Gefährlicher Gegner für die Grünen? Neue Partei kämpft für Hamburgs Natur und Klima

Gefährlicher Gegner für die Grünen? Neue Partei kämpft für Hamburgs Natur und Klima

Ausgerechnet in einem grün regierten Bezirk mit einem grünen Bezirksamtsleiter geht bei den Wahlen im Juni eine neue Wählervereinigung an den Start, die sich für den Erhalt von Hamburgs Naturflächen einsetzt. Eigentlich ja ein ur-grünes Thema. Doch viele Langenhorner fürchten, dass ausgerechnet unter Grün-Rot ihre grüne Lunge verlorengeht. Kann das für die Partei von Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz in Nord schmerzhafte Stimmenverluste bedeuten?

Wohnungen bauen, den Klimaschutz im Bezirk stärken und mehr öffentliche Grünflächen schaffen. Das haben sich Grüne und SPD im Koalitionsvertrag in Nord auf die Fahnen geschrieben. Doch das ist, wie viele Beispiele beweisen, nicht so leicht unter einen Hut zu bringen und oftmals sogar ein Ziel-Konflikt. Bestes Beispiel: Ausgerechnet im Landschaftsschutzgebiet Diekmoor sollen rund 700 Wohnungen gebaut werden. Für die geplanten sechsgeschossigen Gebäude müssten vier Hektar Kleingärten und weitere Grünflächen bebaut werden.

Doch auf diese grüne Oase wollen viele Langenhorner nicht verzichten. „Der Protest, das sind nicht nur die Kleingärtner, die hier ihre Parzelle verlieren“, betont Joachim Lau. Der Lehrer wohnt selbst seit 20 Jahren in Langenhorn und unterrichtet dort am Gymnasium. „Ich habe keinen Schrebergarten im Diekmoor und trotzdem bin ich oft dort.“

Langenhorner wollen Flächen am Diekmoor erhalten

Viele Langenhorner würden das Gebiet zum Spazierengehen und Radfahren nutzen. „Wenn du hier bist, ist plötzlich der ganze Verkehrslärm weg, du siehst vor hohen Bäumen die Großstadt nicht mehr und es fühlt sich wie ein Wochenend-Urlaub an“, schwärmt Lau. Deshalb seien auch so viele Langenhorner auf der Palme, dass hier 700 Wohnungen in fünfgeschossigen Häusern gebaut werden sollen. Doch der Senat sieht darin „die letzte große, zusammenhängende Wohnungsbaupotenzialfläche in Hamburg-Nord“.

Die Kleingartenanlage am Diekmoor aus der Vogelperspektive.
hfr

Die Kleingartenanlage am Diekmoor aus der Vogelperspektive

Um die Pläne noch zu stoppen, treten jetzt einige der Aktivisten, die schon lange gegen die Pläne kämpfen, zur Bezirkswahl im Juni an. „Wir haben hier binnen kürzester Zeit mehr als 300 Unterschriften gesammelt“, erzählt Lau. Der Landeswahlausschuss hat deshalb der Wählervereinigung mit dem langen Namen „Rettet Hamburgs Grün – Klimaschutz jetzt! Sozial&gerecht“ (RHG) die Zulassung erteilt. Lehrer Lau, der Mathematik und Physik unterrichtet, ist Vorsitzender der Wählervereinigung.

Joachim Lau kämpft für Diekmoor und Kleingärten

Im Sommer wird er pensioniert und verspricht: „Danach habe ich viel Zeit, mich diesem Kampf ums Diekmoor und andere Grünflächen zu widmen.“ Das Diekmoor werde nicht bebaut – davon ist der Mann überzeugt, der selbst 20 Jahre lang bei den Grünen war und sich dann 2015 enttäuscht von der Partei abgewandt hat und ausgetreten ist.

„Es müssen mehr Wohnungen gebaut werden“, sagt auch Lau. „Aber nicht durch noch mehr Vernichtung von grünen Oasen in der Stadt.“ Man könne doch auf bereits versiegelten Flächen bauen, dazu habe es auch viele Vorschläge gegeben, die von der Bezirkspolitik und Verwaltung ignoriert würden. Dazu gehörten auch die leerstehenden Europcar-Büros, nur wenige Meter von der U-Bahnstation Langenhorn Markt entfernt.

Der grüne Fraktionschef in Nord, Timo Kranz, sagt: „Dass die Wählervereinigung hier zur Wahl antritt, das ist für uns schon ernst zu nehmen.“ Doch die Initiative mache es sich zu leicht, wenn sie einfach auf bebaute Flächen wie die Europcar-Niederlassung verweise. „Da würden höchstens 100 Wohnungen hinpassen, und zudem brauchen wir auch Gewerbeflächen im Bezirk und können die nicht einfach anders überplanen.“

Grüne betonen: Wir wollen kein Biotop vernichten

Es sei ja auch gar nicht so, dass am Diekmoor ein wertvolles Biotop vernichtet werden solle. „Wir planen doch größtenteils auf Kleingartenparzellen, schützenswerte Bereiche sind nicht betroffen.“ Und bei der aktuellen Wohnungsnot in Hamburg müsse man schon das Große und Ganze im Blick behalten, auch wenn dabei Menschen ihren Schrebergarten verlieren würden.

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Lau und seine Mitstreiter bewerten die Lage natürlich völlig anders, und viele sehen es wie er. Lau hofft auf einen großen Erfolg bei der Bezirkswahl im Juni und denkt schon weiter. „Wir könnten dann auch als Partei bei der Bürgerschaftswahl antreten.“ Ursprünglich war angedacht, dass die Wählervereinigung auch im Bezirk Bergedorf zu den Wahlen antritt. Denn auch dort gibt es große Widerstände – gegen die Bebauung von Oberbillwerder. Doch da hat der Antritt zur Wahl nicht geklappt. Offenbar fehlte es an Kandidaten, die bereit sind, sich aufstellen zu lassen. Und dort gibt es wohl auch die Hoffnung, dass die CDU bei den Wahlen stark an Stimmen gewinnt und das Bauprojekt noch stoppen kann.

Entstanden ist die Wählervereinigung „Rettet Hamburgs Grün“ aus der Volksinitiative gleichen Namens. Sie hatte die nötigen 10.000 Unterschriften für ein Volksbegehren gegen die Bebauung größerer Grünflächen gesammelt, doch der Hamburger Senat hatte das Verfassungsgericht angerufen und Recht bekommen: Das Volksbegehren durfte nicht durchgeführt werden, weil die Vorgabe, keine Grünfläche mehr zu überplanen, die größer als einen halben Hektar ist, die Stadt zu sehr in ihrer Handlungsfreiheit bei der Bauplanung eingeschränkt hätte.

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