Ein Hauch von Hollywood

Ein Hauch von Hollywood

Auf dem Programm der 74. Internationalen Filmfestspiele Berlin Ende Februar, kurz Berlinale, standen mehr als 230 Filme aus 80 Ländern. Diese wurden in 12 Sektionen, unterteilt etwa nach Genres und Formaten wie Wettbewerb und Forum sowie Generation, aufgeführt. Insgesamt 148 Weltpremieren gab es.

Der Spielfilm „S˛pt˛mâna Mare“/„Heilige Woche“, das neueste Werk des Regisseurs Andrei Cohn, feierte die Weltpremiere in der Sektion Forum. Rumänische Filmemacher waren da-rüber hinaus in Sparten wie European Film Market und Berlinale Talent involviert. Mit dem Berliner Silbernen Bären für die Beste Schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle wurde der aus Rumänien stammende Schauspieler Sebastian Stan für seine Rolle in „A different man“ / „Ein anderer Mensch“ des US-amerikanischen Regisseurs Aaron Schimberg geehrt. 

Politische Turbolenzen kurz vor Berlinale-Beginn

Eine Woche vor Festivalbeginn, dem 15. Februar, geriet dieses große internationale Kulturevent in politische Turbolenzen, ausgelöst durch das Hickhack um die Einladung von fünf Politikern der AfD (Alternative für Deutschland) zur Eröffnung der Berlinale und einer kurz darauf ausgesprochenen Ausladung in Reaktion auf die Kritik von Kulturschaffenden. Das Berlinale-Leitungsduo machte klar, dass diese Einladungen auf der Basis von Einladungsquoten über die Kulturstaatsministerin Claudia Roth und den Berliner Senat erfolgten, seien diese fünf Eingeladenen doch gewählte Mitglieder des Deutschen Bundestags und des Berliner Abgeordnetenhauses. Von dieser Vorgabe distanzierte sich  die Berlinale am 8. Februar, eine Woche vor Festivaleröffnung am 15. Februar, und lud die fünf zuvor eingeladenen AfD-Politiker schriftlich wieder aus. Dem folgte eine öffentliche Erklärung der Festivalleitung, dass „das Engagement für eine freie, tolerante Gesellschaft und gegen Rechtsextremismus zur DNA der Berlinale“ gehöre. 

Rennen um begehrte Goldene und Silberne Berliner Bären im Berlinale-Palast

Insgesamt liefen über 200 Filme auf der 74. Edition der Berlinale, davon 20 in der Sektion Wettbewerb, darunter der Spielfilm „A different man“ / „Ein anderer Mensch“ des US-amerikanischen Regisseurs Aaron Schimberg mit dem aus Rumänien stammenden Schauspieler Sebastian Stan in der Hauptrolle. Die Wettbewerbsfilme wurden im Berlinale-Palast im Herzen Berlins aufgeführt. Der Berlinale-Palast fungierte auch als würdige Location für die von der Jury auserkorenen Preisträger mit den begehrten Berliner Bären.Die 74. Internationalen Filmfestspiele Berlin verliehen dem US-amerikanischen Regisseur, Produzenten und Drehbuchautoren, dem Oscar-Preisträger Martin Scorsese den Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk. Einen Hauch von Hollywood verströmten auf dem Roten Teppich zudem Stars wie Matt Damon und Isabelle Huppert sowie Kristen Stewart.

Die internationale siebenköpfige Jury unter dem Vorsitz der kenianisch-mexikanischen Filmschaffenden und Autorin Lupita Amondi Nyong’o vergab den Goldenen Berliner Bären für den Besten Film für die Dokumentation „Dahomey“ der französischen Regisseurin Mati Diop, einer Doku-Essay über die Rückgabe von 26 Raubkunst-Exponaten aus einem Pariser Museum nach Benin, dem ehemaligen Dahomey. Bereits auf der Berlinale 2023 wurde ein Dokumentarfilm mit dem Gold-Bären ausgezeichnet: die französisch-japanische Co-Produktion „Sur L’Adamant“ des Regisseurs Nicolas Philibert über Leben und Alltag in einer schwimmenden Pariser Tagesklinik für psychisch erkrankte Erwachsene. Mit dem Berliner Silbernen Bären für die Beste Schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle wurde der 1982 in Konstanza geborene Sebastian Stan für seine Rolle in „A different man“ / „Ein anderer Mensch“ des US-amerikanischen Regisseurs Aaron Schimberg geehrt (die ADZ hat berichtet). Der Film handelt von einem missglückten chirurgischen Eingriff, der aus Eitelkeit gemacht wurde, um sich ein Traumgesicht schaffen zu lassen.

Weltpremiere von „Săptămâna Mare“ in Berlin als Sprungbrett in die Welt

Mit herzlichem Applaus bedachte das Publikum die Weltpremiere „Săptămâna Mare“/„Heilige Woche“, das neueste Werk des Regisseurs Andrei Cohn, präsentiert in der Sektion Forum, im absolut vollen Kinosaal des legendären Delphi- Filmpalastes, dem Stammtheater der Sektion Forum, in der Moderation der neuen Forum-Leiterin Barbara Wurm. Markenzeichen dieser Sektion sind „Innovation & und ungewöhnliche Perspektiven“. 

„Săptămâna Mare“, im Berlinale-Programm ins Englische mit „Holy Week“ (Karwoche) übersetzt, ist eine freie Adaption der Novelle „O f˛clie de Pa{te“ / „Eine Osterfackel“ des Schriftstellers I. L. Caragiale  und handelt in der Zeit um 1900. Das jüdische Ehepaar, Leiba und Sura, betreibt einen kleinen Dorfgasthof, einen Treffpunkt für Christen und Juden gleichermaßen, Treffpunkt für Reisende wie auch für die Dorfgemeinschaft. In scheinbar harmlosen Tischgesprächen manifestieren sich zunehmend Rassismus und Antisemitismus. Im heftigen Streit von Leiba mit seinem Knecht entzündet Aggression einen Funken, der in der Heiligen Woche, zwischen jüdischem Pessachfest und christlichem Osterfest, zur Fackel wird, die den Dorfgasthof abfackelt, alles zerstört. Andrei Cohn zeichnet mit „Săptămâna Mare“ ein nuanciertes filmisches Psychogramm eines latenten Antisemitismus in einer Landschaft, die x-beliebig im Heute sein kann, wo die Lunte nur einen Funken braucht, um Feuer zu zünden. In die Kinos Rumänien kommen wird der Film wahrscheinlich im Herbst. Dass sein neuestes Werk mit dem brisanten, zeitlosen Antisemitismus-Thema auch auf Programmen weiterer Festivals stehen wird, erscheint recht wahrscheinlich. Die Berlinale spielt in der gleichen Liga mit den Festivals in Cannes und Venedig, fungiert damit quasi als ein Sprungbrett.  

„Es war mir eine große Ehre, an der Berlinale teilnehmen zu dürfen, und ich bin der Auswahlkommission für diese Gelegenheit dankbar. Ich hatte eine Premiere in Berlin mit vollem Haus, die mich, wie ich gestehen muss, sehr berührt hat und die ich nicht vergessen werde. Es war ein sehr schöner Start für meinen Film“, sagt Andrei Cohn im Interview.

Die 74. Internationalen Filmfestspiele Berlin endeten nach elf Tagen am 25. Februar. Sie fanden zum fünften und zum letzten Mal unter der künstlerischen Leitung von Carlo Chatrain und von der Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek statt. Die 75. Edition läuft vom 13. bis 23. Februar 2025 unter der Leitung der gebürtigen US-Amerikanerin Tricia Tuttle, frühere Chefin des London Film Festivals.  

 

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