KI und Kameras für alle Becken: So will Bäderland Kinder vor dem Ertrinken retten

KI und Kameras für alle Becken: So will Bäderland Kinder vor dem Ertrinken retten

Kameras unter der Hallendecke, Sensoren im Wasser und eine lernfähige KI: Moderne Technik soll dem Personal bei Bäderland in Zukunft dabei helfen, Badegäste in Gefahr zu erkennen. In den nächsten Wochen startet laut Bäderland ein Pilotprojekt in einem großen Hamburger Spaßbad, um das Schwimmen und Plantschen sicherer zu machen.

Obwohl mehrere Aufsichten ständig aufpassen, können vor allem kleine Kinder in Hamburgs Schwimmbädern manchmal nur noch in letzter Sekunde vor dem Ertrinken gerettet werden. Manchmal nicht einmal das, wie bei einem tödlichen Unfall bei einem Seepferdchenkurs 2023 im Bad Bondenwald geschehen.

Bäderland-Sprecher Michael Dietel ist sich sicher, dass das Pilotprojekt mit der KI-gestützten Aufsicht noch in diesem Sommer starten wird – und zwar im Billebad in Bergedorf. Da tickt jetzt die Uhr, je nach Berechnung (meteorologisch oder astronomisch) ist das in zwei bis maximal sechs Wochen soweit. Was die Details angeht, da ist Dietel allerdings noch erstaunlich unkonkret. „Wir setzen zunächst auf ein System mit Kameras statt auf Sensoren“, sagt er.

Bäderland: Kameras sollen Schwimmbetrieb überwachen

Wie viele Kameras dann angebracht werden, ob sie nur unter der Decke oder auch woanders installiert werden – das könne er alles aber noch nicht sagen. Sensoren unter Wasser (arbeiten mit Schall) könnten auch noch folgen, das ergebe sich dann aber erst im Laufe des Pilotversuchs. Eins sei aber ganz sicher: „Auf den Bildern, die die Kameras aufzeichnen, ist niemand zu erkennen“, versichert Dietel. Man könnte höchstens sehen, ob jemand dick oder dünn, groß oder klein sei, denn es handele sich um Wärmebilder.

Eine solche Uhr könnten Badeaufsichten am Handgelenk tragen, um alarmiert zu werden.
dpa | Sebastian Gollnow

14 Personen schwimmen aktuell im Sportbecken: Eine solche Uhr könnten Badeaufsichten am Handgelenk tragen, um alarmiert zu werden.

Wenn die Kameras etwas Ungewöhnliches verzeichnen, dann wird die jeweilige Badaufsicht alarmiert. Das könnte über eine Uhr am Handgelenk passieren oder auch über ein Gerät, das man um den Hals trägt oder in der Brusttasche. „Sobald das System dann ein ungewöhnliches Bewegungsmuster entdeckt, wird der Mitarbeiter informiert“, so Dietel. Durch eine Darstellung auf dem Gerät weiß er auch sofort, wo der Vorfall sich ereignet hat.

Pilotprojekt in Wiesbaden mit israelischem Start-up

In Wiesbaden wird bereits seit 2020 eine solche KI in einem Bad genutzt, konzipiert von einem israelischen Start-up-Unternehmen. Über vier Kameras an der Decke wird das 25 mal 15 Meter große Hallenbecken von oben überwacht. Dort wird mit Armbanduhren gearbeitet, die auch ständig anzeigen, wie viele Menschen überhaupt im Becken sind oder wenn sich etwa ein Kind von der Mutter entfernt oder sich plötzlich nicht mehr am Beckenrand, sondern im Becken befindet.

Das Billebad hat viele Becken: hier das Erlebnisbecken.
Bäderland 

Das Billebad hat viele Becken: hier das Erlebnisbecken.

Als KI wird das System bezeichnet, weil es lernen kann. So meldet der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin im Bad nach jeder Alarmierung gleich über das Gerät zurück, ob es sich um einen Fehlalarm gehandelt hat oder einen echten Notfall. Dadurch werden verschiedenste Muster abgespeichert. In Wiesbaden etwa musste die KI erst lernen, dass eine Rollwende unter Wasser keine Gefahrensituation ist.

KI ersetzt die Badeaufsicht beim Schwimmen nicht

Bäderland möchte perspektivisch alle seine Bäder mit solchen Systemen ausstatten, das Billebad ist der Projektstart. Dietel: „Und dann ist es natürlich sinnvoll, wenn die Systeme verbunden sind und dann später die KI in der Alsterschwimmhalle von dem profitiert, was die KI im Billebad bereits gelernt hat.“ Tatsächlich wäre es auch möglich, ein System zu kaufen und zu installieren, das bereits auf sehr viel Lernerfahrung zurückgreifen kann. Dietel: „Denn ein Kind fällt ins Wasser und versinkt wie ein Stein. Das ist überall gleich – in Hamburg wie in Los Angeles.“

Natürlich könnten die Kameras und die Technik die Aufsicht durch Personen nicht ersetzen, betont Dietel, „aber es entlastet sie im besten Fall.“ Etwa wenn die Badaufsicht gerade an einem Punkt des Beckens vorbeigegangen sei und der Unfall sich also just in ihrem Rücken abspiele. Oder wenn sie gerade abgelenkt sei, weil sie angesprochen und etwas gefragt wurde.

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Und da Bäderland mit Personalmangel zu kämpfen habe, sei das auch als eine Reaktion darauf zu bewerten. Mit einem höheren Aufwand – etwa durch viele Fehlalarmierungen zu Beginn – rechnet Dietel nicht, höchstens mit etwas mehr Personal im Bereich IT und Hardware. Ersetzen soll die Technik die Mitarbeiter ebensowenig.

Ertrinkende erkennen: Bäderland Hamburg setzt auf KI

Vor einigen Jahren hatte es bei Bäderland bereits erste Vorstöße für ein solches KI-basiertes System im Billebad gegeben, das sei aber gescheitert, weil der Datenschutz zu viele Einwände gehabt habe und das ganze Projekt damit auch zu teuer geworden wäre. Aber derzeit sei der Datenschutzbeauftragte eingebunden und man arbeite eng zusammen.

Die zusätzliche Sicherheit hat ihren Preis. Und zwar nicht nur einmalig, sondern jedes Jahr. In dem mittelgroßen Bad mit nur einem Becken in Wiesbaden sind das 30.000 bis 40.000 Euro jährlich. Wenn Bäderland wie geplant rund 20 Standorte ausstattet, dann summiert sich das auf eine halbe Million Euro oder mehr – da die Spaßbäder mit ihren vielen Becken extra viele Kameras brauchen.

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