Wort zum Sonntag: Die heilende Atmosphäre

Eine sehr ansteckende Krankheit ist der Aussatz. Wo er auftritt, werden die Befallenen aus ihrer Familie und Umgebung entfernt und an einen Quarantäneort gebracht. Zur Zeit Christi gab es in Israel viele Aussätzige. Sie mussten sich von bewohnten Gegenden fernhalten, hausten in Höhlen und lebten von Almosen, bis der Tod sie von ihrem Leiden erlöste. Als Christus auftrat, hörte ein verzweifelter Aussätziger von dem neuen Wundermann. Ihm war klar: Nur dieser Prophet aus Nazareth kann mir helfen! Allen Vorschriften zum Trotz eilte er zu Jesus und bat eindringlich: „Herr, wenn du willst, kannst du machen, dass ich rein werde!“ Christus rührte ihn an und sprach: „Ich will es, werde rein!“ Im selben Augenblick verschwand der Aussatz. Der Mann war geheilt.

Aber es gibt nicht nur die Aussatzkrankheit des Körpers, – es gibt auch die der Seele. Sie besteht in der schweren Sünde. Doch das bereitet uns wenig Kopfzerbrechen. Dieser geistige Aussatz ist unsichtbar, schmerzt nicht und dafür wird keine Quarantäne vorgeschrieben. Ja, würde sich der seelische Aussatz in körperlichen  umwandeln, müsste man die meisten Bewohner der Erde unter Quarantäne stellen. Weil das nicht der Fall ist, denken wir wie der Seneschall König Ludwigs des Heiligen: Johann von Joinville, der vertraute Waffengefährte des Königs, ritt mit dem Heiligen auf die Jagd. Da richtete der König an ihn die Frage: „Seneschall, was ist Gott?“ Er erwiderte: „Sire, Gott ist das höchste und beste aller Wesen, es kann nichts Besseres geben.“ „Gut so“, fuhr der König fort, „nun sagt, was wäre Euch lieber: der Aussatz am Leib oder eine Todsünde auf der Seele?“ Prompt kam die Antwort: „Sire, offen gestanden, lieber möchte ich dreißig Todsünden auf der Seele als den Aussatz am Leibe haben.“ Da sprach der König ernst zu ihm: „Wie könnt Ihr nur so etwas sagen? Wisst Ihr nicht, dass kein Aussatz so bösartig  ist wie der, den die Todsünde an der Seele verursacht? Den leiblichen Aussatz verliert der Mensch im Tode. Kommt er aber mit einer Todsünde in die andere Welt, dann muss er in großer Sorge sein, dass dieser Sündenaussatz ihm lange ankleben wird, als Gott im Himmel wohnt. Deshalb schreibt Euch das tief ins Herz: weit lieber wünscht, es möchten Aussatz, Krankheit und Ungemach über Euch kommen, als dass Ihr auch nur eine Todsünde begeht.“

Würden wir alle das Anliegen des heiligen Königs beherzigen, so würde die sittliche Atmosphäre, in der unsere Seele atmet, nicht von so vielen Keimen der Sünde verunreinigt sein. Ist es nicht sonderbar? Man unternimmt so viel, um die Luft reiner und gesünder zu machen, für eine reinere sittliche Atmosphäre wird so gut wie nichts getan. Ganz im Gegenteil: Hass, Habsucht, Intrige, sinnliche Gier, Pornofilme und Verherrlichung der Gewalt verpesten die geistige Atmosphäre. Ist es da zum Staunen, dass die Seelen so vieler Menschen vom Sündenaussatz befallen werden? Eilen wir deshalb, wie der Aussätzige im Evangelium, zu Christus, um uns von diesem gefährlichen geistigen Aussatz heilen zu lassen. Dazu ist doch Christus als Heilbringer in diese Welt gekommen.

Es ist die vornehme Aufgabe jedes Christen, die geistige Atmosphäre zu reinigen und rein zu erhalten. Glaubensstarke Christen handeln so. In morastigen Niederungen entwickeln sich viele Krankheitserreger. In hoch gelegenen Orten ist die Ansteckungsgefahr viel geringer. Dort liegen auch die Luftkurorte, wo man Heilung findet. Unsere Seele muss reine Höhenluft einatmen. Diese findet man in der Nähe Gottes. 
 

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