„Strafkolonne“? Müllmänner sauer über Umorganisation bei der Stadtreinigung

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Riesen-Ärger bei der Stadtreinigung: Zum 1. Mai soll bei dem städtischen Unternehmen ein neu gestaltetes Team an den Start gehen, dessen Mitarbeiter jederzeit und überall in Hamburg flexibel einsetzbar sein sollen. Pikant: In dieses Team sollen all die Kollegen versetzt werden, die durch hohe Krankentage oder querulantisches Verhalten aufgefallen sind. Viele fühlen sich diskriminiert. Sie sprechen von einer „Strafkolonne“.

Thomas G. (Name geändert) arbeitet schon seit vielen Jahren bei der Stadtreinigung. Er hat Familie und war deshalb froh, dass sein Einsatzgebiet in der Nähe seines Wohnorts lag. Mit den Kollegen bildete er ein festes Team. Alle waren aufeinander eingespielt. Man traf sich auch mal privat.

Hamburg: Stadtreinigung bildet neues Team für häufig Kranke und Querulanten

Ab Mai soll das vorbei sein. Thomas G. wurde in das neue Team verschoben, das den sperrigen Titel „ZBE Flex“ trägt. ZBE steht für Zentrale betriebliche Einheit. Flex für Flexibilität. Die Stadtreinigung, die als Arbeitgeber eines Knochenjobs stets mit einem hohen Krankenstand zu kämpfen hat, will sich mit diesem Team flexibler aufstellen. Mitarbeiter aus der ZBE sind quasi Springer, die dorthin geschickt werden, wo personell Not am Mann ist.

Für Thomas G. ist das durchaus nachvollziehbar. Er sieht auch ein, dass er bereit für einen Einsatz überall in Hamburg sein muss. Schließlich hat er das einst mit seinem Arbeitsvertrag unterschrieben. Was ihn stört, ist die Zusammensetzung der aus rund 200 Personen bestehenden ZBE.

Auf mehreren Informationsveranstaltungen sei der Belegschaft (2000 Mitarbeiter hat die Stadtreinigung insgesamt) offen erklärt worden, wer ins ZBE-Team kommt: Personen mit vielen Krankentagen. Personen, die häufig zu spät zum Dienst erscheinen. Personen, die kommunikative Defizite haben und angeblich schlechte Laune verbreiten. Personen, die gegenüber ihren Vorgesetzten querulantisch aufgetreten sind. Personen, die eine größere Zahl von Ermahnungen oder Abmahnungen in der Akte haben. Aber auch Leute, die sich freiwillig melden.

Riesen-Ärger bei der Stadtreinigung in Hamburg: Zahlreiche Mitarbeiter fühlen sich diskriminiert

Thomas G. ist empört: „Nur weil ich ein paar Mal krank war, bin ich nun in dem Pool. Ich werde bestraft dafür, dass ich krank war! Das ist doch nicht menschlich.”

Die Gewerkschaft Komba, die bei der Stadtreinigung einen hohen Organisationsgrad hat, bestätigt die Darstellung von Thomas G. „Uns erreichen täglich Anrufe von Mitgliedern, die sich diskriminiert fühlen“, berichtet Geschäftsführer Andy Metzlaff. Die Betroffenen hätten das Gefühl, dass man sie disziplinieren wolle.

„Wir sind entsetzt darüber, wie hier mit Mitarbeitern umgegangen wird. Bei der Stadtreinigung wird mit Angst Personalpolitik betrieben“, so Metzlaff. Für die Gewerkschaft sei die Umorganisation in keiner Weise hinnehmbar. „Wir fordern die Konzernleitung auf, diesen Prozess nochmal zu überdenken.“

Was Thomas G. besonders empört: Der Personalrat als Arbeitnehmervertretung bei der Stadtreinigung hat der Umstrukturierungsmaßnahme zugestimmt. Auch Gewerkschafter Metzlaff kann das kaum fassen: „Der Personalrat hätte dagegen vorgehen können.“

Personalrat fordert Flexibilitäts-Zulage für Mitarbeiter des neuen Teams

Der Vorsitzende des Personalrats Rainer Hahn verteidigt sich: „Wir haben eine Reservequote von 30 Prozent bei der Stadtreinigung. Doch selbst das reicht nicht. Oft gibt es an manchen Orten einen Überhang, während es an anderer Stelle eine Unterbesetzung gibt. Wir brauchen daher flexible Stellen.“

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Hahn ist zuversichtlich, dass die Teamzusammensetzung verträglich gestaltet werden wird. Der Personalrat werde bei jeder Umsetzung genau darauf achten, dass die Leute nicht überlastet und dass sie wohnortnah eingesetzt würden. Insgesamt werde zu viel Negatives in die neue Struktur hinein interpretiert, an deren Rahmenbedingungen überdies noch gefeilt werde. „Als Personalrat fordern wir, dass die besondere Flexibilität, die hier von den Kollegen erwartet wird, noch mal gesondert honoriert wird”, so Hahn.

Am Samstag wird der Ärger der Belegschaft vermutlich nochmal hochkochen: Dann findet eine Betriebsversammlung im Audimax statt. Dort wird auch die Geschäftsführung auftreten. Gegenüber der MOPO wollte sie sich nicht zu dem Thema äußern und verweist auf eine im Februar von dem CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Sandro Kappe gestellte Senatsanfrage.

Gewerkschaft Komba: „Wir sind entsetzt darüber, wie hier mit Mitarbeitern umgegangen wird“

In der Antwort darauf wird auf den gestiegenen Personalbedarf verwiesen: „Mit Beginn der Sauberkeitsoffensive ,Hamburg gepflegt und grün‘ und der weiteren Übernahme von Zuständigkeiten wie unter anderem der Elbstrandreinigung, der Schilderreinigung, der Reinigung von Planten un Blomen sowie dem Betrieb öffentlicher Toiletten ist ein hohes Maß an Flexibilität von wachsender Bedeutung.“

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Eine „Strafkolonne“ ist das Team für die Stadtreinigung nicht: „Von einer Bestrafung kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein“, so ein Sprecher zur MOPO. Vielmehr möchte das Unternehmen die Versetzung der Mitarbeiterin in die ZBE offenbar als Erfüllung eines Fürsorgeauftrags verstanden wissen: Es handele sich um „Mitarbeitende, für die ein erhöhter persönlicher Betreuungsbedarf festgestellt wird”.

Auch welche Kriterien bei der Auswahl eine Rolle spielten, legt der Sprecher offen: „Zuverlässigkeit, Arbeitsqualität, Anwesenheitsquote und die persönlichen Umstände”. Man habe die Hoffnung, „dass durch diese Maßnahme wieder mehr Mitarbeitende einem geregelten Arbeitsprozess zur Verfügung stehen“, so der Sprecher.

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