„Wäre gelogen“: HSV-Profi Raab ganz offen über Torwart-Wechsel und Heuer Fernandes

„Wäre gelogen“: HSV-Profi Raab ganz offen über Torwart-Wechsel und Heuer Fernandes

Matheo Raab hat die Länderspielpause bestens genutzt. Um abzuschalten natürlich, nach für ihn persönlich turbulenten Wochen. Aber auch dafür, um in seiner Heimat einen Fan-Klub zu besuchen, der ihm die Besonderheit des HSV vor Augen geführt hat. Es ist der Verein, bei dem der 25-Jährige vor sieben Wochen plötzlich zur Nummer 1 wurde. Der MOPO hat der Keeper nun verraten, warum ihn der Torwart-Wechsel auch überrascht hat. Außerdem spricht Raab über die Situation von Daniel Heuer Fernandes, über Kindheitsträume und über Zukunftsgedanken.

MOPO: Herr Raab, als Sie im Sommer 2022 vor Ihrem ersten HSV-Spiel standen, haben Sie Ihre Nervosität heruntergespielt und der MOPO gesagt: „Am Ende zählt nur die Leistung.“ Ist Ihre Leistung aktuell so gut wie noch nie?

Matheo Raab (25): Es ist schwierig, meinen Stand von heute mit dem von vor einem oder zwei Jahren zu vergleichen. Aber ich fühle mich von meinen Leistungen her jetzt am wohlsten und am besten.

Ihr Trainer Steffen Baumgart hat erkannt, dass Sie der Mannschaft Sicherheit geben. Gibt es ein größeres Lob für einen Torhüter?

Nein, da gibt es nicht viel mehr. Denn das heißt auch, dass ein Keeper ab und zu mal einen hält (lacht). Von daher ist das Lob ein sehr großes.

Auch Raab war überrascht von Torwart-Wechsel beim HSV

Vor sieben Wochen hat Ex-Trainer Tim Walter den Torwart-Wechsel vorgenommen, plötzlich waren Sie gefragt. Kam dieser Schritt für Sie im Rückblick überraschend?

Ja, schon ein Stück weit, denn einen Torwart wechselt man nicht jede Woche. Wenn ich sage, dass ich nicht komplett überrascht war, wäre das gelogen. Es waren insgesamt ereignisreichere Wochen.

Ihr Kollege Daniel Heuer Fernandes hatte nicht die Form aus der Vorsaison. Gab es Momente, in denen Sie dachten: „Jetzt bin ich an der Reihe. Ich habe es mir verdient“?

Nein. Am Ende sitzen wir alle im selben Boot, denn alle wollen das große Ziel erreichen. Dann muss man unabhängig von der Position sein Ego zurückstellen können, auch als Torwart. Man muss den anderen Keeper pushen. So war es, als ich noch nicht gespielt habe – und so ist es auch jetzt der Fall. Ich bin niemand, der jemand anderem etwas Schlechtes wünscht.

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Nach Ihrem ersten Startelf-Einsatz in der Liga in dieser Saison gegen Hannover musste Tim Walter gehen. Haben Sie befürchtet, dass Sie wieder auf die Bank müssen?

Wenn ein neuer Trainer kommt, bringt er meistens andere Ansichten mit. Dann sind die Rollen nicht in Stein gemeißelt. Ich hatte keine Angst, meinen Platz wieder zu verlieren – weil ich knapp eineinhalb Jahre dafür gekämpft habe, ihn zu gewinnen. Im Fußball entscheidet am Ende immer die Leistung, denn so ist Profisport.

HSV-Torhüter Matheo Raab musste sich in Geduld üben

Sie kamen 2022 mit 23 Jahren zum HSV. Nimmt man sich als junger Torwart vor, bis zum bestimmten Tag X die Nummer 1 werden zu wollen?

Es ist schwierig, den einen Zeitpunkt festzumachen. Wenn eine gewisse Zeit vergangen ist und man es nicht geschafft hat, vorbeizukommen, muss man sich irgendwann die Frage stellen: Gehe ich irgendwo hin, wo ich spielen kann? Aber wegen solcher Gedanken bin ich nicht zum HSV gewechselt. Gerade auf der Torhüter-Position ist Geduld gefragt. Ich war überzeugt, dass der Tag irgendwann kommt. Es fällt schwer, immer ruhig zu bleiben, aber es kann sich auszahlen.

Es ist viel Konjunktiv, aber: Wie lange wären Sie noch die Nummer 2 geblieben, ehe Sie gesagt hätten: Ich habe hier zwar viel gelernt, brauche jetzt aber eine Veränderung, um meine Entwicklung nicht zu gefährden.

Im Fußball kann man nichts voraussehen. Es ist ein Tagesgeschäft, man muss die Situation so nehmen, wie sie ist. Ich habe 2022 für vier Jahre beim HSV unterschrieben – mit einem klaren Plan und Zielen.

Rollen-Wechsel: Die neue Nummer 1, Matheo Raab (r.), ist in der internen Hierarchie an Daniel Heuer Fernandes vorbeigezogen.
IMAGO/Steinbrenner

Rollen-Wechsel: Die neue Nummer 1, Matheo Raab (r.), ist in der internen Hierarchie an Daniel Heuer Fernandes vorbeigezogen.

Kann man von Normalität sprechen, wenn man als 25-Jähriger einen langjährigen Stammtorwart verdrängt und nun die Nummer 1 des HSV ist?

Das ist auf gar keinen Fall Normalität. Wenn man hintendran ist und darum kämpft, die Nummer 1 zu werden, denkt man: Da steckt noch so viel harte Arbeit drin, wann kommt der Tag endlich? Am Ende kann es schnell passieren, aber es erfordert viel Geduld. Jetzt zählt es, Spiel für Spiel Leistung zu bringen und es eben nicht als normal anzusehen. Unser Job ist alles andere als normal – und das sollte man auch so wertschätzen. Gerade bei einem Verein wie dem HSV.

Für Matheo Raab erfüllt sich beim HSV ein Kindheitstraum

Ist es für Sie ein Kindheitswunsch, der sich jetzt erfüllt hat?

Auf jeden Fall. Als kleiner Bub stellt man sich den Traum, Profi-Fußballer zu sein, anders vor, als er wirklich ist. Aber es ist definitiv ein Traum, der für mich beim HSV in Erfüllung gegangen ist.

Etwa 600 Kilometer von Hamburg und dem HSV entfernt, haben Sie am letzten Wochenende in Ihrer Heimat in Hessen einen Fan-Klub besucht.

Es war mein erster Fan-Klub-Besuch und ich war schon ein bisschen aufgeregt (lacht). Aber ich habe es genossen. Es waren 60, 70 Leute da. Der Präsident ist 70 Jahre alt, ist seit 1964 Dauerkarten-Inhaber und hat die HSV-Raute am Ohr tätowiert. Dass der Support aus ganz Deutschland und teilweise auch aus dem Ausland kommt, zeigt, wie besonders der HSV ist.

Matheo Raab besuchte in der Länderspielpause den HSV-Fanklub „Rautenperle Mittelhessen“.
HSV

Matheo Raab besuchte in der Länderspielpause den HSV-Fanklub „Rautenperle Mittelhessen“.

Während Sie Ihren Traum leben, ist die Situation für Daniel Heuer Fernandes neu. Sie kennen ihn sehr gut. Hat er mit seiner Rolle zu kämpfen?

Für jeden Sportler ist es nicht leicht, einen Rückschlag wegzustecken. Aber in den eineinhalb Jahren zuvor habe ich in der Situation des zweiten Torwarts gesteckt und das Team unterstützt. Jetzt ist es genauso, nur andersherum. In dieser entscheidenden Saisonphase geht es nur zusammen, nur so können wir unsere Ziele erreichen.

Ex-HSV-Trainer Tim Walter hat Raab stets gefördert

Steffen Baumgart hat andere Vorstellungen als Tim Walter. Sind Sie lieber der klassische Torwart als der, der im Aufbauspiel die Rolle des „Spielmachers“ einnimmt?

Die eineinhalb Jahre mit Tim haben mich brutal gefördert. Man hat Dinge gemacht, die ich als Torwart vorher noch nie gemacht habe. In Kombination mit dem jetzigen Spiel hilft mir das sehr. Man hat eine komplette Ruhe am Ball, da sind wir auch weiterhin gefragt. Aber wir konzentrieren uns jetzt wieder ein bisschen mehr aufs Bälle halten.

Nationalkeeper Manuel Neuer hat das moderne Torhüter-Spiel geprägt. Sie sagten der MOPO im Juli 2022 auch, dass es Ihr Traum sei, mal gegen ihn zu spielen. Wird es nächste Saison so weit sein?

Das ist unser großes Ziel und ich bin davon überzeugt, dass wir es schaffen können. Der Trainer fordert ein gradliniges Spiel von uns, jeder soll seine Stärken einbringen. Das hilft uns in der aktuellen Phase und ich habe ein gutes Gefühl, dass uns das auch zum Aufstieg verhelfen kann. Und dann spielen wir nächstes Jahr unter anderem auch gegen Manuel Neuer (lacht).

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