Spelunke und Stricherlokal: Das wird jetzt aus dieser legendären City-Kneipe

Spelunke und Stricherlokal: Das wird jetzt aus dieser legendären City-Kneipe

Wer in der Innenstadt von der Kaiser-Wilhelm-Straße auf die Neustädter Straße einbiegt, stößt auf eine Lücke im Häuserblock. Dort hat „Fördern & Wohnen“ gerade eines seiner Häuser abgerissen. Die Eigentümerin hat große Pläne für das Grundstück. Doch mit dem abgerissenen Gebäude geht auch ein Stück Stadtteilgeschichte verloren, denn darin befand sich lange der „Bronzekeller“. Einst Treffpunkt der Hamburger Bohème, wandelte sich die Gaststätte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zur Spelunke, ähnlich dem „Elbschlosskeller“ auf St. Pauli – dann verliert sich die Spur.

Zurzeit rumort es kräftig an der Neustädter Straße: Die Obdachlosenunterkunft „Pik As“ – inzwischen 110 Jahre alt – wird kernsaniert und erweitert. Das Gebäude liegt etwas zurückgesetzt im Häuserblock, ist von der Straße einsehbar. Noch. Ein Neubau soll die Lücke zur Straße schließen. Im neuen Haus, das ebenfalls zum „Pik As“ gehören wird, entstehen 33 sogenannte Lebensplätze für ältere und chronisch kranke Menschen.

Hamburg: der „Bronzekeller“ im Wandel der Zeit

Als ganzjährige Schlafstätte für obdachlose Männer ist die Einrichtung seit Jahrzehnten ein wichtiger Baustein des städtischen Hilfesystems – und einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Schon in den 1970er Jahren veröffentlichte der Journalist Günter Wallraff eine Reportage über das „Pik As“, nachdem er einige Nächte dort verbracht hatte.

Dort, wo vor wenigen Wochen noch die Hausnummern 27-29 standen, klafft jetzt eine Lücke im Häuserblock an der Neustädter Straße.
Florian Quandt

Dort, wo vor wenigen Wochen noch die Hausnummern 27-29 standen, klafft jetzt eine Lücke im Häuserblock an der Neustädter Straße.

Weit weniger bekannt, doch nicht minder geschichtsträchtig, war das Haus nebenan. Im Souterrain der Hausnummern 27-29 befand sich ab den 1920er Jahren der „Bronzekeller“. Einst vom Hamburger Maler Otto Tetjus Tügel als Treffpunkt für Künstler der Bohème eröffnet, soll sich das Lokal zu einem populären Kabarett entwickelt haben. So steht es in „Hamburg auf anderen Wegen“, einem Buch über die Geschichte des schwulen Lebens in der Stadt.

Auf dieser Darstellung ist der geplante Neubau in der Lücke gut zu erkennen.
Fördern und Wohnen

Auf dieser Darstellung ist der geplante Neubau in der Lücke gut zu erkennen.

Das Lokal überdauerte den Zweiten Weltkrieg. 1949 hielt die Sittenpolizei in einem Bericht fest, dass im „Bronzekeller“ „eine Umstellung auf homosexuelle Gäste erfolgen“ solle. Die neuen Besitzer, Lissy und Hans Eisersdorff, schufen „eine Mischung aus eleganter Herren-Bar mit Tanzkapelle und Stricherlokal“. Es müssen dort rauschende Feste gefeiert worden sein: Laut den Autoren machten Veranstaltungen wie das „Frühlingsfest auf dem Montmartre“ die Gaststätte über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt.

Die Reste des Souterrains sind noch zu erkennen.
Florian Quandt

Die Reste des Souterrains sind noch zu erkennen.

1957 trennten sich Eisersdorffs vom „Bronzekeller“ und meldeten ihn ab. Doch das Lokal lebte fort, wie ein Adressverzeichnis aus dem Jahr 1966 zeigt. Unter der Anschrift steht: „Meyer, Ingeb., Gastst.“ Wie die neue Inhaberin die Gaststätte führte, ist nicht bekannt.

Das Ende der Kneipe bleibt im Dunkeln

Fest steht: Der „Bronzekeller“ entwickelte sich vom Tanzlokal zur Elendskneipe. Davon zeugen zwei Fotos, die der Fotograf Peter Dammann 1993/1994 im „Bronzekeller“ schoss. Laut Bildbeschreibung ist der Ort zu jener Zeit Treffpunkt der „Pik As“-Bewohner, sogar die Öffnungszeiten richteten sich nach denen der Unterkunft. „Die Wirtin, Frau Erika Henning, nennt die Obdachlosen ‚ihre Jungs‘. Ihre Kneipe dient vielen Berbern als Postadresse“, heißt es.

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Wie lange der „Bronzekeller“ danach noch existierte, vermag die städtische „Sprinkenhof“, als ehemalige Eigentümerin des Hauses, nicht zu sagen. Mit dem Verkauf an „Fördern & Wohnen“ seien alle Unterlagen vernichtet worden. Klar ist jedoch, wofür das Erdgeschoss des Neubaus in Zukunft genutzt wird: Laut „F&W“ soll dort künftig Suchtberatung stattfinden.

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