„Verstehen nicht mal Literaturstudenten“: Die bizarre Innenstadt-Umfrage der Behörde

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Die Hamburger Innenstadt ist eines der Sorgenkinder des Senats: Der Einzelhandel ringt mit dem Online-Versand, es fehlen Wohnungen und viele der Straßenzüge sind immer noch hauptsächlich grau. Die City braucht dringend ein Upgrade, da ist man sich in der Politik einig. Dafür hat die Baubehörde jetzt eine Umfrage gestartet, in der die Hamburgerinnen und Hamburger ihre Vorschläge einreichen können. Dabei stoßen sie allerdings auf ein Hindernis.

„Identifizieren Sie potenzielle Dynamiken, Impulse und Entwicklungen, die Sie für relevant halten und die bisher unerfasst geblieben sind.“ Wie bitte? Was wahlweise klingt wie die Aufgabenstellung in einer Architekturklausur an der Uni oder eine interne Behörden-Mail, ist tatsächlich die Formulierung in einer brandneuen Umfrage, die die Baubehörde am Mittwoch gestartet hat.

Innenstadt-Umfrage: Fragestellung schwer verständlich

In der Umfrage wurde die Innenstadt in fünf Teilbereiche aufgespalten: Der erste Bereich beschäftigt sich mit Passagenviertel und Opernquartier, der zweite Bereich mit dem Rathaus, der Mönckebergstraße und dem Kontorhausviertel, der dritte mit der HafenCity und dem Katharinenquartier, der vierte mit der Neustadt-Süd und der fünfte mit der Neustadt-Nord und den Landungsbrücken.

Im jeweiligen Teilbereich gibt es dann eine Karte, die das jeweilige Gebiet noch einmal optisch eingrenzt. In den Kommentaren darunter können die Teilnehmer der Umfrage ihre Ideen zum Ausdruck bringen. Auch dort fiel die sehr umständliche Formulierung bereits auf: „Übrigens habe ich als Literaturwissenschaftlerin Schwierigkeit, die Fragestellung zu verstehen. Barrierefreiheit sieht anders aus“, schreibt eine Teilnehmerin. „Die Beteiligungsmöglichkeit ist super, nächstes Mal wäre eine einfache, verständliche Sprache demokratischer.“

Behörde reagiert auf Kritik – und will Umfrage neu formulieren

Bei der Baubehörde ist man sich der Kritik bereits bewusst. „Wir überarbeiten die Formulierung in der Umfrage gerade, weil wir von verschiedenen Seiten gehört haben, dass es schwer verständlich ist“, sagt Sprecher André Stark auf MOPO-Nachfrage. Am Donnerstag oder Freitag soll die neue Version online gehen.

Anlass der Umfrage: In den kommenden Jahren soll sich das Gesicht der Innenstadt komplett wandeln. Schon 2020 legte Hamburg ein (auch wieder etwas umständlich formuliertes) „Handlungskonzept Innenstadt“ vor. Dieses beinhaltete unter anderem den autoarmen Jungfernstieg, die Aufwertung des Burchardplatzes und des Hopfenmarktes.

Alles neu: Das sind die Pläne für die Hamburger Innenstadt

Am Jungfernstieg dürfen bereits seit über drei Jahren keine Privat-Pkw mehr entlangfahren, seit Februar geht die Schönheitskur für die Flaniermeile in die finale Phase: Hinzu kommen neue Bäume und Bänke. Über die Neugestaltung des Burchardplatzes streiten sich SPD und Grüne gerade noch mit ihrer eigenen Verwaltung: Die Planungen dort sehen nur wenige Bäume und somit eine Steinwüste vor. Grund dafür ist laut Denkmalschutzamt der durch eventuelle Bäume gefährdete Blick auf das UNESCO-Weltkulturerbe Chilehaus. „Wir machen Politik für Menschen und nicht für Steine“, kritisierte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf.

Dieses 2020 entwickelte Handlungskonzept wird jetzt von der Behörde weiterentwickelt – und da sollen die Ideen der Hamburgerinnen und Hamburger mit einfließen. Vorschläge gibt es schon: Ein Bootsverleih an der Binnenalster, Bücher-, Blumen- oder Flohmärkte und mehr Wohnungen sind nur einige davon. Gestritten wird sich unter den Nutzern vor allem über die Frage: Mehr oder weniger Parkplätze? Offen ist die Umfrage noch bis zum 1. Mai – bald auch in einer hoffentlich verständlicheren Version.

„Verstehen nicht mal Literaturstudenten“: Die bizarre Innenstadt-Umfrage der Behörde wurde gefunden bei mopo.de

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