Rostocker Fan-Gewalt ohne Folgen? „Der Tenor ist: Hansa macht alles richtig“

Rostocker Fan-Gewalt ohne Folgen? „Der Tenor ist: Hansa macht alles richtig“

Im Februar 2023 feuerten Fans von Hansa Rostock Raketen am Millerntor ab, legten Brände, zerstörten Toiletten und warfen mit den WC-Keramikteilen auf Ordner. Es war nur das jüngste Kapitel in einer langen Reihe von Ausschreitungen, wenn die Mecklenburger gegen den FC St. Pauli spielen. „Für viele Fans ist das das Spiel des Jahres, gerade auch nach dem, was in der jüngsten Vergangenheit passiert ist“, sagt Sönke Fröbe. Die MOPO sprach vor dem Hansa-Gastspiel bei St. Pauli am nächsten Freitag mit dem langjährigen Reporter der „Ostsee-Zeitung“ über Fan-Gewalt und die Reaktion des Vereins darauf.

MOPO: Beim letzten Rostocker Auftritt auf St. Pauli wurde ein Ordner verletzt und viele WC-Anlagen im Gästebereich zerstört. Wird es wieder Randale geben?

Sönke Fröbe: Das kann ich nicht seriös einschätzen. Da ich schon einige Derbys erlebt habe, würde es mich freuen, wenn es ruhig bleibt. Aber es würde mich leider auch überraschen.

Vor einigen Monaten kündigte Mecklenburgs Sportministerin Stefanie Drese Maßnahmen gegen die Fan-Gewalt an. Was ist seitdem passiert?

Es gab im Januar ein Treffen des Hansa-Vorstands mit dem Sport- und dem Innenministerium. Aber daraus ist nichts Greifbares erfolgt. Im Grunde lautet der Tenor: Hansa macht alles richtig und auch genug.

Fans von Hansa Rostock sorgen immer wieder für Chaos

Von Rostocker Verantwortlichen hört man manchmal, sie könnten wenig bis nichts gegen die Situation tun. Eine Veränderung müsste aus der Fanszene selbst kommen. Was halten Sie davon?

Da ist sicherlich etwas dran. Wir haben ein gesellschaftliches Problem, das sich in die Stadien verlagert. Es ist auch nicht so, dass gar nichts passiert. Wenn Personen identifiziert werden, gibt es Stadionverbote. Aber die Verlautbarungen des Vereins sind manchmal relativierend. Wenn etwas passiert, wird gerne gesagt: Das waren nur 100 oder 150 Leute, der Rest der Fans war friedlich. Das stimmt zwar, aber ich habe den Eindruck, dass diese Leute sich in der Masse verstecken können. Da würde man sich deutlichere Worte wünschen.


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Denken Sie denn, eine solche „Selbstreinigung“ der Fanszene wäre möglich?

Ich glaube, tatsächlich nicht. Zivilcourage ist eine schöne Sache, aber manchmal auch Wunschdenken.

Sie sind auch persönlich betroffen: Im Mai 2023 trug Hansa-Pressesprecherin Marit Scholz ein T-Shirt mit der Aufschrift „FCK SFR“. Im März 2024 wurden Sie und Marcel Reif von Hansa-Fans auf einem Banner geschmäht und aufgefordert, „das Maul“ zu halten. 2021 ist Ihnen die Akkreditierung entzogen worden, wogegen die „Ostsee-Zeitung“ erfolgreich geklagt hat. Wie arbeitet man als Sportjournalist unter solchen Bedingungen?

Das ist natürlich nicht optimal. Nach dem Hausverbot 2021 hatte sich das Verhältnis eigentlich normalisiert. Deshalb kam die Zuspitzung mit dem T-Shirt völlig überraschend und ist für mich immer noch unerklärlich. Damals habe ich mit Spielern und dem Trainer gesprochen, die die Aktion unmöglich fanden. Aber von Offiziellen gibt es bis heute keine Entschuldigung oder Erklärung. Ich bin ja auch nicht der einzige Journalist, der beleidigt wird. Es gab noch ein zweites Banner gegen einen Kollegen, auf dem seine Handy-Nummer geschrieben stand. Dazu ermittelt der DFB-Kontrollausschuss, wie auch zum Banner mit Reif und mir.

Journalist Sönke Fröbe kriegt in Rostock viel Gegenwind

Haben Sie eine Vorstellung, was Sie – oder auch Ihre Kollegen – so unbeliebt macht?

Ich weiß es nicht. Ich mache das schon lange und habe immer eine gewisse Distanz gehalten, um möglichst objektiv und unvoreingenommen berichten zu können. Ich jubele nicht auf der Pressetribüne, wenn Hansa ein Tor schießt. Wie ich über die positiven Dinge berichte, berichte ich auch über die negativen. Vielleicht werden Journalisten bei Hansa generell eher als Störenfriede wahrgenommen.

Sönke Fröbe begleitet Hansa Rostock seit vielen Jahren für die „Ostsee-Zeitung“.
Privat.

Sönke Fröbe begleitet Hansa Rostock seit vielen Jahren für die „Ostsee-Zeitung“.

Zum Sportlichen: St. Pauli schwächelt derzeit. Was trauen Sie Hansa in Hamburg zu?

Wenn St. Pauli nicht wirklich gerade in einer großen Krise ist, hängt das vermutlich komplett von ihnen ab. Ich glaube nicht, dass Hansa absteigt, aber die Punkte müssen sie wohl woanders holen. Alles andere als ein St. Pauli-Sieg wäre überraschend.

Das heißt, die beiden Vereine sehen sich nächstes Jahr eher nicht wieder?

Davon ist auszugehen. Trotz der jüngsten Rückschläge glaube ich nicht, dass St. Pauli so kurz vor der Ziellinie noch entscheidend ins Straucheln gerät.

Rostocker Fan-Gewalt ohne Folgen? „Der Tenor ist: Hansa macht alles richtig“ wurde gefunden bei mopo.de

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