Verschollen, ausgereist oder noch in Hamburg: Das wurde aus den Somalia-Piraten

Verschollen, ausgereist oder noch in Hamburg: Das wurde aus den Somalia-Piraten

Es war der erste Piratenprozess seit 400 Jahren in Hamburg – und er sorgte weltweit für Schlagzeilen. Zehn Somalis im Alter zwischen 18 und 50 Jahren wurden 2012 nach einem zweijährigen Mammutverfahren zu Haftstrafen zwischen zwei und sieben Jahren verurteilt. Was wurde nach der Entlassung aus dem Gefängnis aus den Männern? Zwei der Ex-Piraten, so erklärt der Senat nun auf Anfrage der AfD, leben und arbeiten in Hamburg.

Der Prozess vor knapp 14 Jahren war eine Herausforderung für die Justiz, prallten im Gerichtssaal doch Welten aufeinander. „Unter einem Baum“ gab etwa einer der Angeklagten als Geburtsort an, ein anderer „Regenzeit“ als Geburtsdatum. Die Männer, fast alle Analphabeten, einige zur Tatzeit minderjährig, berichteten von einem Leben voller Gewalt, von abgehackten Gliedmaßen und Leichen auf den Straßen. Einer bedankte sich am Ende des Prozesses bei den Justizmitarbeitern, dass sie ihn nicht gefoltert hätten.

Beide Ex-Piraten hatten erfolglos Asyl beantragt

Dass die zehn Angeklagten am 5. April 2010, einem Ostermontag, den Hamburger Frachter Taipan vor der somalischen Küste gekapert hatten, stand nach ihren Geständnissen fest. Mehrere Stunden hatten sie Schiff und Crew in ihrer Gewalt, bis niederländische Spezialkräfte die Geiselnahme beendeten. „Ich hatte keine Furcht und habe auch keinen Hass“, sagte der Kapitän damals als Zeuge vor dem Landgericht: „Ich liebe Afrika, und ich liebe Somalia nach wie vor.“


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Unter den Angeklagten wurden während des Prozesses gegenseitige Anschuldigungen erhoben, wer Anführer war. Freiwillig will keiner mitgemacht haben, der eine habe sich nach einem Trinkgelage plötzlich an Bord wiedergefunden, ein anderer will selbst entführt worden sein – was die Kammer ihnen aber nicht abkaufte: „Wir sind überzeugt, dass es eine geplante Tat war und niemand von Ihnen unfreiwillig dabei war“, sagte der Vorsitzende Richter bei der Urteilsverkündung im Oktober 2012. Die Männer seien eine „quasi militärische Einheit gewesen.“

Wie ging es nach den Haftstrafen weiter? Fünf reisten nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis freiwillig aus Deutschland aus, wo drei weitere sind, weiß die Ausländerbehörde nicht und zwei der Männer leben weiterhin in Hamburg: einer mit einer Duldung, der andere mit einer „Aufenthaltserlaubnis nach § 25b Abs. 1 Aufenthaltsgesetz“, die bekommt man für „nachhaltige Integration“. Beide arbeiten.

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Die Ex-Piraten hatten nach der Haftentlassung Asyl beantragt, die Anträge wurden aber abgelehnt. Sie bekamen die Duldung, beziehungsweise Aufenthaltsgenehmigung, weil sie nicht nach Somalia abgeschoben werden können, wie der Senat erklärt: „Es gibt weiterhin keine Flugverbindungen, die für Abschiebungen nach Somalia genutzt werden können.“ Begleitete Rückführungen sind nur für Extremisten und Gefährder vorgesehen – was auf die früheren Piraten nach Einschätzung der Behörden nicht zutrifft.

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