Licht an für eine schweizerisch-italienische Großmeisterin aus Siebenbürgen

Licht an für eine schweizerisch-italienische Großmeisterin aus Siebenbürgen

Hermannstadt – Während der langsamen wie berühmten Arie „Ombra mai fu“ aus Georg Friedrich Händels Oper „Xerxes“, der Cavatina in Es-Dur zu Beginn des zweiten Akts der „Hochzeit des Figaro“ von Wolfgang Amadeus Mozart und dem flehend-süffigen Lied „O mio babbino caro“ aus Giacomo Puccinis Einakter „Gianni Schicchi“, von Adriana Savonea Fiorentini vorgesungen, war ohne Zweifel zu hören, dass Malerin Legendina di Paolo sich von 1982 an bis Ende ihres Lebens 2017 in Lugano und der italienischen Schweiz weitestgehend wohlgefühlt haben muss. Die am Giuseppe-Verdi-Konservatorium zu Mailand ausgebildete Tochter der ab 1939 in Sächsisch-Regen/Reghin (Kreis Muresch) aufgewachsenen Elite-Artistin bat zwar Freitag, am 19. Januar, vor ihrem Kurzauftritt in der Abteilung des Brukenthalmuseums für Zeitgenössische Kunst um Verständnis für ihre erkältete Stimme, schenkte der Vernissage der Ausstellung mit Ölbildern ihrer Mutter jedoch eine waschechte Kostprobe bester italienischer Gesangsschule und war glücklich, im Publikum auch viele junge Erwachsene ausmachen zu können. Der Tipp von Kuratorin Alexandra Postelnicu auf die „Venus von Milo in weiß“ aus der Werkstatt von Legendina di Paolo für das Plakat bestätigte sich in der Tat als kräftiger Zuschauermagnet und dürfte den sehr geringen Bekanntheitsgrad der Siebenbürgerin von Welt in ihrem Geburtsland gleich vom ersten Tag an um einige höchst verdiente Stufen angehoben haben. Als interimistischer Direktor des Brukenthalmuseums sprach auch Dr. Alexandru Constantin Chituță stolz von „der ersten Ausstellung von Legendina di Paolo in einem großen Museum für zeitgenössische Kunst in Rumänien“. Gemeint das Rumänien nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, da die posthum Gefeierte ihrer damals tief kommunistischen Heimat 1982 den Rücken hatte kehren müssen. Ihre damals kleine Tochter reiste mit in die schweizerische Wahlheimat, wo Legendina di Paolo nicht nur sofort politisches Asyl gewährt, sondern bald auch Spitzenanerkennung im frankophonen Europa zuteil wurde. „Gute Kunst verjährt nicht“, so Dr. Chituță im Zweitraum der Museums-Abteilung, wo das Feinste vom Schaffen der Schülerin von Corneliu Baba in Bukarest und UNESCO-Bildungsreise-Stipendiatin ab 1978 noch bis Ende Februar verinnerlicht werden kann und kostenlos ein kleiner Katalog zum Mitnehmen ausliegt. Francisco Goya, El Greco, Antonio Gaudì und besonders Giorgio de Chirico waren für Legendina di Paolo Inspiration.

Aber auch nicht mehr als das, denn selbst von Lehrmeister Corneliu Baba schaute sie sich allein die Technik ab. Was die im bürgerlichen Hause Hurdugaciu zur Welt gekommene Malerin der griechischen Minotaurus-Sage, den vier bronzenen Pferden vom Hippodrom in Konstantinopel, der Madonna mit dem Kinde, Dante Alighieri und weiteren zentralen Gestalten mythologischer und antiker bis hin zu mittelalterlicher Vergangenheit Europas künstlerisch bildend sehr differenziert zuschreibt, entstammt einem beispielhaft gediegenen Atelier und könnte dem „einzigen großen Museum Siebenbürgens für zeitgenössische Kunst“, wie Dr. Chituță die stimmige Lokalität bewirbt, nicht besser zu Gesicht stehen. Ein Jahr vor ihrem Tod war Legendina di Paolo als Malerin des „Cavallo in battaglia“ dem, was man auf Italienisch gemeinhin als „Il segreto“ nennen kann, so nahe gekommen, wie es Menschen auf Erden nur möglich ist. Ihr Streiten für Profundes hat ausnahmslos Ölbilder entstehen lassen, die vieles Unwichtige aufheben.

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