Ex-Kiezkicker Bartels: „St. Paulis Aufstieg wäre wie ein Wandel in der Stadt“

Ex-Kiezkicker Bartels: „St. Paulis Aufstieg wäre wie ein Wandel in der Stadt“

Den großen Zirkus hat er hinter sich gelassen. Konsequent. Im vergangenen Sommer hat Fin Bartels seine Profi-Karriere beendet, die Prioritätenliste neu geordnet und Position eins klar und eindeutig an Ehefrau Jessika, die beiden Töchter Lina und Mila sowie Sohnemann Mika vergeben. „Am Millerntor war ich in dieser Saison noch gar nicht, und auch bei Holstein nur einmal“, erklärt der ehemalige St. Paulianer, Kieler und Bremer im Gespräch mit der MOPO – und spricht nicht nur über seine Ex-Klubs, sondern auch über die Aufstiegschancen von St. Pauli, Kiel und dem HSV. Und darüber, was ein Erstliga-Aufstieg von St. Pauli für die Stadt Hamburg bedeuten würde.

„Entweder spiele ich selber oder die Kids“, sagt Bartels. „Dann gucke ich mir Handball an mit meiner Tochter, mein Sohn spielt Fußball – da ist am Wochenende immer was los.“ Trotzdem fiebert er natürlich weiterhin mit seinen Ex-Vereinen, ein gewisser Spaßfaktor ist da in dieser Saison nicht von der Hand zu weisen.

Bartels drückt Bremen, St. Pauli und Kiel die Daumen

„Gerade das letzte Wochenende war natürlich perfekt, alle mit wichtigen Siegen“, frohlockt Bartels. „Bremen war voll unter Druck, St. Pauli nach der Mini-Delle mit der kleinen Angst im Rücken, den Aufstieg vielleicht doch noch zu verspielen, Kiel mit dem Derby beim HSV.“ Vollends zufrieden, betont der 37-Jährige, sei er mit der aktuellen Tabellensituation, „sowohl in der 1. als auch in der 2. Liga“. Plus, das sei nicht unerwähnt, mit der in der Kieler Kreisklasse A. Bartels’ SpVg Eidertal Molfsee II ist unangefochtener Erster, hat von den bisherigen 22 Partien 21 gewonnen, zuletzt 9:0 gegen den Suchsdorfer SV II. „Aber ich habe da nicht einmal selbst getroffen“, übt der Flügelflitzer lachend Selbstkritik. „Das gibt’s gar nicht.“


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Was es allerdings gibt, sind Anhänger verschiedenster Couleur in seiner Mannschaft. „In der Truppe sind Fans von Holstein, St. Pauli und dem HSV, vielleicht auch mal ein Klassiker dazwischen wie Bayern oder Dortmund“, erläutert Bartels, der aus seiner Vorliebe für Braun-Weiß, Grün-Weiß und Blau-Weiß-Rot nie ein Geheimnis gemacht hat. Bei dieser Melange, das liegt in der Natur der Sache, ist für Blau-Weiß-Schwarz kein Platz mehr. „Ich bin ja erst frisch in der Truppe, aber die HSV-Fans haben seit Jahren einen schweren Stand. Da gibt es immer mal einen Spruch“, lässt Bartels wissen. Aber es sei eine gesunde Rivalität. „Natürlich ärgern die sich und regen sich auch auf, aber am Ende ist es das Frotzeln und ein bisschen Ärgern, was das alles irgendwie ausmacht. Unterm Strich ist man trotzdem entspannt, auch wenn es natürlich keine einfache Situation ist für sie.“

Ex-St. Pauli-Profi Bartels war angetan von den HSV-Fans

Noch sei das Ding nicht in trockenen Tüchern, „aber wenn St. Pauli der Aufstieg gelingen würde, wäre es so etwas wie ein Wandel in der Stadt. Und das hätte natürlich schon eine riesige Bedeutung. Für beide Fan-Lager.“ Wobei er als Augenzeuge des Kieler 1:0-Sieges im Volkspark durchaus angetan war vom Verhalten der Hamburger Anhängerschaft. „Es wurde 90 Minuten unterstützt, was positiv ist und auch nicht selbstverständlich. Gerade nach der Roten Karte und als nicht so viel Druck vom HSV kam, wie man es erwartet hätte.“ Dass dann nach dem Spiel Pfiffe kommen, verstehe er, „aber es war alles noch im Rahmen“.

Von 2010 bis 2014 spielte Fin Bartels für St. Pauli (122 Einsätze, 22 Tore).
WITTERS

Von 2010 bis 2014 spielte Fin Bartels für St. Pauli (122 Einsätze, 22 Tore).

Deutlich besser ist die Stimmungslage an der Förde und rund ums Millerntor, wobei Bartels durchaus Gemeinsamkeiten beider Mannschaften ausgemacht hat. „Natürlich sind die Strukturen beim FC St. Pauli ein bisschen gewachsener. Da hatte man schon vor der Saison die Erwartung, wenn es mal über beide Hälften konstant bleibt, dann könnten sie es schaffen. Aber beide Mannschaften haben inzwischen eine enorme Kontrolle und Ruhe, lassen sich nicht aus der Bahn werfen, sind als Mannschaft da. Das ist für mich eine Parallele.“ Bei Holstein sei das in den vergangenen Spielen enorm gewachsen, sechsmal in Folge hielt die KSV die Null, „sie wirken sehr abgezockt. Und genau das hat St. Pauli davor schon ausgezeichnet über die gesamte Spielzeit“.

Ex-Teamkollege Bartels schwärmt von St. Pauli-Profi Wahl

Was auch an einem liegt, den Bartels bestens aus gemeinsamen Tagen bei Holstein kennt. „Hauke Wahl war unser Kapitän“, erzählt er. „Er ist auch bei uns immer vorangegangen und ist natürlich fürs St. Pauli-Spiel ein wichtiger Faktor mit seiner Ruhe und seiner fußballerischen Kompetenz. Er hat das richtig, richtig gut gemacht bisher dieses Jahr.“

Beide zusammen haben auch die bittere Erfahrung machen müssen, wie es sich anfühlt, auf den letzten Saisonmetern doch noch den vermeintlich sicheren Aufstieg herzuschenken. In der Saison 2020/21 hatte Kiel – nach einem 4:0 über St. ​Pauli übrigens mit zwei Bartels-Toren – zwei Spieltage vor Schluss als Tabellenzweiter vier Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz, wurde am Ende trotzdem Dritter und scheiterte in der Relegation am 1. ​FC Köln.

In Kiel, wo Fin Bartels im Sommer seine Karriere nach 137 Pflichtspielen und 28 Toren beendete, trugen sie ihn auf Händen.
WITTERS

In Kiel, wo Fin Bartels im Sommer seine Karriere nach 137 Pflichtspielen und 28 Toren beendete, trugen sie ihn auf Händen.

Bartels erinnert sich: „Wir hatten durch Corona alle drei Tage ein Spiel, waren der totale Underdog, keiner hat etwas erwartet. Plötzlich waren wir Zweiter – und dann war Pause. Eine normale Woche, Zeit zum Nachdenken. Und wir hatten plötzlich etwas zu verlieren.“ Auf einmal sei das, was vorher so leicht ging, schwergefallen. „Man musste sich alles erkämpfen, war unzufrieden und hat sich gefragt: Warum schaffen wir das nicht?“ Das sei die größte Gefahr. „Aber bei Holstein ist es jetzt so durchgelaufen, und wenn sie das beibehalten, schaffen sie das. Bei St. Pauli war die Situation eine andere und deshalb, damit das Schiff gar nicht erst in diesen Strudel gerät, war der Sieg in Hannover wirklich Gold wert.“

Zu Hansa Rostock hat Fin Bartels keine emotionale Bindung

Kiel hat am 31. Spieltag Kaiserslautern zu Gast – mit einem prominenten Fan auf der Tribüne. „Ich werde im Stadion sein“, kündigt Bartels an. St. Pauli erwartet in Hansa Rostock einen weiteren Ex-Klub von ihm. Einen jedoch, zu dem er keine emotionale Bindung mehr hat. „Ich habe es ja schon mal erzählt, dass in Folge meines Wechsels zu St. Pauli viele Sachen passiert sind, die deutlich unter der Gürtellinie waren“, sagt er. Zum Kiezklub hingegen sei einfach „eine Verbundenheit“ da, „deswegen sind die Rollen bei mir klar verteilt“.

Fin Bartels machte von 2007 bis 2010 83 Spiele (14 Tore) für Hansa Rostock.
IMAGO / Eisele

Fin Bartels machte von 2007 bis 2010 83 Spiele (14 Tore) für Hansa Rostock.

Wenn alles glatt läuft, wird der Mai 2024 für Fin Bartels ein ganz besonderer. „Das letzte Mal aufgestiegen bin ich in der A-Jugend“, erklärt er schmunzelnd. Das wird sich mit der SpVg Eidertal Molfsee in jedem Fall ändern. Und er hätte beileibe nichts dagegen, wenn es am Ende einen Dreifach-Aufstieg zu feiern gäbe.

Seit 2021 gibt es den von Fin Bartels und Freunden gegründeten Förde-Lütten e.V. – ein gemeinnütziger Verein, der sich darum bemüht, bedürftige Kinder aus der Region zu unterstützen, konkret unter die Arme zu greifen oder mittels schönen Erlebnissen einfach ein Lächeln zu schenken. „Für uns ist diese Freude, das Strahlen und die Dankbarkeit der Kinder und Familien immer das Allerschönste“, sagt Bartels. Wer das Projekt unterstützen möchte, kann dies mittels Spende tun oder bei Veranstaltungen vor Ort tatkräftig anpacken. Alle Infos gibt es unter foerde-luetten.de.

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