Frühere HSV-Spielerin kämpft um Doppel-Aufstieg – mit Frauen und Männern

Frühere HSV-Spielerin kämpft um Doppel-Aufstieg – mit Frauen und Männern

Eine Verletzung zwingt sie derzeit an die Seitenlinie. Dabei ist Anna Hepfer eigentlich doppelt aktiv: Die 31-Jährige kickt beim SC Vier- und Marschlande für die Bezirksliga-Frauen und die Kreisklassen-Männer. Noch ist der Doppel-Aufstieg drin – und es wäre kein gewöhnlicher Doppel-Aufstieg. Die frühere Bundesliga-Spielerin des HSV kämpft nämlich gleichzeitig in einem Männer- und einem Frauen-Team um den Aufstieg. In der MOPO erzählt Hepfer ihre besondere Geschichte.

„Egal in welcher Mannschaft, der Zusammenhalt ist Weltklasse“, sagt Hepfer über ihren Verein SC Vier- und Marschlande: „Nach dem Spiel geht man nicht einfach nach Hause. Hier kann ich Spaß und eine gute Zeit haben. Und mich reinhauen für das Team.“ Das Team sind seit dieser Saison zwei Teams. Wenn sie fit ist, spielt sie samstags mit den Männern und sonntags mit den Frauen. Sechs Tore stehen mit den Kolleginnen zu Buche, eines mit den Kollegen – am 23. Februar leitete sie mit ihrem Tor in der dritten Minute den 7:2-Sieg der 3. Herren gegen Voran Ohe III ein.

Anna Hepfer spielt gleichzeitig Männer- und Frauenfußball

Fußballerinnen sind bisweilen genervt über Fragen nach den Unterschieden zwischen „Frauenfußball“ und „Männerfußball“, als ob dies zwei völlig verschiedene Sportarten wären. Aber Anna Hepfer muss es ja nun wissen. „Eigentlich unterscheidet sich nur das Athletische, die Schnelligkeit durch die Körperstruktur“, vergleicht sie: „Sonst gibt es keine Unterschiede. Die Technik ist dieselbe und das Herzblut auch.“


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Ihr Herzblut für die 3. Herren fließt schon lange, seit Jahren ist die B-Lizenz-Inhaberin Co-Trainerin des Teams. Mehrfach beantragte der Verein beim Hamburger Fußball-Verband, dass Frauen auch in unteren Männer-Ligen mitspielen dürfen. Lange vergeblich. „Hamburg hätte Vorreiter sein können“, bedauert Hepfer. 2022 brach dann Bayern das Eis. Andere Landesverbände zogen nach, Hamburg im vorigen Sommer. Seitdem sind gemischte Teams in Kreisliga und Kreisklasse erlaubt.

Die erste Hamburger Frau unter Männern spielte dann aber unter eher widrigen Bedingungen. Der Moorburger SV hatte im Juli 2023 nicht genug männliche Spieler, um im Hamburger Pokal gegen den Oberliga-Klub FC Süderelbe anzutreten. Stella Petrich sprang ein und erzielte sogar ein Tor – zum 1:37. Der Endstand lautete 2:40 – die höchste Pokalniederlage der Hamburger Geschichte. Eine Verlegenheits-Lösung zur Premiere. Tatsächlich soll die Maßnahme Spielerinnen helfen, die nicht genug Mitstreiterinnen finden, um ein eigenes Team zu formen. „Ich finde das super“, begrüßt Hepfer die Zulassung: „Die guten Frauen spielen weiterhin in höheren Frauenteams. Aber wer einfach nur spielen will, hat so kürzere Wege und ein vergleichbares Niveau.“

Ex-HSV-Spielerin Anna Hepfer galt als großes Talent

Dass sie sich damit indirekt nicht zu den „guten Frauen“ zählt, ist bescheiden, aber keineswegs korrekt. In jüngeren Jahren war Hepfer ein vielversprechendes Talent und bestritt ein Juniorinnen-Länderspiel, im Oktober 2010 gegen Schwedens U19 – zusammen mit Kathrin Hendrich, die fünf Jahre später mit Frankfurt die Champions League gewann. „Das war eine coole Erfahrung“, blickt sie zurück: „Aber ich habe dann einen Lehrgang verpasst, der HSV hat sich aus der Bundesliga zurückgezogen und ich habe eine Ausbildung zur Bürokauffrau begonnen.“

Das leidige Thema HSV-Rückzug, es hat auch für Hepfer eine große Rolle gespielt. Beim HSV war die Außenverteidigerin 2010 nach dem Abitur gelandet. Dort musste sie gleich zwei Nackenschläge verkraften. Sie gewann mit der zweiten Mannschaft 2011 die Zweitliga-Meisterschaft, danach wurde das Team vom Verein zurückgezogen. In der nächsten Saison bestritt sie für die „Erste“ 19 von 22 Bundesliga-Spielen, ehe die HSV-Führung entschied, sich vom ambitionierten Frauenfußball zu verabschieden und die Bundesliga-Lizenz zurückzugeben. Zur Verkündung wurden die HSV-Spielerinnen in die Gästekabine (!) des Volksparkstadions geladen. Dort gab’s die Mitteilung und einen Strauß Blumen, der in Hepfers Erinnerung dann ziemlich zerfleddert wurde. Blumen sagen mehr als Tore.

Anna Hepfer kehrte 2018 für vier Jahre zu den HSV-Frauen zurück, mit denen sie zuvor sehr schöne und sehr bittere Zeiten erlebt hatte.
IMAGO / KBS-Picture

Anna Hepfer kehrte 2018 für vier Jahre zu den HSV-Frauen zurück, mit denen sie zuvor sehr schöne und sehr bittere Zeiten erlebt hatte.

„Nach dem letzten Spiel gegen Bayern saßen wir alle auf dem Rasen, da sind viele Tränen geflossen“, erzählt Hepfer vom 1:4 in München, dem bislang letzten Erstliga-Spiel des HSV im Mai 2012: „Für uns Spielerinnen war der Rückzug echt schlimm. Es gab auch keinen Verein in der Nähe, zu dem man hätte wechseln können.“ Hepfer wirkte an den Versuchen des FC Bergedorf und des Bramfelder SV mit, die entstandene Lücke zu füllen. Bramfeld schaffte es immerhin in die Zweite Liga. 2018 kehrte sie für vier Jahre zum HSV zurück, um am Neuaufbau mitzuwirken. Jetzt zählt für die gebürtige Ochsenwerderanerin nur noch ihr Stammverein Vierlande.

„Meine älteren Brüder haben mir den Fußball schmackhaft gemacht“, erzählt sie von ihren ersten Ballkontakten: „Ich habe ganz klein angefangen, im Garten zu spielen und bin dann mit 4 oder 5 in den Verein gegangen.“

Hepfer will den Doppel-Aufstieg mit Vier- und Marschlande

Dort steht für die SCVM-Frauen gerade das Derby gegen den ASV Bergedorf 85 an. Am Bratwurststand hängen kleine Tempo-50-Verkehrsschilder, der Trainer André Liem hat gerade runden Geburtstag gefeiert. Für Hepfer ist es ein Heimspiel, auch wenn sie wegen Problemen mit der Gelenkpfanne selbst nicht spielen kann. Ihre Mitstreiterinnen kicken auf dem Kunstrasen der Schule Ochsenwerder, in der Hepfer („Ich habe meinen Traumberuf gefunden“) Deutsch, Religion und Sachkunde unterrichtet. Vor dem Anpfiff geht sie auf den Platz und schwört sich mit dem Team ein.

„Anna ist eine Bezugsperson, an der sich die anderen Spielerinnen orientieren können“, sagt ein Vater. Und Kreisklassen-Kicker Semih Özdemir urteilt: „Technisch ist sie die Beste bei uns, mit ganz viel Ruhe am Ball.“ Ruhe, die sie als zum Zuschauen Verdammte auch den elf Kickerinnen auf dem Platz vermitteln will. „Neele, mach’ ein bisschen entspannter“, lautet ein typischer Zuruf, mit dem sie Anfeuerung und Zuspruch verteilt. Da kommt die Trainerin in ihr durch. Als eine Stürmerin im Strafraum attackiert wird, aber nicht fällt, sagt Hepfer: „Marie ist halt so ehrlich und läuft weiter.“ – und man ertappt sich selbst beim Gedanken, ob das jetzt gut war oder nicht. Einen Strafstoß braucht es aber (noch) nicht: Besagte Marie Schwormstädt trifft nach einer halben Stunde zum 1:0.

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In der hitzigen Schlussphase dreht sich eine Bergedorfer Spielerin gen Publikum und schimpft: „Ihr seid Rentner!“ Das hören die Vierländer auch nicht so oft. In der Nachspielzeit holt Neele Riege einen Elfer heraus, den sie selbst verwandelt. Vierlandes Frauen schlagen Bergedorf 2:0, die Aufstiegsspiele haben Hepfer & Co. bereits vor dem an diesem Sonntag (11 Uhr) anstehenden letzten Spieltag gegen Eilbek eingetütet. Vierlandes Männer plus Hepfer müssen im Aufstiegskampf auf einen Nachrückplatz hoffen. Sie überlegen aber vor dem letzten Spiel am Sonntag (13 Uhr) bei Bergedorf 85 III auch, auf einen eventuellen Aufstieg zu verzichten. Reinhauen für das Team können man und frau sich schließlich auch in der Kreisklasse.

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