Von wegen 80 Prozent E-Autos! Das ist aus den Versprechen der Car-Sharer geworden

Von wegen 80 Prozent E-Autos! Das ist aus den Versprechen der Car-Sharer geworden

Strahlende Gesichter im Oktober 2022 über die tolle Nachricht: Bis 2024 sollen 80 Prozent der Hamburger Carsharing-Autos elektrisch durch die Straßen summen! Das vereinbarten damals Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) und Hochbahnchef Henrik Falk mit vier großen Anbietern von Leihwagen. Inzwischen herrscht Katerstimmung, wie aus einer Anfrage der Linken hervorgeht. Die Firmen lassen ihre Kunden weiterhin Verbrenner fahren, während die Stadt ihre versprochenen Bonbons an die Unternehmen trotzdem verteilt. Was ist da los? Die MOPO fragte den größten Carsharer Deutschlands, dessen Hamburger E-Auto-Quote im Januar bei fünf Prozent lag.

Fünf Prozent E-Autos, das meldete Platzhirsch ShareNow am 1. Januar 2024 für seine Hamburger Flotte von derzeit knapp 1100 Fahrzeugen. Das Unternehmen Cambio meldete neun Prozent, Miles 42 Prozent und Sixt kommt mit 71 Prozent immerhin in Sichtweite des Ziels. Einzig der kleine Verein „Dorfstromer“, der die Gebiete Stade und Altona versorgt, bietet namensgerecht alle seine zwölf Fahrzeuge mit Elektromotor an.

Strafen muss keiner der Unternehmenschefs fürchten, die damals neben Senator und Hochbahnchef in die Kameras strahlten. „Bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Strategischen Vereinbarung waren sich alle Beteiligten bewusst, dass die in der Vereinbarung niedergelegten Ziele sehr anspruchsvoll sind“, heißt es kleinlaut in der Senatsantwort. Man wusste also, dass das Vorhaben vielleicht gar nicht in Fahrt käme, aber die Absichtserklärung klang immerhin schön. Konsequenzen wurden jedenfalls „nicht vereinbart“.

Senat zeigt sich verständnisvoll

Der Senat zeigt sich verständnisvoll: Die Förderung für E-Autos sei weggefallen, damit sei der Betrieb von E-Autos für die Unternehmen „wirtschaftlich herausfordernd“, also kaum mehr lohnend. Die Stadt hingegen habe „nahezu alle Verabredungen erfüllt“, wie der Senat betont: Während für Carsharing-Autos mit Verbrennermotor eine Parkpauschale von 1000 Euro im Jahr fällig wird, parken elektrische Mietwagen gratis. Dieses Bonbon für die Unternehmen wurde gerade bis Ende 2026 verlängert. Auch hat die Stadt die versprochenen zusätzlichen 600 Ladepunkte fast vollständig gebaut. Hamburg hat nun 1688 Stromtanksäulen.

Strahlende Gesichter bei der Absichtserklärung im Oktober 2022 (v.l.): Oliver Mackprang (Miles), Slavko Bevanda (Share Now), Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne), Henrik Falk, (Vorstandsvorsitzender Hamburger Hochbahn AG), Tobias Friedrich, (WeShare) und Nico Gabriel (Sixt)
dpa/Georg Wendt

Strahlende Gesichter bei der Absichtserklärung im Oktober 2022 (v.l.): Oliver Mackprang (Miles), Slavko Bevanda (Share Now), Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne), Henrik Falk, (Vorstandsvorsitzender Hamburger Hochbahn AG), Tobias Friedrich (WeShare) und Nico Gabriel (Sixt)

Wie aber kommt es zu dem beklagenswert niedrigen E-Auto-Anteil bei der großen Hamburger ShareNow-Flotte? Zum Jahresbeginn seien viele Leasingverträge ausgelaufen, erklärt Patrick Tünkers, Sprecher für die Dachregion Deutschland, Österreich und Schweiz auf MOPO-Nachfrage: „Es gibt einen Engpass bei kleinen E-Fahrzeugen auf dem Markt. Darum gab es diesen Tiefpunkt.“ Bis Juni 2024, so das Versprechen, sollen 650 neue E-Fiat500 für ShareNow durch Hamburg fahren: „Dann wären wir bei 50 bis 60 Prozent.“ So viel wie in keiner anderen deutschen Stadt, aber im internationalen Vergleich immer noch wenig: In Paris, Amsterdam und Mailand hat ShareNow von Anfang an 100 Prozent E-Autos angeboten.

Carsharer wünschen sich weitere Vergünstigungen

Derzeit sei man mit der Stadt im Gespräch, erklärt Tünkers, es gehe in den Verhandlungen auch um weitere Erleichterungen: „So könne die Stadt sich etwa dafür einsetzen, dass wir keine Blockiergebühr an Ladestationen zahlen müssen.“ Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Lange mussten die Unternehmen im Gegensatz zu Privatleuten kaum damit rechnen, in Hamburg abgeschleppt zu werden, wenn sie einen Ladepunkt tagelang blockieren.

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Heike Sudmann, verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion, ist ernüchtert: „Wieder einmal zeigt sich, dass euphorisch gefeierte Vereinbarungen nicht das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben wurden. Schöne Worte ohne Konsequenzen. Der Senat belohnt die Carsharing-Unternehmen noch, denn sie werden weiterhin von der Parkpauschale befreit und dürfen zeitlich unbeschränkt an den hvv-switch-Ladepunkten stehen.“ Ihre Forderung: „Diese Vergünstigungen müssen drastisch reduziert oder gestrichen werden, solange der Elektroauto-Anteil so gering ist.“

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