Dieser rechte Radiosender macht jetzt in Hamburg Stimmung für die AfD

Dieser rechte Radiosender macht jetzt in Hamburg Stimmung für die AfD

Die letzten Töne eines Songs von Glass Tiger sind gerade verklungen, als sich die Radiostimme zu Wort meldet. Es ist nicht mehr als ein Zwischenruf: „Haben Sie dieses Jahr schon Ihr Geschlecht gewechselt?“, fragt sie, dann startet der nächste Rocksong. Arglose Hörer dürften sich spätestens jetzt wundern: „Wo bin ich denn hier gelandet?“ Die Rede ist von „Trigger.FM“, einem neuen Radioprogramm, das seit Ende Januar auch in Hamburg auf Sendung ist. Laut Eigenbeschreibung ist es für Menschen gemacht, die sich für „Autos, Boote und den Rock‘n Roll Way of Life“ interessieren. Was zunächst nach harmloser Unterhaltung klingt, ist tatsächlich ein politischer Sender mit klarer Mission: Das Meinungsklima im Sinne der AfD zu verändern.

„Keine GEZ. Keine Steuern. Keine Staatspropaganda“, hieß es kürzlich noch auf der Webseite des Senders. Der ans „Querdenker“-Milieu erinnernde Ausspruch wurde inzwischen gelöscht. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass es sich bei „Trigger.FM“ um keinen gewöhnlichen Radiosender handelt. 2021 gegründet, startete er zunächst als Webradio. Nach der Erteilung einer bundesweiten Sendelizenz ergatterte „Trigger.FM“ Programmplätze des UKW-Nachfolgers DAB+: zuerst im Saarland, zuletzt in Hamburg.

Hamburg: Neuer Radiosender hat Verbindungen in die rechte Szene

Gesendet wird die meiste Zeit Rockmusik, Nachrichten im klassischen Sinne gibt es nicht. Dafür wird der Musikstrom immer wieder von Kommentaren und satirischen Beiträgen unterbrochen. Das Programm steckt wohl noch in der Entwicklung – hin und wieder klingt es holprig. Inhaltlich bleibt es oft bei Geraune: Mal wird sich unterschwellig transfeindlich geäußert, mal Donald Trumps Ärger mit der Justiz als politisch motiviert abgetan. Während der Bauernproteste gab ein Moderator kurzerhand Tipps zur Straßenblockade: „Erklärt nicht, wieso euer Sechs-Achser liegen blieb.“

Das könnte Sie auch interessieren: Experten-Talk: „Die AfD macht uns deutlich, was wir verlieren, wenn sie gewinnt“

Bei der zuständigen Medienanstalt Berlin-Brandenburg wurde bereits eine Programmbeschwerde gegen Inhalte von „Trigger.FM“ eingelegt. Die überprüften Beiträge seien jedoch von der Meinungsfreiheit gedeckt gewesen, sagt eine Sprecherin der MOPO. Den Drahtseilakt rechter Agitation scheint man bei „Trigger.FM“ zu beherrschen.

Eindeutiger wird es dann Anfang März, als der Moderator von seiner Anfrage an „Amazon“ berichtet: Bestellungen von Martin Sellners neuem Buch seien storniert worden. Dem habe er auf den Grund gehen wollen. Der Rechtsextremist Sellner, der in Deutschland inzwischen Einreiseverbot hat, trat auf dem berüchtigten Treffen in Potsdam als Referent auf. Auch AfD-Funktionäre nahmen daran teil.

Hamburger AfD-Funktionär freut sich über Unterstützung

Dass „Trigger.FM“ der AfD nahesteht, bekundete im November vergangenen Jahres Robert Offermann, Pressesprecher der AfD-Bürgerschaftsfraktion. Offermann schrieb auf der Website seines Ortsverbands in Seevetal, „dass das publizistische und patriotische Vorfeld für eine Partei überlebenswichtig“ sei. Anlass des Beitrages: Der Besuch von „Trigger.FM“-Gründer Benjamin Niemeyer bei den Seevetalern, wo er seinen Sender vorstellte. Erforderlich sei eine „konservative Meinungsklimaveränderung“, so Offermann weiter, woran Partei und Vorfeld gemeinsam arbeiten müssten.

Das „Trigger.FM“-Motto „Endlich mal normale Leute“ erinnert an den Claim der AfD: „Deutschland, aber normal“.
Screenshot/triggerfm.com

Das „Trigger.FM“-Motto „Endlich mal normale Leute“ erinnert an den Claim der AfD: „Deutschland, aber normal“.

Der Termin in Seevetal war vermutlich kein Zufall. Denn Niemeyer und Offermann sind mehr als nur Brüder im Geiste. Neben Niemeyers Betätigung als AfD-Referent verbindet sie auch die gemeinsame Mitgliedschaft in der „Marburger Burschenschaft Germania“, einer schlagenden Studentenverbindung.

Die Marburger Burschen sind für ihre politischen Aktivitäten bekannt, die Verbindung gilt als Kaderschmiede und Vernetzungsplattform für die rechte Szene. Mitglieder wie der Aktivist Marcel Grauf äußern sich positiv über den Nationalsozialismus. 2018 veröffentlichte die Wochenzeitung „Kontext“ geleakte Chatnachrichten Graufs, in denen er seinen Gewaltfantasien gegenüber Minderheiten freien Lauf ließ.

Der Radiomacher bekennt sich zu rechten Burschen

Offenbar blieb es bei den Burschen nicht immer bei Fantasien: So kam es im Juni 2020 in Marburg zu einem Überfall auf das Haus der Frankonia, einer Nachbarverbindung der Burschenschaft. Ein Dutzend Vermummte, zum Teil mit Eisenstangen bewaffnet, drangen gewaltsam in das Verbindungshaus ein und verwüsteten das Erdgeschoss. Die Frankonen gelten als liberal, mit eindeutiger Positionierung gegen rechts. Im späteren Strafverfahren gegen drei Tatverdächtige konnte nur einem die Beteiligung am Angriff nachgewiesen werden, er war Angehöriger der Marburger Burschen.

Das könnte Sie auch interessieren: AfD beschäftigt Rechtsextreme im Bundestag: Auch Hamburger sind darunter

Der MOPO bestätigt Niemeyer seine Mitgliedschaft, offenbar nicht ohne Stolz: „Ja, ich bin Alter Herr meiner lb. B! Germania und hoffe, dass man mir beizeiten Band, Mütze und Schläger mit ins Grab geben wird.“ Zu den Umtrieben seiner Burschenschaft befragt, antwortet er: „Sie ist meine zweite Familie.“ Unstimmigkeiten, so Niemeyer, kläre man intern und nicht in der Öffentlichkeit. Eine Distanzierung klingt anders.

Dieser rechte Radiosender macht jetzt in Hamburg Stimmung für die AfD wurde gefunden bei mopo.de

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *