

Törber: Wir sind ein bisschen der Sparringspartner und manchmal auch die heimliche Geliebte.

Altona 93 will nicht zum „zweiten Union Berlin“ werden

Altonas ehemaliger Trainer Berkan Algan äußerte kürzlich, Altona 93 könne zu einem zweiten Union Berlin werden, wenn man es richtig anpacke. Sehen Sie das auch so?

Törber: Das geht für uns am Thema vorbei. Er ist als Trainer von Eisenbahn Hamburg gerade bei einem Verein, in dem viel mit Geld geregelt wird. Das machen wir nicht so. Wir wollen, dass unsere Mannschaft zusammenwächst. Der Großteil der Mannschaft spielt auch in der nächsten Saison für uns – und zwar ligaunabhängig. Und wir schaffen es auch immer häufiger, ehemalige Spieler als Trainer im Verein zu halten.

Bergmann: Trainerweiterbildung ist eine wichtige Sache. Wir wollen Dinge nachhaltig und personenunabhängig in die Wege leiten. Dieser Verein hat definitiv Möglichkeiten der Entwicklung, aber die muss gesund sein. Vor der Saison wollten wir unter die ersten Fünf in der Oberliga. Man darf nicht den Fehler machen, sich selbst überholen zu wollen.

Bergmann und Törber auf der Tribüne der Adolf-Jäger-Kampfbahn, die 2027 dem Wohnungsbau weichen soll
WITTERS

Bergmann und Törber auf der Tribüne der Adolf-Jäger-Kampfbahn, die 2027 dem Wohnungsbau weichen soll

Ist die Fertigstellung des Stadions 2027 realistisch?

Törber: Das ist der Zeitpunkt, den wir im Moment haben, aber das liegt im Grunde nicht in unserer Hand. Es wird wohl zweieinhalb Jahre dauern, ein neues Stadion am Diebsteich zu bauen. Die Gespräche mit der Stadt laufen gut. Für die Stadt ist es ja auch wichtig zu sehen, dass sie einen Partner hat, der das auch über Jahre hinkriegt. Da ist das Vertrauen da, dass es mit Altona 93 funktioniert.

Dann blicken wir voraus: Sommer 2027, das neue Stadion wird eingeweiht. Wen wünschen Sie sich als Gegner?

Bergmann: Dulwich Hamlet. Als wir in der Vorbereitung für diese Saison im Juli dort im Süden Londons gespielt haben, war das ein besonderes Erlebnis.

Zwischen den Fans von Altona und Dulwich besteht seit Langem eine Freundschaft. 2018 hat der Verein aus der siebtklassigen Isthmian Premier League schon an der Adolf-Jäger-Kampfbahn gespielt.

Törber: Einer der schönsten Momente in meiner Arbeit ist, wenn man einem jungen Spieler bei Vertragsgesprächen fragt, ob er einen Reisepass hat, damit er nach London kann. Für die Fahrt hat der Verein nicht einen Euro bezahlt. Die Fans haben in England und in Hamburg gesammelt, haben Platten aufgelegt und, und, und, damit die Mannschaft rüberfahren und die Fan-Freundschaft leben kann. Diese Fahrt hat uns total zusammengeschweißt. Dulwich als erster Gegner wäre toll. Es sollte kein Verein sein, der groß oder laut oder teuer ist. Obwohl: Beim FC Barcelona wäre ich vielleicht noch ein bisschen anfällig.

Nach HSV und St. Pauli: Wie sich Altona 93 als Nummer drei in Hamburg etablieren will wurde gefunden bei mopo.de

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