Weltsicherheitsrat fordert Waffenruhe im Gazastreifen

Weltsicherheitsrat fordert Waffenruhe im Gazastreifen

Monatelang war der Weltsicherheitsrat in der Frage einer Waffenruhe im Gaza-Krieg gespalten. Doch nun wechseln die USA ihren Kurs. – Netanjahu reagiert wie angekündigt. Die Ereignisse im Überblick. Fast sechs Monate nach Kriegsbeginn hat der Weltsicherheitsrat erstmals eine “sofortige Waffenruhe” im Gazastreifen gefordert. Zudem verlangt das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen die umgehende und bedingungslose Freilassung aller von der islamistischen Hamas festgehaltenen Geiseln. Die Vetomacht USA enthielt sich bei der Abstimmung und ermöglichte damit die Annahme der Resolution. Die 14 übrigen Mitglieder des Gremiums stimmten dafür. Durch den völkerrechtlich bindenden Beschluss steigt der internationale Druck auf die Konfliktparteien Israel und die Hamas weiter. Es ist jedoch fraglich, ob oder inwieweit die Resolution Einfluss auf Entscheidungen der israelischen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu oder der Hamas zum weiteren Kriegsverlauf haben wird. Bemühungen um eine Forderung des Weltsicherheitsrats nach einer Waffenruhe waren bislang vor allem am Widerstand der Vetomacht USA gescheitert. Seit Kriegsbeginn im Oktober vergangenen Jahres hatte Washington sich als engster Verbündeter Israels gegen eine Waffenruhe gewandt und drei Vetos gegen entsprechende Resolutionen eingesetzt. Allenfalls forderten US-Vertreter kürzere “Feuerpausen”. Der nun angenommene knappe Resolutionstext konzentriert sich auf die Forderung nach “einer von allen Seiten respektierten sofortigen Waffenruhe für den (islamischen Fastenmonat) Ramadan”. Dies solle zu einer “dauerhaften und nachhaltigen Waffenruhe” führen, hieß es in dem Text. Zudem fordert die Beschlussvorlage die sofortige und bedingungslose Freilassung aller Geiseln und betonte die “große Sorge angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen”. Die Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung müssten ausgebaut werden. Die Resolution war von nichtständigen Mitgliedern des UN-Gremiums eingebracht worden. Eine erste geplante Abstimmung am Samstag dazu war kurzfristig verschoben worden, um mehr Zeit für Verhandlungen zu gewinnen. Ein Diplomat erklärte vorab, insbesondere mit den USA sei intensiv verhandelt worden. Eine Resolution im Weltsicherheitsrat braucht die Stimmen von mindestens 9 der 15 Mitgliedsstaaten. Zudem darf es kein Veto der ständigen Mitglieder USA, Russland , China , Frankreich oder Großbritannien geben. Beschlüsse des Sicherheitsrats sind völkerrechtlich bindend. Wenn ein betroffener Staat sie ignoriert, kann das Gremium Sanktionen verhängen – was im Falle Israels wegen der Vetomacht der USA nicht als wahrscheinlich gesehen wird. Israelische Delegation reist nicht in die USA Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die geplante Reise von einer israelischen Delegation in die USA abgesagt. Das teilte das Amt des Regierungschefs in Jerusalem mit. Es ist eine Reaktion auf die Stimmenthaltung der USA bei einer Resolution des UN-Weltsicherheitsrates, die erstmals eine Waffenruhe im Gazastreifen fordert. Der Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, und der nationale Sicherheitsberater Zachi Hanegbi hätten in die USA fliegen sollen, um sich mit hochrangigen Regierungsvertretern zu treffen. Diese hätten den israelischen Gästen Alternativen zu einer von Israel geplanten, von den USA und anderen Verbündeten abgelehnten Bodenoffensive in der südlichen Gaza-Stadt Rafah vorlegen wollen. Weiteres Thema der Gespräche wären die Vorschläge Washingtons für eine Ausweitung der humanitären Hilfe für die Not leidende Bevölkerung im Gazastreifen gewesen. Die Absage der USA-Reise von Dermer und Hangebi, zweier Vertrauter des Regierungschefs, markiert einen weiteren Tiefpunkt im Verhältnis Israels zu seinem wichtigsten Verbündeten. Die Beziehungen zu den USA sind angespannt, weil Washington mit der Kriegsführung Israels im Gazastreifen zunehmend nicht einverstanden ist. Streitpunkt ist unter anderem die humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung, die aus Sicht der USA und internationaler Organisationen nur unzureichend erfolgt. Der Sprecher des nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, zeigte sich enttäuscht über die Reiseabsage der israelischen Regierungsvertreter. Das bedeute aber nicht, “dass wir keine Möglichkeit mehr haben, mit ihnen zu sprechen und Gespräche zu führen”, fügte er hinzu. Bericht: Israel droht endloser Guerilla-Krieg Israels Armee droht derweil mangels einer ersichtlichen Strategie von der Hamas in einen endlosen Guerilla-Krieg verwickelt zu werden, wie das “Wall Street Journal” schreibt. Die israelischen Streitkräfte kämpften an immer mehr Orten im Gazastreifen, die sie eigentlich zuvor eingenommen und aus denen sie sich zurückgezogen hätten, berichtete die US-Zeitung. Dies zeige, wie sehr Israel darum kämpfe, die Hamas auszuschalten und das palästinensische Küstengebiet unter seine Kontrolle zu bringen. Die israelische Armee hatte nach eigenen Angaben am Sonntag einen neuen Militäreinsatz in Chan Junis im Süden des Gazastreifens begonnen. Bei einem weiteren Einsatz im Schifa-Krankenhaus in der Stadt Gaza im Norden wurde demnach ein israelischer Soldat getötet. Die Armee war an diesen Orten bereits in den vergangenen Monaten in Gefechte verwickelt und hatte erklärt, die Hamas-Verbände in diesen Gebieten seien besiegt und aufgelöst worden. Auch US-Außenminister Antony Blinken warnte Israel einem Medienbericht zufolge davor, den Krieg ohne ersichtliche Strategie fortzuführen. Israel brauche einen schlüssigen Plan, ansonsten verheddere es sich in einem Aufstand, den es nicht in den Griff bekommen werde, habe Blinken vergangene Woche bei einem Treffen mit Netanjahu und dessen Kriegskabinett gesagt, berichtete das Nachrichtenportal “Axios”. Verlaufe der Krieg weiter wie bisher, würde die Hamas die Kontrolle im Gazastreifen behalten oder es würde Anarchie ausbrechen, die noch mehr Terror zur Folge hätte. Netanjahu habe geantwortet, dass “wir auf Jahrzehnte alle Hände voll zu tun haben werden”, berichtete das Nachrichtenportal. UNRWA meldet: Zu wenig Hilfe für Menschen in Gaza Ungeachtet eindringlicher Warnungen vor einer Hungersnot im Gazastreifen kommen nach Angaben der Vereinten Nationen nicht mehr Hilfslieferungen in den umkämpften Küstenstreifen. Das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA teilte mit, dass in diesem Monat – bis einschließlich 23. März – täglich durchschnittlich 157 Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen gefahren seien. “Dies ist immer noch weit unter den operativen Fähigkeiten beider Grenzübergänge und dem Ziel von 500 am Tag”, hieß es in der Mitteilung der Organisation, gegen die Israel zuletzt Terror-Vorwürfe erhoben hatte. Israelische Behörden erlaubten keine dringend notwendigen Lieferungen von Lebensmitteln in den Norden des Gazastreifens. Entsprechende Anfragen von UNRWA seien allesamt zurückgewiesen worden. Hilfsorganisationen haben mehrfach gewarnt, der Hunger im Gazastreifen habe katastrophale Ausmaße erreicht. Israel erlaubt es nach Darstellung des Chefs von UNRWA nicht mehr, dass das Hilfswerk humanitäre Konvois in den Norden des Gazastreifens schickt. UNRWA werde daran gehindert, lebensrettende Hilfe nach Nord-Gaza zu bringen, schrieb Philippe Lazzarini auf der Plattform X, vormals Twitter. Guterres plädiert für Zweistaatenlösung UN-Generalsekretär António Guterres hat sich erneut für eine Zweistaatenlösung im Nahostkonflikt ausgesprochen. “Israelis müssen ihre legitimen Sicherheitsbedürfnisse verwirklicht sehen und Palästinenser müssen ihre legitimen Bestrebungen nach einem komplett unabhängigen, existenzfähigen und souveränen Staat realisiert sehen”, sagte er in Jordaniens Hauptstadt Amman. Nur so könne der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern dauerhaft beendet werden. Angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen forderte Guterres die israelische Regierung auf, mehr Grenzübergänge für Hilfslieferungen zu öffnen. “Aber wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen. Bei einem so blutigen Krieg wie diesem wird es keine nachhaltige humanitäre Lösung geben”, so Guterres bei einem Treffen mit Jordaniens Außenminister Aiman al-Safadi. Dafür brauche es eine humanitäre Waffenpause. Er räumte ein, dass nichts die “abscheulichen Anschläge vom 7. Oktober und die Geiselnahmen der Hamas rechtfertigt”. Er sagte zugleich: “Nichts rechtfertigt die kollektive Bestrafung des palästinensischen Volkes.”

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