Bis zur Donau und zurück

Bis zur Donau und zurück

Der Frühling hat längst Einzug gehalten ins Banat und die sommerlichen Temperaturen haben alles grünen und sprießen lassen. Wochenendausflüge lassen den Alltagstrott und das Beton- und Asphaltgrau, ja den Touristen-, Fahrzeug- und Bummlertumult der Stadt vergessen, vor allem wenn sich Geschichte, Kultur, Legenden und Naturschönheiten miteinander verbinden lassen. Und so setzt man sich ins Auto und fährt am Samstagmorgen früh los Richtung Süden, um zur Donau und zu den Dörfern entlang der serbischen Grenze zu gelangen. 

Der erste Halt sei in Orawitza empfohlen, um das älteste Theater auf rumänischem Boden (Baujahr 1817) zu sehen, wunderschöne barocke Herrenhäuser mit ihren sympathischen Kibitz-Fenstern zu entdecken und vielleicht sogar etwas vom Weg abkommen, um bis nach Deutsch-Tschiklowa zur Gnadenkapelle Maria-Fels hinaufzufahren. Der Nationalstraße 57 sollte man nur noch bis Naidăș folgen, um dann entlang der Grenze zu Serbien den Eintritt der Donau in Rumänien im Naturschutzgebiet Balta Nera zu entdecken.

Klöster und Kirchen an der serbischen Grenze

Die Reise führt durch pittoreske Dörfer, in denen die Menschen noch ihre alten Traditionen und Bräuche leben. Die malerischen und lebendigen Siedlungen verzaubern durch ihre einfache und authentische Schönheit. Zunächst wäre da Zlatița mit seinen zwei Klöstern und zwei Kirchen. Das Kloster Zlati]a ist serbisch-orthodox, das Kloster Cusici wurde von der Rumänisch-Orthodoxen Kirche errichtet. Das erstere soll aus dem 13. Jahrhundert stammen, belegt ist in einem Dokument von 1775 das Jahr 1496 für die Gründung der Klostergemeinschaften in Basiasch/Baziaș, Cusici und Zlatița. Neben der orthodoxen gibt es auch eine römisch-katholische Kirche im Ort, die in der Zwischenkriegszeit von den tschechischen Bewohnern errichtet wurde und dem Heiligen Vaclav/Wenzel geweiht ist.

Die gastfreundlichen Menschen, die sich freuen, Reisende zu sehen, empfangen einen mit offenen Armen und erzählen gerne von der Geschichte und Kultur der Region. Mit besonderen Holzschnitzereien wartet die serbisch-orthodoxe Kirche im nächsten Dorf, Câmpia auf, bei der man wörtlich auf Grabsteine tritt, um sie zu betreten.

Seit 1811 steht die serbisch-orthodoxe Kirche in Socol und überrascht durch ihre Architektur: Von außen erscheint sie wie ein Kirchenschiff, innen hat sie die Form eines Kreuzes; der Altarraum ist gewölbt und hat einen einfachen Glockenturm. Die Ikonostase wurde zwischen 1842-1843 angefertigt und wurde von Arsenije Petrovic gemalt. Wer genug von Dorf und Kirchen hat, der freut sich auf die nächste Station: das Balta Nera-Donau-Schutzgebiet. 

Auf den zehn Hektar weist das Naturschutzgebiet verschiedene Arten von Lebensräumen auf: stehende Gewässer, Seen mit einem hohen Gehalt an im Wasser gelösten Mineralien, mit Schilf und Röhricht bewachsene Flächen und Gewässer mit üppiger Vegetation. Dies bietet mehreren Vogelarten, Säugetieren, Amphibien, Reptilien und Fischen Nahrung und Lebensbedingungen.

Die glorreiche Vergangenheit Basiaschs

Folgt man nun der Donau, kommt man in Basiasch an, wo es noch vor 100 Jahren drei besondere Sehenswürdigkeiten gab: das Kloster Sava, das Hotel Bauer und den alten Bahnhof. Die Geschichte des Hotels Bauer beginnt im Jahr 1860, als das Zollamt in der Stadt eingerichtet wurde. Es wurde als ein imposantes Gebäude beschrieben, das Reisenden, die auf Kreuzfahrtschiffe oder Züge warteten, Unterkunft bot. Das Hotel war das erste Kasino in Rumänien. Der erste Leiter war Josef Brandstetter, auch Eigentümer des Hotels.

Die Ruinen, die heute noch übrig geblieben sind, verraten kaum, welch prächtige Zeiten diese Gemäuer überdauert und welchen Persönlichkeiten sie Schutz und Unterkunft geboten haben: Hier soll der später zu krönende König Karl I. seine erste Nacht auf rumänischem Boden verbracht haben. Inkognito sei er in Anbetracht des historischen Kontextes (Österreichisch-Preußischer Krieg 1866) mit dem Zug zweiter Klasse nach Basiasch gereist. Am 6. Mai 1866 soll der Prinz seinen Fuß auf rumänischen Boden gesetzt haben. Da das nächste Schiff ins Fürstentum erst zwei Tage später eintraf, musste er zwei Nächte im Hotel Bauer ausharren. Doch auch weitere gekrönte Häupter, wie der österreichische Kaiser Josef II., der österreich-ungarische Kaiser Franz Joseph und seine Gattin Elisabeth (Sissi) sowie der deutsche Kaiser Wilhelm II. von Hohenzollern sind dort untergekommen. Auch Hans Christian Andersen soll hier auf seiner Reise nach Wien genächtigt haben, wie auch 1868 Mihai Eminescu mit der Mihail-Pascaly-Theatertruppe, die nach einer Vorstellung in Orawitza mit dem Zug nach Basiasch gefahren sind und am nächsten Tag mit dem Schiff nach Orschowa gelangten. Apropos Zug: die Bahnhöfe in Orawitza und Basiasch sollen ebenfalls die ersten auf rumänischem Boden sein, zumal sie zwischen 1848 und 1854 von der Österreichischen Eisenbahngesellschaft nach Plänen und Studien unter der Leitung von Ingenieur Karl Bach errichtet wurden. Die 62,5 Kilometer lange Strecke Orawitza – Basiasch wurde am 20. August 1854 eingeweiht und war ursprünglich für den Kohletransport bestimmt. Mit dieser Strecke belegte Rumänien den 17. Platz in Europa in der Rangliste der Länder mit Eisenbahnen. Dreizehn in Wien hergestellte Lokomotiven des Systems Engerth wurden für die Strecke beschafft. Nach umfangreichen Konsolidierungsarbeiten wurde die Strecke am 12. Januar 1855 von der k.k. privilegierten Österreichisch-ungarischen Staatseisenbahn-Gesellschaft (StEG)  übernommen und am 1. November 1856 für den Personenverkehr freigegeben. Knapp 100 Jahre später, am 15. Januar 1950 wurde der Bahnhof geschlossen.

Doch richtig atemberaubend ist bei diesem Ausflug die Landschaft, die sich von der Ebene über Hügel hinunter zur gemächlich dahinfließenden weiten Donau bei Basiasch erstreckt, wo der Strom anfängt, rumänisches Ufer zu streifen, bis hin zu den brodelnden Kesseln, die der Donau bei Orschowa mit der breiten Bucht eine Verschaufpause gönnen.

Die Donaukessel

Die steilen, hoch aufragenden und beeindruckenden Felsen ragen über einem empor, während die geschichtsträchtige und sagenumwobene Donau träge stetig dahinfließt und so manches Geheimnis in ihren Tiefen verschlungen hält. 

Es ist unmöglich, die Donaukessel zu besichtigen, ohne den Tribut der Aufmerksamkeit und eines Fotos dem bekanntesten König der Daker zu zollen: Decebal. Majestätisch ragt auf einem hohen Felsvorsprung das Basrelief mit dem Gesicht des letzten Königs der Daker, Decebal, als Symbol für den Freiheitskampf aus einer kleinen Bucht hervor, ein Decebal mit buschigem Bart und strengem Blick, ein Zeichen seiner Entschlossenheit und Macht.

Eine Bootsfahrt in die kleinen und großen Kessel lohnt sich, egal bei welchem Wetter, denn nur so erlebt man die Mraconia-Schlucht, wo sich das Wasser verengt und aufgewühlt wird und ein einzigartiges Schauspiel bietet. Zu den üblichen Routen gehört der kurze Einblick in die Ponicova-Höhle, mit Stalaktiten und Stalagmiten, die die Fantasie rund um Räuber- und Piratengeschichten aufblühen lässt, oder die Veterani-Grotte. Und so verbindet die Donau schon auf ihren ersten Kilometern entlang Rumäniens Zeugnisse von Geschichte und einen Naturschatz, den es zu bewundern und zu schützen gilt, um ihn an künftige Generationen weiterzugeben.

Ferienhäuschen auf der Donau

Wenn man sich schon keine Nacht darin gönnt, sollte man ihn zumindest mal angeschaut haben: Der Egreta-Komplex in Berzasca ist das erste Wasserressort in Rumänien (2017 eröffnet), bei dem die Unterkunft direkt auf dem Fluss möglich ist, denn die Ferienbungalows stehen auf Pfeilern über dem reißenden Strom. Bis zu vier Personen können in einem der 15 Holzhäuschen übernachten und genießen dabei den Komfort eines richtigen Hotelzimmers, mit direktem Blick auf die Donau. Das Ressort bietet sich bei mehreren Urlaubstagen auch als Ausgangspunkt an, um die Ruinen der Drencova Festung aus dem 14. Jahrhundert oder die serbische Kirche in Liubcova, die im 17. Jahrhundert erbaut wurde, zu besuchen, oder das malerische tschechische Dorf Eibenthal, oder eine Wanderung in die Almascher Berge entlang verschiedener gekennzeichneter Routen zu unternehmen. 

Für den Tages- oder Wochenendausflügler heißt es nun,  den Heimweg anzutreten, der Donau noch bis Orschowa zu folgen und ab dort über die Nationalstraße 6 sich bei Sonnenuntergang zwar auch etwas blenden zu lassen, aber noch einen Blick auf die herrliche Landschaft des Tschernatals zu werfen, bis  bei Karansebesch die Banater Ebene beginnt. 

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