Warum das Verbrennen des Korans in Hamburg plötzlich verboten ist

Warum das Verbrennen des Korans in Hamburg plötzlich verboten ist

Zwei Männer (72 und 28) und eine Frau (34) haben am 6. August 2022 bei einer Protestveranstaltung vor dem vom Iran gesteuerten Islamischen Zentrum Hamburg (IZH), der Blauen Moschee, einige Seiten aus einem Koran gerissen und angezündet. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Hamburg Strafbefehle gegen das Trio erlassen. Der Vorwurf: „gemeinschaftliche Beschimpfung von Glaubensbekenntnissen“. Dass der „Blasphemie-Paragraf“ zum Einsatz kommt, ist ein höchst ungewöhnlicher Vorgang – er wird seit Jahren als überflüssig kritisiert.

Einer der Männer stammt aus Afghanistan, der andere Mann sowie die Frau aus dem Iran, jenem Land, in dem wenige Wochen später beispiellose Proteste gegen die Mullahs losbrachen. An der Koran-Verbrennung an der Alster waren neben Exil-Iranern auch Pride-Demonstranten beteiligt, Fotos von der Aktion zeigen Regenbogenfahnen. Das IZH in der Blauen Moschee wird vom Verfassungsschutz als extremistisch und als wichtiger Außenposten des Irans in Europa eingestuft.

Die Staatsanwaltschaft hat 18 Monate nach dem Anzünden der Koranseiten Strafbefehle zwischen 60 und 90 Tagessätzen beantragt. Mehrere Privatpersonen und der Schura-Rat der islamischen Gemeinschaften Hamburg hatten Strafanzeigen gestellt. Ein Einzelfall: „Der Pressestelle sind entsprechende Verfahren, die sich auf die Verbrennung von Koranseiten beziehen, bislang nicht bekannt geworden“, erklärt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Liddy Oechtering.

Selten angewandt: Der „Blasphemie-Paragraf“

Die Ankläger berufen sich auf den selten angewandten Paragraf 166 des Strafgesetzbuches (StGB). Der „Blasphemie-Paragraf“ stellt aber nicht die Gotteslästerung an sich unter Strafe. Die Verspottung des Glaubens fällt grundsätzlich unter Meinungsfreiheit, bei Satire (etwa bei den Mohammed-Karikaturen) auch noch unter Kunstfreiheit.

Bestraft werden können allerdings Beschimpfungen, die „geeignet sind, den öffentlichen Frieden zu stören“ – darauf stehen Geldstrafen oder bis zu drei Jahren Haft. Über die drei Strafbefehle hat das Amtsgericht Hamburg noch nicht entschieden.

November 2023: Einsatzkräfte der Polizei stehen während einer Razzia beim Islamischen Zentrum Hamburg IZH vor der Imam Ali Moschee (Blaue Moschee) an der Außenalster.
dpa / Daniel Bockwoldt

November 2023: Einsatzkräfte der Polizei stehen während einer Razzia beim Islamischen Zentrum Hamburg IZH vor der Imam-Ali-Moschee (Blaue Moschee) an der Außenalster.

Der Paragraf zur Gotteslästerung ist seit Jahren umstritten. „Gläubige brauchen keinen anderen strafrechtlichen Schutz als andere soziale Gruppen“, sagen etwa Grüne und die FDP. Befürworter argumentieren, dass er ja keine Religion, sondern den öffentlichen Frieden schützen soll.

Fest steht: Deutschland ist eines der wenigen Länder in Europa, in deren Strafgesetzbuch die „Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen“ überhaupt noch auftaucht.

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Die Koran-Verbrennung im fernen Hamburg ließ beim Regime in Teheran damals die Turbane hochfliegen, die Mullahs beorderten den stellvertretenden Botschafter ein und forderten Konsequenzen für die frechen Ungläubigen. Gleichzeitig formierte sich eine Online-Petition, die forderte, das Verbrennen des Korans ausdrücklich unter Strafe zu stellen. Der Bundestag befasste sich damit, verwies aber auf den Paragrafen 166 StGB, der reiche aus.

Dänemark hingegen hat das Verbrennen, Zerreißen und Zerstechen religiöser Schriften vor einigen Monaten unter Strafe gestellt, Schweden debattiert noch. In beiden Ländern herrscht wegen wiederholter öffentlicher Koranverbrennungen eine hohe Terrorgefahr.

Warum das Verbrennen des Korans in Hamburg plötzlich verboten ist wurde gefunden bei mopo.de

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