Diebe, Betrunkene und Nervensägen: Der Kampf um mehr Sicherheit am Hauptbahnhof

Diebe, Betrunkene und Nervensägen: Der Kampf um mehr Sicherheit am Hauptbahnhof

Es ist relativ ruhig und überraschend sauber. Morgens bei Sonnenschein ist der Hamburger Hauptbahnhof eben nur halb so schlimm, könnte man denken. Oder hat sich mit der Einführung des Alkoholverbots Anfang April doch etwas geändert am gefährlichsten Bahnhof Deutschlands? Die MOPO hat sich vor Ort bei denen umgehört, die es wissen müssen: Einiges ist anders, sagen sie. Doch nicht alle sind zufrieden.

„Alkohol verboten“ steht über der durchgestrichenen Flasche auf einem der großen gelben Schilder, die man jetzt überall am Hauptbahnhof sieht. Direkt darunter: ein betrunkener Mann mit geöffneter Bierdose in der Hand. Er steht neben dem Blumenladen am Steintordamm/Ecke Kirchenallee.

Die Sicherheitskräfte haben den Mann in der roten Jacke wegen seines Alkoholkonsums am Hauptbahnhof ermahnt.
Marius Röer

Die Sicherheitskräfte haben den Mann in der roten Jacke wegen seines Alkoholkonsums am Hauptbahnhof ermahnt.

Die Sicherheitskräfte lassen nicht lange auf sich warten. Nach kurzer Diskussion nehmen sie ihm die Dose ab. „Mein Pfand! Mein Pfand!“, schreit der Mann und schickt noch einige Beleidigungen hinterher. Die Beamten geben ihm die leere Dose zurück. Er geht. Allerdings nicht, ohne die letzten Biertropfen aus der Dose demonstrativ in Richtung der Sicherheitskräfte zu schütten.

Die vier Beamten gehören zu einer der sogenannten Quattro-Streifen. Bundes- und Landespolizei, die Hochbahn-Wache und die DB-Sicherheit sind seit einem Jahr rund 90 Stunden die Woche gemeinsam im Einsatz, um den Bahnhof sicherer zu machen. Seit dem 2. April sind sie auch dafür verantwortlich, das Alkoholverbot durchzusetzen.

Sicherheitsoffensive: Verbesserung oder Verdrängung der Probleme?

Ein älterer Herr, der sich am Hauptbahnhof ehrenamtlich engagiert und anonym bleiben möchte, sagt: „Zeitweise war es hier wirklich schwierig, wenn an jeder Ecke Gruppen standen und getrunken haben.“ Seit es die Quattro-Streifen gibt, habe sich die Lage nach und nach verbessert. Letztendlich sei es aber einfach eine Verdrängung. „Die Leute können sich ja nicht in Luft auflösen. Die landen dann halt in St. Georg oder Altona.“

Auch die Deutsche Bahn bemerkt erste Veränderungen. Es sei sauberer geworden, seit das Alkoholverbot am Hauptbahnhof gilt und durchgesetzt wird, erklärt das Unternehmen auf Nachfrage.

Hauptbahnhof: Immer wieder Konflikte mit Betrunkenen

Plötzlich wird es laut vor dem Blumenladen. Ein Sicherheitsmann der S-Bahn verfolgt einen Jugendlichen – offenbar ein Taschendieb. Er wird gefasst. Sie schreien sich an. Ein betrunken wirkender Mann in dunkelgrüner Steppjacke mischt sich ein. Er diskutiert hitzig mit dem Sicherheitspersonal und hört erst auf, als der Jugendliche längst freigelassen ist.

Die Sicherheitsleute schnappen sich den mutmaßlichen Taschendieb.
Marius Röer

Die Sicherheitsleute schnappen sich einen mutmaßlichen Taschendieb.

Auf der anderen Seite des Hauptbahnhofs ist es etwas ruhiger. Markus Gerbeck (58) arbeitet dort in einem Tabakladen und hatte bis vor Kurzem jeden Tag Stress mit Betrunkenen. „Die kommen immer rein, brüllen, kaufen nix und klauen dann“, erzählt er. Das habe sich geändert. „Durch das Alkoholverbot hat sich die Lage total verbessert.“ Kein Alkohol, keine Probleme. Das sei ihm längst klar gewesen. Er verkauft schon seit vier Jahren keine alkoholischen Getränke mehr.

Markus Gerbeck (58) arbeitet am Hauptbahnhof in einem Tabakgeschäft.
Marius Röer

Markus Gerbeck (58) arbeitet am Hauptbahnhof in einem Tabakgeschäft.

Vor dem Tabakladen warten alte Bekannte. Die Quattro-Streife hat den Unruhestifter in der dunkelgrünen Jacke entdeckt und kontrolliert seine Papiere. Zwei Mitarbeiter der Stadtreinigung kommen vorbei: „Endlich haben sie den Typen“, sagt der eine.

Mann bekommt Hauptbahnhof-Verbot

Der Mann soll seit dem Vorabend am Hauptbahnhof unterwegs gewesen sein und mehrfach für Probleme gesorgt haben. Er wird ermahnt und darf sich dem Hauptbahnhof bis zum nächsten Morgen nicht mehr nähern. Er verlässt den Bahnhof vorbei am Taxistand in Richtung Kirchenallee. Dort wartet Edim Dedic (65) neben seinem Taxi auf Kundschaft.

Edim Dedic (zweiter von links) mit seinen Kollegen.
Marius Röer

Edim Dedic (2. v.l.) mit seinen Kollegen

Fast täglich steht er mit seinen Kollegen am Heidi-Kabel-Platz und bekommt das Geschehen vor dem Bahnhof hautnah mit. „Heute ist es recht ruhig, aber gestern war hier wieder das totale Chaos. Da haben 15 Leute zusammen gesoffen“, erzählt er aufgebracht. „Die Polizei jagt die weg, aber am Ende kommen sie wieder zurück!“ Seine Kollegen stimmen ihm nickend zu.

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Die Sicherheitskräfte haben es geschafft: Der angetrunkene Mann in der dunkelgrünen Jacke ist weg – zumindest fürs Erste. Es ist wieder friedlich. Die Sonne scheint noch immer. So schnell wie es hier eskaliert, beruhigt es sich auch wieder.

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