Und wie funktioniert jetzt so eine offene Beziehung?

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Einst Sex-Partner, heute Podcast-Duo: Die Hamburger Sarah Lee (36) und Patrick Körting (39) sind Experten beim Thema offene Beziehung. Sie ist Creative-Director, war sieben Jahre in einer offenen Beziehung und weiß, was sie heute anders machen würde. Er ist Audio-Strategieberater und bevorzugt Dates mit seiner Freundin und anderen Paaren. In der MOPO erörtern sie, was es für eine erfolgreiche offene Beziehung braucht, welche Überlegungen man vorab anstellen sollte und wie man Eifersucht meistert.

MOPO: Welches Klischee über offene Beziehungen nervt euch besonders?

Sarah Lee: Wenn Leute denken, offene Beziehungen bedeuten nur, dass du wild durch die Gegend vögelst. Es ist eine Achterbahnfahrt: Manchmal lebst du monogam, manchmal hat nur einer von euch Dates, manchmal beide. Was aber immer Thema ist: Du musst dich permanent mit dir selbst auseinandersetzen.  

Patrick Körting: Eine offene Beziehung ist Persönlichkeitsentwicklung auf Steroiden. Du bist ständig außerhalb deiner Komfortzone, immer mit deinen Ängsten, Sorgen und Mängeln konfrontiert. Es braucht extrem viele absprachen und ein gutes Zeitmanagement. Wenn du einfach drauf los vögelst, ohne Kommunikation, gebe ich deiner Beziehung ein halbes Jahr. Und es wird mit bösen Verletzungen enden.

„Ich konnte sexuelle Seiten ausleben, auf die mein Partner keine Lust hatte“

Das hört sich extrem anstrengend an. Was sind denn Vorteile einer offenen Beziehung?

Sarah: Ich fühle mich frei, lerne viele spannende Menschen kennen und sammele verschiedene Erfahrungen. Ich konnte auch sexuelle Seiten ausleben, auf die mein Partner keine Lust hatte – und umgekehrt. In dieser Zeit habe ich auch Patrick kennengelernt. Es begann als Affäre, mittlerweile sind wir sehr gut befreundet und arbeiten jetzt zusammen an dem Podcast.

Wie seid ihr zur offenen Beziehung gekommen?

Patrick: Als ich meiner ersten langjährigen Freundin erzählte, dass ich auch Lust auf andere Frauen habe, machte sie Schluss. Das hat mich damals getroffen. Ich dachte, ich muss dieses Bedürfnis wohl unterdrücken. Dann habe ich in einem Kinky-Club erlebt, dass eine ganze Community so fühlt wie ich. Das half mir, mich zu akzeptieren.

Sarah: Mein Ex-Freund und ich hatten am Anfang eine monogame Beziehung. Irgendwann meinte er zu mir, er würde sie gerne öffnen. Für mich war das Modell neu. Ich habe aber zugestimmt, da auch ich das enge Korsett monogamer Beziehungen nicht mochte. Die Zeit war aufregend, aber nicht einfach.

Wie war es für dich, als dein Partner das erste Mal eine andere Frau traf?

Sarah: Ich fragte mich: Was hat die, was ich nicht habe? Findet er mich nicht mehr toll? Das hörte erst auf, als ich selbst Dates hatte.

„Ich war eifersüchtig und ängstlich“

Patrick, kennst du diese Stimme der Eifersucht, die Sarah beschreibt?

Patrick: Klar. Meine jetzige Freundin und ich hatten von Anfang an eine offene Beziehung. Über die Zeit hat sich bei mir jedoch etwas verändert: Ich datete nur noch, weil ich das Gefühl hatte, ich müsste unsere offene Beziehung ausleben – nicht weil ich es wirklich wollte. Als ich das realisierte, habe ich mich von allen Dating-Portalen abgemeldet. Es folgte eine Phase, wo sie Dates hatte, ich aber nicht.

Was hat das mit dir gemacht?

Patrick: Je weniger du zu tun hast, desto mehr kommt das Ego durch und findet irgendwelche Probleme. Da sitzt plötzlich ein Teufelchen auf deiner Schulter und flüstert auf dich ein.

Wie unterdrückt man diese Stimme?

Patrick: Gar nicht. Du nimmst sie immer wahr. Wichtig ist nur, ihr keinen Glauben zu schenken. Die Situation sieht so aus: Du hast ein Date, die Stimme ist still. Du sitzt zu Hause, die Stimme ist da. Das heißt, es hängt nur von dir ab, die Stimme ist eine sehr subjektive Empfindung.

Sarah: Mein Ex und ich hatten keine gute Kommunikation. Er hat nicht offen über seine Dates gesprochen. Deshalb war ich eifersüchtig und ängstlich. Ich habe ihm anfangs hinterher spioniert oder gespickt, wenn er einer Frau geschrieben hat. Hätte ich damals meine Bedürfnisse besser kommuniziert und hätte er mich mehr teilhaben lassen, wären wir vielleicht noch zusammen.

Podcast über das Thema offene Beziehung

Was braucht es also, damit eine offene Beziehung funktioniert?

Beide: Kommunikation und Transparenz.

Patrick: In dem Moment, wo man seine Beziehung öffnet, muss man seine Grenzen neu abstecken. Das geht nur, wenn man sich mitteilt. Schlechte Kommunikation sorgt nur für Schmerz. Beim Thema Transparenz ist wichtig: Du bist für deine Gefühle verantwortlich.

Was meinst du damit?

Patrick: Mit einem Konzept von Schuldzuweisung kommt man nirgendwo hin. Gilt fürs ganze Leben, aber speziell in Beziehungen. Das zeigt auch mein Beispiel vorhin: Du bist auf einem Date, dir geht es gut. Du bist zu Hause, dir geht es nicht gut. Woran liegt das? Dein Partner hat sein Verhalten schließlich nicht geändert. Einem muss klar werden: Die Verantwortung liegt bei mir – solange der Partner den abgesprochenen Rahmen nicht verlässt.

Gehen wir davon aus, der Partner bewegt sich im abgesprochenen Rahmen, aber du bist dennoch unglücklich. Was dann?

Patrick: Es gibt zwei Möglichkeiten. Der Partner kommt nach Hause und du sagst: Nene, ist alles gut. Oder du zeigst dich verwundbar – ohne Schuldzuweisung wohlgemerkt. Diese Erkenntnis hat für mich alles verändert. Mir selbst einzugestehen: es geht mir nicht gut, ich wanke. Und das meiner Partnerin gegenüber auszusprechen. Dabei geht es nicht darum, dass sie ihr Verhalten ändert. Es geht nur darum, dass eigene Befinden mitzuteilen, damit der andere dich versteht. Oft hat sich das Thema damit übrigens erledigt.

Monogame Beziehungen geben Sicherheit. Da ist jemand, der hinter einem steht, mit dem man alles teilen kann. Wie ist das bei einer offenen Beziehung?

Patrick: In einer offenen Beziehung ist dein fester Partner ebenfalls die Nummer eins. Das andere sind Dates. Ich finde es mittlerweile übrigens viel spannender, gemeinsam mit meiner Freundin andere Frauen oder Paare zu treffen.

Sarah: Mein Partner war mein zu Hause. Bei ihm konnte ich echt sein, mit all meinen Macken und Verrücktheiten. Ich musste keine Rolle spielen.

Ihr macht jetzt einen Podcast über Sex und Liebe. Warum?

Patrick: Für mich ist die Persönlichkeitsentwicklung am wichtigsten. Veränderung kommt aus dem Inneren heraus und Sexualität ist ein Zugang zur Veränderung, der unfassbar viel Spaß macht. Nur über die eigene Veränderung, das Abbauen eigener Vorurteile, verändert man auch die derzeitige Welt. Und das ist bitter nötig.

Sarah: Und wir wollen Menschen inspirieren. Sie sollen sich mit ihrer Sexualität, ihren Bedürfnissen und ihren Ängsten auseinandersetzen. Egal, in welcher Form von Beziehung sie derzeit sind.

Am 29. April nehmen Sarah Lee (36) und Patrick Körting (39) ihren Podcast „Melting Vanilla“ live im Häkken (Spielbudenplatz 21/22, St. Pauli) auf. Der Eintritt ist frei. Um Anmeldung (z.B. via Instagram) wird gebeten. Die Hosts sprechen mit der Autorin und Speakerin Lisa Opel über das Thema „Seggsuelle Fantasien – und wofür wir sie brauchen“. Einlass ist um 19 Uhr.

Und wie funktioniert jetzt so eine offene Beziehung? wurde gefunden bei mopo.de

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