Hamburgs AfD ist eine TikTok-Macht: So punkten die Rechten bei jungen Wählern

Hamburgs AfD ist eine TikTok-Macht: So punkten die Rechten bei jungen Wählern

Mit Dating-Tipps auf TikTok gelangte der AfD-Politiker Maximilian Krah im Sommer zu zweifelhaftem Ruhm. Seitdem das Videoportal jüngst ankündigte, die Reichweite von Krahs Accounts einzuschränken, wird wieder über ihn und seinen TikTok-Erfolg gesprochen: Krahs Videos werden regelmäßig hunderttausendfach geklickt. Sein erfolgreichstes Video („Echte Männer sind Patrioten, dann klappt‘s auch mit der Freundin“) wurde sogar 1,4 Millionen Mal aufgerufen. Der Spitzenkandidat zur Europawahl steht beispielhaft für die herausragende Position, die die AfD auf der Videoplattform einnimmt. Auch in Hamburg liegen die etablierten Parteien abgeschlagen zurück. Einige versuchen es erst gar nicht, andere mühen sich mit wenig Erfolg ab. Das Feld wird weitestgehend kampflos den Rechtspopulisten überlassen – die auch noch von einer technischen Besonderheit profitieren, die Wut und Empörung bevorzugt. Dabei ist beliebteste Abgeordnete bei TikTok sogar in ihrer eigenen Fraktion isoliert.

Es war eine Nachricht, die Wellen schlug: TikTok hatte angekündigt, Krahs Videos nicht mehr im sogenannten „Für-dich-Feed“ auszuspielen, über den auf der Plattform ein Großteil der Zugriffe erfolgt. Um seine Videos zu sehen, müssen Nutzer gezielt auf seine Seite klicken. Der Plattform zufolge verstieß der AfD-Politiker wiederholt gegen die Community-Regeln. Doch schon zuvor waren die AfD-Accounts auf Bundesebene in die Schlagzeilen geraten, da sie in ihrer Reichweite und den Nutzungszahlen die der anderen Parteien um ein Vielfaches übertreffen.

Hamburg: So punktet die AfD bei jungen Wählern auf TikTok

Auch der Blick auf Hamburg zeigt: Auf TikTok kommt nach der AfD lange nichts. So folgen rund 25.000 Nutzer dem Account der Bürgerschaftsfraktion. Zwar postet die Fraktion dort nahezu ausschließlich Ausschnitte aus Plenardebatten, doch die Videos erreichen regelmäßig Klickzahlen, die in die Hunderttausende gehen.

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Daneben ist die AfD-Abgeordnete Olga Petersen mit einem eigenen Account vertreten. Petersen gilt unter anderem wegen ihrer Russland-Nähe in der Fraktion als isoliert und wurde kürzlich nach einem Veto des Landesverbands von einer Liste zur anstehenden Bezirkswahl abgewählt.

Doch auf TikTok bringt es die Außenseiterin auf mehr als 9000 Follower, und hat damit mehr als jedes andere Mitglied der Bürgerschaft. Ihr erfolgreichster Beitrag (rund 100.000 Aufrufe) ist ein transfeindlicher Videoschnipsel („Was machen wir mit Menschen, die sich wie Eichhörnchen fühlen?“).

Olga Petersen (AfD) hat unter Hamburgs Politikern die meisten Follower.
Screenshot TikTok/@olgapetersenafd

Olga Petersen (AfD) hat unter Hamburgs Politikern die meisten Follower.

Dagegen sucht man die größte Oppositionspartei dort vergeblich. „TikTok wird oft mit provokanten und auffälligen Inhalten in Verbindung gebracht, was die Plattform für ernsthafte politische Debatten nur eingeschränkt geeignet macht“, sagt der CDU-Landesvorsitzende Dennis Thering der MOPO. Ob die Plattform für die CDU einen Nutzen bietet, stehe noch zur Debatte.

SPD-Chef: Ziehen Präsenz auf TikTok in Betracht

Auch die SPD zögert: „TikTok ist im Leben vieler Jugendlicher heute ein fester Bestandteil“, sagt der Fraktionsvorsitzende Dirk Kienscherf. Einzelne Abgeordnete sind dort bereits aktiv, nicht aber die Fraktion oder Parteispitze – bis jetzt: „Als Fraktion passen wir unsere Social-Media-Strategie fortlaufend an und ziehen perspektivisch auch eine Präsenz auf TikTok in Betracht“, so Kienscherf. Die Linksfraktion ist dafür schon seit 2022 auf Tiktok aktiv, auch Fraktionschefin Cansu Özdemir ist mit einem eigenen Account vertreten.

Bei den Grünen sorgten die „Correctiv“-Enthüllungen über das Treffen von Rechtsextremisten in Potsdam – an dem auch AfD-Funktionäre teilnahmen – für einen Sinneswandel. Im Januar legte die Landesvorsitzende Maryam Blumenthal auf TikTok los, veröffentlichte erste Videos – meist zur AfD. „Ich möchte über die AfD aufklären, das ist bisweilen ein Kraftakt.“

Die Grünen-Vorsitzende Maryam Blumenthal ist seit Kurzem auf TikTok aktiv.
picture alliance/dpa/Rabea Gruber

Die Grünen-Vorsitzende Maryam Blumenthal ist seit Kurzem auf TikTok aktiv.

Trotz vieler Hasskommentare gegen sie will sie weitermachen: „Ich versuche noch, TikTok zu verstehen“, sagt sie. Schließlich gehe es darum, Menschen dort abzuholen, wo sie sind: „Es ist lebensfremd zu erwarten, dass die jungen Leute einfach zu uns kommen.“

Experte: „Die Partei hat keine Berührungsängste mit neuen Technologien“

Dass ausgerechnet eine reaktionäre Partei wie die AfD auf einer jungen Plattform wie TikTok erfolgreich ist, ist kein Zufall: „Die Partei hat keine Berührungsängste mit neuen Technologien“, sagt Politikberater Martin Fuchs. Die AfD sei schon lange dabei und erfahren darin, durch ihre Videos Wut zu schüren. „Emotionalisierende Inhalte werden vom Algorithmus bevorzugt verbreitet, damit hat es die Partei auf TikTok leicht.“ Mit Blick auf die anderen Parteien rät Fuchs, nicht in AfD-Bashing zu verfallen, sondern eigene Themen zu setzen.

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„Die Corona-Pandemie hat bei jungen Menschen für viel Frust gesorgt, das macht anfällig gegenüber Populismus“, so der Experte. Auch wenn die App alleine nicht wahlentscheidend sein wird, könnte es sich als fatal erweisen, der AfD auf TikTok das Feld zu überlassen: Schließlich dürfte unter den 20 Millionen deutschen Nutzern der eine oder andere Erstwähler zu finden sein.

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