Randbemerkungen: Gold und Silber (I)

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Seit Erwin Țigla mich am 11. März um sechs Uhr früh anrief – er weiß, dass auch ich ein Frühaufsteher bin – und mich um persönliche Daten für eine Laudatio zu einer Forumsauszeichnung anlässlich des 75. Jahrestags des Ersterscheinens unserer Zeitung bat, ging mir vieles durch den Kopf. Nicht nur, aber auch, ob und wieso  gerade ich der Verdienstvollste bei dieser Zeitung sein soll… Gefragt, hätte ich mindestens drei andere nennen können. Aber eine Anerkennung ist nunmal eine Anerkennung und irgendwo schlägt sie bei jedem an. 

Bei mir setzte Țigla´s Bitte – so läuft‘s bei mir! – den sofortigen Bezug zum wirtschaftlich-politischen Alltag in Gang.  In etwa derselben Zeit kam nämlich die Meldung, dass die Entschädigungsklage der Roșia Montan˛ Gold Corporation (RMGC), entgegen aller Prognosen der höchsten rumänischen Politikvertreter (deren Hosenboden wabberten vor der Milliardenentschädigung, die sie glaubten, den Australier-Rumänen abstottern zu müssen) beim Prozess in den USA abgewiesen wurde und die RMGC selber die Gerichtskosten tragen muss (worauf die umgehend behaupteten, kein Geld mehr zur Verfügung zu haben…). 
Ich schaute grinsend in den Spiegel: Gold ist halt nicht mehr Gold und Silber ist wertvoller geworden, auch wenn es vom Bitcoin kürzlich überholt wurde. Bedauerlich: Ehrennadeln in Bitcoin gibt es noch keine.

Die Geschichte dieser RMGC, ursprünglich 1997 von zwei Hauptaktionären gegründet (der rumänischen Minvest Ro{ia Montan˛, 19,31 Prozent, und Gabriel Ressources, 80,69 Prozent, letztere Eigentum des im Marmaroscher Bor{a geborenen australischen Staatsbürgers Vasile Frank Timiș), ist vielfach typisch für die rumänischen Verflechtungen von bis auf ihre Geldgier unbedarften Politikern und raubkapitalistischen Unternehmern. Die Firmen dieses Frank Timiș, wie er sich nennen lässt, sollen sich gegenwärtig Schürfrechte für Erdöl und Erdgas auf rund fünf Prozent des Staatsgebiets Rumäniens gesichert haben – wer also meint, das Rumänien die Gabriel Ressources los hat, der sollte rasch umdenken… 

Versprochen hatte der zur Gründungszeit der RMGC als Wirtschaftsguru gefeierte Timiș, im Siebenbürgischen Erzgebirge „die modernste Erzgrube Rumäniens“, eine „Modell-Abbaustelle für ganz Europa“, einen „neuen Bergbaustandard für verantwortungsvollen Goldabbau, sowohl für die EU, wie auch für die ganze Welt“ zu eröffnen.

Der „neue Standard“ ist seit dem 19. Jahrhundert bekannt: ein geringer Gehalt an Gold im Gestein – im Gebiet Ro{ia Montan˛, wo seit Römerzeiten Goldadern abgebaut wurden, geht man heute von noch einigen (Rest-)Gramm pro Tonne aus – wird mittels hochgiftigen Zyaniden ausgesondert. Der Riesen-Berg des Restgesteins – der Abraum – ist hochgiftig. Umweltfreundliche Lagerung (erdbeben-, überschwemmungssicher) in Sicherheitsbecken ein teurer Spaß. Zeitlos sichere Lagerstätten für den zyanverseuchten Trockenabraum ein Muss – nimmt man das potenzielle Umweltproblem ernst. Goldgräber zwingt man dazu. RMGC verkündete, dreimal höhere Standards anzulegen, als sie die EU fordert.

All die RMGC-Versprechen brachten den bisher naivsten Regierungschef Rumäniens, Victor Ponta, zur Aussage, er befürworte das Ganze als Regierungschef, weise es aber als Abgeordneter zurück…

Tschechien verbot Goldgewinnung mit Zyan 2000, Deutschland 2002, Ungarn 2009.

Gerettet haben Ro{ia Montan˛, als Ort-, Landschaft und Geschichtsraum – gegen den Willen Ortsansässiger, die ab 2002 620 der 794 Wirtschaften an RMGC verschleuderten – Kulturminister Vlad Alexandrescu und Regierungschef Dacian Cioloș. Der Raum und sein Erbe römischen Goldbergbaus wurden 2021 UNESCO-Weltkulturerbe.

Doch RMGC bekam 2000 die Abbaulizenz. Zur PSD-Regierungszeit Năstases. 2000, im Jahr der größten Umweltkatastrophe nach Tschernobyl, als bei Baia Mare der Damm eines Zyanidsumpf-Depots brach und alles Leben in der Theiß tötete.

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