Neue Schulleitung beim Goethe-Kolleg

Neue Schulleitung beim Goethe-Kolleg

Seit Freitag, den 1. März, hat das deutsche Goethe-Kolleg in Bukarest eine neue Leitung. Der orthodoxe Religionslehrer Sebastian Stoica und Sozialwissenschaftslehrerin und gleichzeitig Schulberaterin Alina Suciu werden bis Ende des Schuljahres die Leitung der Schule übernehmen. Gleichzeitig nehmen sie Stellung zu den erneut aufgekommenen Schlagzeilen in den Medien.

Der Wechsel der Schulleitung in der Mitte des Schuljahres kommt aufgrund des bereits in der ADZ dargestellten Skandals, der von einer unzufriedenen aber politisch gut vernetzten Mutter ausgelöst wurde und zu einer Kontrolle des gesamten Kollegiums durch das Schulinspektorat und den Kontrollausschuss des Bildungsministerium geführt hat, sowie zu Schlagzeilen in einigen Medien. Auslöser dafür war die Benotung eines Schülers mit Note neun statt zehn in Deutsch.

Im Januar, als der Skandal begann, hatten fast alle Mitarbeiter der Schule – Lehrkräfte und Verwaltungspersonal – durch einen spontanen Streik gegen die als „demütigend und verachtend“ empfundene Vorgehensweise bei dieser Kontrolle protestiert, nachdem die gesamte Schulleitung ihren Rücktritt aus demselben Grund verkündet hatte, um diesen kurz danach aufgrund der unmittelbaren Probleme bei den anstehenden Prüfungen wieder zurückzuziehen.

Die ursprünglichen Anschuldigungen zum „emotionellen und sozialen Bullying“ einer Lehrerin gegenüber einem Schüler, der sich den von ihr angeblich erzwungenen Privat-Nachhilfestunden widersetzt haben soll, konnten nicht überzeugend belegt werden. Dasselbe gilt für die Anschuldigung eines „kompletten Chaos“ bzw. von „Illegalitäten in der Arbeitsweise des Kollegs“, und „Sabotage des intellektuellen und moralischen Vermögens der Schule“ (wie die Webseite educatieprivata.ro die Mutter zitiert). Auch die gemeinsame schriftliche Stellungnahme der Eltern an das Bildungsministerium zur Unterstützung der betreffenden Lehrerin, sowie die überaus positiven Ergebnisse der Feedback-Fragebögen zum Arbeitsklima im Unterricht (28 von 30) seitens der Schüler, schienen sowohl das Inspektorat als auch das Ministerium kalt zu lassen, was nach anderthalb Monaten Inspektion zum Rücktritt der Schulleitung geführt hat. Dabei ist jedoch festzuhalten, dass die obengenannte Mutter in den Reihen der Eltern und Lehrer wohl bekannt für ihre Einmischungsversuche in den Bildungsprozess ist und dass es andererseits während der Amtszeit der abgetretenen Schulleitung zu keinerlei Skandalen gekommen ist, wie es unter den vorangehenden Schulleitungen des Öfteren der Fall gewesen war, was auf ein professionelles und förderndes Arbeitsklima schließen ließe.

Bis Ende des Schuljahres wird die Schulleitung von Stoica als Generaldirektor und Suciu als Stellvertreter übernommen. Die als zweite Stellvertreterin und Leiterin der Grundschule vorgeschlagene Fabiana Vâlcu hat derzeit abgelehnt. Wer diese Funktion übernehmen wird, steht noch offen.

Stellungnahmen der neuen Direktion

Sebastian Stoica, neuer Generaldirektor, Lehrer für die Fächer orthodoxe Religion und Deutsch:
„Ich bin an diese Schule sowohl professionell, als auch persönlich gebunden. Seit acht Jahren unterrichte ich hier, bin selbst Absolvent der Schule, meine Kinder lernen ebenfalls hier. Die Schule ist für mich wie eine große Familie. Die Schulleitung zu übernehmen ist eine große Verantwortung, aber gleichzeitig auch eine moralische Pflicht, meinen Beitrag zum Wohlergehen dieser Schule zu geben, damit wir diese delikate Situation überwinden und die gewohnte Blütezeit wieder erreichen. Es ist eine angesehene Schule, eine Schule mit Tradition, mit einer Geschichte von mehr als zweieinhalb Jahrhunderten, eine Schule mit guten Schülern und gut ausgebildeten Lehrern, von denen die meisten eine Festanstellung haben, eine Schule, die über alle Mittel verfügt, um Leistung zu erbringen. Natürlich verursacht eine negative, aber gut platzierte Meinung mehr Wellen als viele positive Meinungen, jedoch möchte ich unterstreichen, dass die Arbeitsweise im Goethe-Kolleg – im Großen und Ganzen – nicht beeinträchtigt wurde. Es sollte bei Weitem nicht der Eindruck erscheinen, dass das Kolleg dem Chaos ausgesetzt ist, ganz im Gegenteil. Die Schule steht tatsächlich vor vielen Herausforderungen, besitzt aber die Ressourcen, um diese zu überwinden. Ich wünsche mir in erster Linie mehr Toleranz und mehr Verständnis von allen Seiten. Wir alle – Eltern, Kinder und Lehrer  – verfolgen dasselbe Ziel, und zwar gut ausgebildete und ausgeglichene Schüler zu haben. Unsere Lehrerschaft steht eng zusammen, die ehemaligen Direktorinnen waren und bleiben unsere Kolleginnen. Es ist unser aller moralische Pflicht, diesen Moment zu überwinden und gemeinsam an einem Strang zu ziehen, keine Sündenböcke zu suchen, sondern Lösungen zu formulieren.

Alina Suciu, Schulberaterin und Lehrerin für Sozialwissenschaften und Geschichte:
Ursprünglich wollte ich den Job nicht übernehmen, denn ich habe auch andere laufende Projekte, um die ich mich dieses Schuljahr kümmern muss, wie zum Beispiel das Anti-Bullying-Projekt, von dem behauptet wurde, dass es an der Schule nicht existiert. Meine Kollegen haben mich aber überzeugt, dass ich die richtige Person dafür bin, einerseits, da ich in meinem Job ständig Konfliktsituationen lösen muss und andererseits, da ich die Schule bestens kenne. Sowohl die Kollegen als auch die ehemalige Leitung haben mir ihre volle Unterstützung versprochen. Natürlich wird es nicht leicht sein, es ist eine neue Situation in einer sehr schwierigen Zeit. Wir müssen die Stundenpläne ändern, den Einsatz der Lehrer umplanen und den Übergang so feinfühlig wie möglich machen, unabhängig der Herausforderungen. Es ist aber die schwerste Zeit im Schuljahr: wir hatten das deutsche Abitur, jetzt folgt die Simulation für das Bakkalaureat, danach die landesweiten Bewertungen für die 2., 4. und 6. Klasse, die Deutscholympiade und die Bakkalaureatsprüfung, plus die alltäglichen Probleme. In erster Linie sollten aber die Kinder wegen dieser Änderung nicht leiden. Sie stehen an erster Stelle.
In der Presse sind viele Teil- und Falschinformationen veröffentlicht worden und es wurden Anschuldigungen in Bezug auf die Schule gemacht. Das schadet unserem Image. Ich kann der ehemaligen Direktion nur danken, dass sie uns während des gesamten Übergangs stets beigestanden ist.

Ebenfalls möchte ich dem DFDR für die rasche Zustimmung mit Unterstützung von Herrn Töpfer danken. Ich war überaus positiv überrascht darüber.

Stellungnahme von Christian Töpfer, Rechtsanwalt, Vorstandsmitglied des DFDR Bukarest und selbst Vater zweier Kinder am Goethe-Kolleg:
„Es ist eine schwierige Zeit für die Schule: Es läuft eine Generalinspektion, die durch das Schulinspektorat von Bukarest durchgeführt wird, gleichzeitig stehen eine Reihe von Prüfungen an, gemäß Prüfungskalender des Bildungsministeriums. In einer derart schwierigen Zeit die Schulleitung zu übernehmen ist natürlich ein Wagnis. Ich bin dankbar, dass sich Personen gefunden haben, kompetente Personen mit Erfahrung, die schon im Schulvorstand aktiv gewesen sind und in diesen schwierigen Zeiten die Schulleitung zu übernehmen gewillt sind. Es ist natürlich schwierig, die Dinge wie gewohnt weiter zu führen, mit diesem „Hintergrundgeräusch“. Aber ich glaube, es wird klappen.
Schön wäre es, wenn wir es schaffen, die schöne Tradition der deutschen Schule fortzuführen, was bisher auch sehr gut gelungen ist. Ich bin der ehemaligen Schulleitung dankbar dafür, wie sie das gemanagt hat. Es ist alles bisher recht gut gelaufen, bis auf diesen neuerlichen ärgerlichen Zwischenfall, für den eigentlich die letzte Schulleitung nicht verantwortlich gemacht werden kann.

Man muss aber natürlich die Folgen des letzten Skandals bereinigen, man muss Klarheit schaffen, was eigentlich passiert ist. Aus meiner Sicht gibt es derzeit kaum Beweise für die Anschuldigungen. Der Bericht des Ministeriums war ja auch nicht auf Beweise gestützt, sondern nur auf Vermutungen. Die Mutter des Kindes hatte sich nicht einmal bemüht, Beweise zu liefern, sondern ist gleich zum Ministerium gelaufen und hat dort wahrscheinlich über persönliche Kontakte eine Inspektion erwirkt. Keiner kann sich über derart „balkanische Methoden“ freuen. Es ist nicht in meinem Ermessen, zu sagen, ob die Lehrerin etwas falsch gemacht hat oder nicht. Es sind aber nur Aussagen, keine Beweise im rechtlichen Sinne. Deswegen ist auch für mich der Sachverhalt ein bisschen nebulös. Auf jeden Fall hat es diesmal die Falschen getroffen: die ehemalige Schulleitung hat keine Schuld, wenn jemand in seiner Freizeit irgendwelche Aktivitäten ausübt, die gegebenenfalls verboten sind, so wie die Anschuldigung gelautet hat.

Wir müssen gleichzeitig anerkennen, dass zurzeit die Schulen mit deutscher Unterrichtssprache in Rumänien hauptsächlich die rumänische Mehrheit bedienen, da hier hauptsächlich Kinder lernen, die daheim kein Deutsch sprechen. Diese Kinder brauchen mehr Übung in Deutsch, da sie nicht in einem deutschsprachigen Umfeld leben. Das soll natürlich nicht heißen, dass man Illegalitäten akzeptieren soll. Aber was in diesem Fall gelaufen ist, ist meiner Ansicht nach noch sehr unklar: ob da Privatstunden stattgefunden haben oder ob etwas anderes abgelaufen ist. Es ist alles im Bereich der Vermutungen und ist meines Erachtens rechtlich nicht nachgewiesen.

Ich wurde auch vom Bukarester Forum beauftragt, dafür zu sorgen, sowohl als Mitglied des Forumsvorstands von Bukarest, als auch als Rechtsanwalt, die Schule zu unterstützen, damit die Tradition der deutschen Schule in Bukarest weiter geht und die Kinder unserer Minderheit auch weiterhin durch den Deutschunterricht in ihrer Identitätswahrung unterstützt werden. Es ist nach wie vor wichtig, dass alles möglichst reibungslos weitergeht und dass etwaige Pannen in der Funktionsweise der Schule, wie etwa neulich, als das Risiko bestanden hat, dass die Lehrer die Arbeit einstellen, nicht wieder passieren und dass am Ende alle zufrieden sind, sowohl Lehrer als auch Eltern. Es ist wichtig, dass die Schule weitergeht und dass die deutsche Kultur und Sprache weiterhin gefördert wird.

Rodica Ilinca, abgetretene Schulleiterin und weiterhin Geschichtslehrerin:
Ich wünsche dem neuen Team sehr viel Kraft. Sie sollen Unterstützung und ein offenes Ohr dort finden, wo ich keines gefunden habe. Falls sie mich brauchen, werde ich ihnen beistehen und auch helfen, die Hindernisse zu beseitigen. Ich hoffe, dass sie weiterhin tüchtig bleiben und dass sie das weiterführen, was wir zusammen aufgebaut haben. Ich wünsche dem neuen Team viel Erfolg und bin mir sicher, dass dieses Mal alle Institutionen, die mehr oder weniger mit der Schule zu tun haben, ihre Kräfte zusammennehmen werden und die Schuleinrichtung vor solchen schützen, die keine Ahnung haben, was für eine Schule sie besuchen oder was für eine ausgezeichnete Schule sie in Bukarest haben.

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